# taz.de -- Vor der Bürgermeisterwahl in Tokio: Seine verrückte Lordschaft
       
       > Er war Premierminister und verwirklichte sich dann viele Jahre als
       > Töpfer. Der Atomkraftgegner Morihiro Hosokowa will nun Bürgermeister von
       > Tokio werden.
       
 (IMG) Bild: Hat ein starkes „Krisenbewusstsein“ bekommen: Morihiro Hosokawa
       
       TOKIO taz | Die Rückkehr von zwei Ex-Premierministern aus dem Ruhestand hat
       in Japan eine neue Energiedebatte entfacht. Der 76-jährige Liberale
       Morihiro Hosokawa, der 1993 kurzzeitig eine Koalitionsregierung führte,
       kandidiert auf einer Plattform des sofortigen Atomausstiegs für das Amt des
       Gouverneurs von Tokio. „Die Atomfrage ist am wichtigsten, weil ein
       Reaktorunfall die Sicherheit der Bewohner von Tokio bedroht“, rechtfertigte
       Hosokawa die Entscheidung, die nationale Energiepolitik ins Zentrum einer
       Regionalwahl zu rücken.
       
       Unterstützung kommt vom 72-jährigen Konservativen Junichiro Koizumi, der
       Japan fünf Jahre lang bis 2006 regierte. Das ungleiche Duo nutzt den
       Rücktritt von Gouverneur Naoki Inose wegen eines Finanzskandals für einen
       Feldzug zugunsten einer radikalen Energiewende. Die Stadt Tokio ist der
       größte Einzelaktionär des Fukushima-Betreibers Tepco und könnte durch den
       Bau eigener Kraftwerke die bisherige Abhängigkeit vom Atomstrom verringern.
       
       Allerdings hatte Hosokawa seine Politkarriere bereits 1998 beendet und sich
       seitdem als Töpfer verwirklicht. Sein Comeback begründete er damit, dass
       Premierminister Shinzo Abe die 48 abgeschalteten Reaktoren schnell wieder
       in Betrieb nehmen will. „Dadurch habe ich ein sehr starkes
       Krisenbewusstsein bekommen“, erklärte Hosokawa. Wegen der Unterstützung
       durch den populären Koizumi werden ihm nun gute Siegchancen eingeräumt. Das
       wäre ein schwerer Rückschlag für die Energiepolitik der Regierung Abe.
       
       Der amtierende Premier hat bereits die Verabschiedung seines neuen
       Energieplans, der Atomkraft als „wichtig“ und „grundlegend“ definiert, auf
       die Zeit nach der Wahl verschoben. Abes Partei unterstützt Hosokawas
       Rivalen Yoichi Masuzoe, der geschickt für einen allmählichen Atomausstieg
       plädiert.
       
       Einige Wähler dürften auch bezweifeln, ob der Rentner Hosokawa der optimale
       Gouverneur für die wichtigen Vorbereitungsjahre von Olympia 2020 ist. Daher
       kommentierte Wirtschaftsminister Akira Amari die Kandidatur von Hosokawa
       unter Anspielung auf dessen adelige Abstammung mit dem zynischen Satz:
       „Seine Lordschaft müssen verrückt sein.“
       
       23 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Fritz
       
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