# taz.de -- Gefechte im Irak: Es herrscht wieder Krieg
       
       > Im Westen des Landes toben schwere Kämpfe zwischen Regierungstruppen und
       > sunnitischen Rebellen. Dabei mischt auch al-Qaida mit.
       
 (IMG) Bild: Rauchschwaden in Falludscha: Im Irak wird es wieder unruhig
       
       ISTANBUL taz | Zwei Jahre nach dem Abzug der USA aus dem Irak herrscht in
       Falludscha und Ramadi wieder Krieg. Seit Tagen liefern sich
       Regierungstruppen und Aufständische schwere Kämpfe. Dabei hat die
       schiitisch dominierte Regierung mittlerweile weitgehend die Kontrolle über
       die ehemalige sunnitische Unruheprovinz Anbar verloren. Laut Regierung hat
       al-Qaida dort die Macht übernommen.
       
       Tatsächlich sind in der Region Kämpfer des „Islamischen Staats im Irak und
       in Syrien“ (Isis), wie sich der irakische Al-Qaida-Ableger heute nennt, in
       Anbar aufmarschiert. Am Freitag tauchten Dutzende vermummter Kämpfer bei
       der auf einem Platz abgehaltenen Freitagspredigt auf, pflanzten ihr
       schwarzes Banner auf und erklärten Falludscha kurzerhand zum islamischen
       Emirat. Ein Teil der Stadt, die nur rund sechzig Kilometer westlich von
       Bagdad liegt, wird nach Angaben von Augenzeugen von den Extremisten
       kontrolliert.
       
       Der amerikanische Außenminister John Kerry, der zurzeit versucht, den
       Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern voranzubringen,
       kündigte am Sonntag Unterstützung für die Regierung in Bagdad an.
       Washington sei sehr besorgt darüber, dass al-Qaida und der mit ihr
       verbündete Isis nicht nur im Irak, sondern auch in Syrien ihre Macht
       durchzusetzen versuchten, sagte Kerry in Jerusalem, von wo aus er nach
       Jordanien und Saudi-Arabien weiterreiste. „Ihr barbarisches Vorgehen gegen
       die Zivilbevölkerung und die irakischen Sicherheitskräfte in Ramadi und
       Falludscha kann jeder sehen“, fügte er hinzu.
       
       In welcher Form Washington dem belagerten irakischen Ministerpräsidenten
       Nuri al-Maliki Hilfe leisten will, sagte Kerry nicht. Truppen werde Amerika
       aber keinesfalls schicken. Im Dezember hatte Washington der Regierung
       Hellfire-Raketen und Aufklärungsdrohnen für den Kampf gegen die Extremisten
       geliefert, die den Irak mit einer Welle von Bombenanschlägen überzogen. In
       Bagdad forderten am Sonntag mehrere Anschläge mindestens 15 Tote.
       
       ## Hunderte Familien geflohen
       
       Die Parteinahme Washingtons für Maliki zeugt freilich einmal mehr von der
       Ratlosigkeit der amerikanischen Politik gegenüber dem Irak. Denn in Anbar
       findet nur zum Teil ein Kampf gegen al-Qaida statt. „In Ramadi gibt es so
       gut wie keine al-Qaida“, sagte ein örtlicher Journalist am Sonntag der taz.
       „Maliki bringt uns Sunniten um.“ Auch andere Einwohner widersprechen der
       Darstellung von Bagdad. Übereinstimmend berichten sie, dass
       Regierungstruppen die Stadt seit Tagen mit schwerer Artillerie beschießen.
       Hunderte von Familien seien vor den Angriffen geflohen.
       
       Ein Stammessprecher in Ramadi erklärte, die Provinzhauptstadt und weitere
       Städte würde mittlerweile von einem Stammesrat kontrolliert. In Falludscha
       erklärte der Militärische Stammesrat, al-Qaida sei vertrieben und die Stadt
       stehe unter seiner Kontrolle. Dem Rat gehören ehemalige Untergrundgruppen
       wie die „Islamische Armee“ und die „Brigaden der Revolution von 1920“ an.
       Dabei handelt es sich um sunnitische Nationalisten, die einst gegen die USA
       kämpften, später aber die Waffen niederlegten.
       
       Gleichzeitig haben sich aber einige der sogenannten Sahwa-Milizen, die sich
       im Kampf gegen al-Qaida auf die Seite der Amerikaner schlugen, jetzt auf
       die Seite von Maliki gestellt. „Keiner will al-Qaida hier, sie hat
       Falludscha in Schutt und Asche gelegt, sagt ein Journalist aus der Stadt,
       der wie sein Kollege in Ramadi aus Sicherheitsgründen nicht namentlich
       genannt werden wollte. „Die Regierung will aber auch keiner.“
       
       ## Komplexer Mehrfrontenkrieg
       
       Offenbar hat sich daraus ein komplexer Mehrfrontenkrieg entwickelt, in dem
       Stammesmilizionäre im Kampf gegen al-Qaida teilweise die Regierungstruppen
       unterstützen, sich dann aber gegen diese erheben, sobald die Extremisten
       bezwungen sind.
       
       Die Kämpfe haben bereits Dutzende von Todesopfern gefordert. Ausgelöst
       wurden sie durch die Verhaftung eines sunnitischen Abgeordneten und die
       Auflösung des Camps in Ramadi, in dem Sunniten seit einem Jahr gegen die
       Politik des schiitischen Regierungschefs gegenüber den Sunniten
       demonstrierten. Obwohl der Protest friedlich war, erklärte Maliki das Camp
       zu einem Hauptquartier von al-Qaida. Auch jetzt setzt er auf eine
       militärische Lösung. Am Sonntag kündigte Bagdad eine Großoffensive auf
       Falludscha an.
       
       5 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Inga Rogg
       
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