# taz.de -- Urteil des Europäischen Gerichtshofs: Die Demokratisierung der Konsole
       
       > Nintendo darf sich gegen illegale Kopien schützen, nicht aber gegen
       > fremde Software. Dem Unternehmen dürfte das Urteil nicht gefallen.
       
 (IMG) Bild: Es darf angebaut werden: Nintendos Wii U.
       
       FREIBURG taz | Nintendo darf den Gebrauch von unabhängiger Software auf
       seinen Spielkonsolen nicht generell unterbinden. Das entschied der
       Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Fall aus Italien. Die technischen
       Abwehrmaßnahmen der Spielkonsolen müssen sich auf illegale Kopien
       konzentrieren.
       
       Die japanische Firma Nintendo produziert Abspielgeräte für Videospiele,
       insbesondere die stationäre Konsole Wii und das tragbare Gerät DS. Außerdem
       stellt Nintendo Videospiele wie „Super Mario“ her. Die Konsolen sind so
       konstruiert, dass darauf nur von Nintendo hergestellte oder lizensierte
       Spiele gespielt werden können.
       
       Dieses Geschäftsmodell wird durch kleine Unternehmen unterlaufen, die
       Adapter oder so genannte Mod Chips verkaufen. Diese Zusatzgeräte
       ermöglichen es, auch andere Software auf den Konsolen laufen zu lassen.
       Nintendo geht jedoch in ganz Europa gegen solche Firmen vor und verlangt
       von ihnen Unterlassung und Schadensersatz.
       
       Im konkreten Fall ging es um die italienische Firma PC Box. Sie verkauft
       Nintendo-Konsolen in Verbindung mit Zusatzgeräten, die die Nutzung
       „unabhängiger Software“ erlaubt. Diese unabhängige Software, so die Firma,
       ermögliche es, auch MP3-Dateien, Filme und Videos auf den Konsolen
       abzuspielen. Es gehe nicht darum, illegale Kopien der Nintendo-Videospiele
       laufen zu lassen. Nintendo hält Letzteres für eine Schutzbehauptung und
       verklagte PC Box vor dem Tribunale di Milano.
       
       Das Mailänder Gericht fragte nun den EuGH nach dem Sinn der EU-Richtlinien
       zum Schutz des Urheberrechts. Gehe es bei technischen Schutzmaßnahmen nur
       darum, Anfertigung und Gebrauch illegaler Kopien zu verhindern? Oder kann
       so generell der nicht autorisierte Gebrauch der Konsole verhindert werden?
       
       Das Urteil des EuGH dürfte Nintendo wenig freuen. Denn das EU-Gericht
       stellt klar, dass sich technische Schutzmaßnahmen auf den Schutz vor
       illegalen Kopien konzentrieren müssen. Sie dürfen dabei nicht
       unverhältnismäßig in die Nutzung von Software eingreifen, die das
       Urheberrecht von Nintendo nicht verletzt.
       
       ## Entscheidend ist der Zweck
       
       Nun müssen die Mailänder Richter prüfen, ob die Geräte von PC Box in der
       Praxis vor allem zu legalen oder illegalen Zwecken genutzt werden. Das
       dürfte gar nicht so einfach sein, da eine Kundenbefragung nach der
       Häufigkeit illegaler Handlungen kaum zu brauchbaren Ergebnissen führen
       wird. Deutsche Gerichte stellen in solchen Fällen daher auf die Werbung des
       Unternehmens ab. Wenn dort vor allem die Möglichkeit hervorgehoben wird,
       kopierte Spiele zu nutzen, dürfte der illegale Gebrauch im Vordergrund
       stehen.
       
       Außerdem müssen die Mailänder Richter prüfen, ob Nintendo andere zumutbare
       technische Möglichkeiten hat, das Urheberrecht der Spiele zu schützen, die
       aber die Nutzer unabhängiger Software weniger beeinträchtigen. Diese
       Vorgabe lässt den nationalen Gerichten viel Spielraum.
       
       Am Rande hat der EuGH bereits auch eine Frage beantwortet, die der deutsche
       Bundesgerichtshof im Februar 2013 vorgelegt hat. Dort ging es um das
       Problem, ob Videospiele im Urheberrecht einen starken Schutz genießen, wie
       etwa Musik und Filme, oder einen schwächeren Schutz wie reine
       Computerprogramme. Der EuGH nahm nun an, dass Computerspiele wie Filme und
       Musik geschützt sind und deshalb technische Schutzmaßnahmen gegen illegale
       Kopien nicht umgangen werden dürfen.
       
       23 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Europäischer Gerichtshof
 (DIR) Schwerpunkt Urheberrecht
 (DIR) Software
 (DIR) Urteil
 (DIR) Internet
 (DIR) Arbeitsmarkt
 (DIR) Filesharing
 (DIR) Thomas Mann
 (DIR) Playstation
 (DIR) Computerspiel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Urteil des Europäischen Gerichtshof: Das Verlinken ist frei
       
       Links auf öffentlich zugängliche Artikel sind keine Urheberrechtsverstöße,
       entscheidet der EuGH. Anders ist es bei Links, die eine Paywall umgehen.
       
 (DIR) Gamification als Mitarbeitermotivation: Virtuellen Möhren hinterherhecheln
       
       Ein Trend auf dem Arbeitsmarkt: Gamification. Angestellte werden für ihre
       Leistung wie in einem Computerspiel belohnt. Das ist nicht ungefährlich.
       
 (DIR) Kommentar Tauschbörsen-Urteil: Kein Mitleid mit Abmahnanwälten
       
       Sieben Jahre hat es gedauert, bis sich der gesunde Menschenverstand
       durchgesetzt hat: Eltern haften nicht für ihre volljährigen Kinder.
       
 (DIR) Fifa14 vs. Pro Evolution Soccer 2014: Die Wahrheit is aufm Zauberberg
       
       Es tobt die Konkurrenz zwischen den Fußballspielen „Fifa14“ und „PES 2014“.
       Wer gewinnt? Die Antwort findet sich in einem Roman von Thomas Mann.
       
 (DIR) Digitale Spiele im taz-Test: GTA V: „Ich möchte doch mal überleben“
       
       Einmal im Monat treffen sich taz-Mitarbeiter und Gäste zum Daddeln an der
       Konsole. Diesmal steht alles im Schatten von „Grand Theft Auto V“.
       
 (DIR) Spielemesse Gamescom startet in Köln: Neue Daddelkisten braucht das Land
       
       Auf der diesjährigen Gamescom in Köln stellen Sony, Microsoft und Nintendo
       eine neue Konsolengeneration vor. Derweil steckt die gesamte Branche im
       Wandel.
       
 (DIR) Hirnströme steuern Maschine: Der Flipper im Forschungslabor
       
       Eine Forschergruppe an der TU Berlin entwickelt eine superschnelle
       Schnittstelle zwischen Gehirn und einer Maschine.