# taz.de -- Spitzel bei den Tierbefreiern: „Alf, das Huhn“ war ein Spion
       
       > Tierbefreier outen einen Spitzel. Er hatte Fleisch im Kühlschrank, Hunde
       > im Zwinger und wollte Pferdeschlitten fahren.
       
 (IMG) Bild: Demonstration gegen den Geflügelschlachthof im niedersächsischen Wietze.
       
       BERLIN taz | Sein Name war „Alf, das Huhn“. Er kam als Tierbefreier in die
       Gruppe. Doch als Weggefährten ihn zu Hause besuchten, hatte er Fleisch im
       Kühlschrank und Hunde in einem Zwinger. Dann schlug er einen schönen
       Ausflug vor – mit dem Pferdeschlitten.
       
       So zumindest beschreiben es Aktivisten. Komisch? Komisch. Wie erst jetzt
       bekannt wurde, enttarnten Tierrechtsaktivisten in Niedersachsen Ende
       letzten Jahres einen Spitzel, der sie offenbar seit dem Frühjahr 2012
       ausgespäht hatte.
       
       In einem [1][Bericht des linken Szeneportals Indymedia Linksunten] haben
       Aktivisten die Chronologie des Falles detailliert zusammengetragen. Demnach
       habe ein Mann namens Ralf G. bis Ende 2013 Tierbefreier in Niedersachsen
       ausgespäht.
       
       Wie es auf der Seite heißt, habe der Mann immer wieder über eine
       E-Mail-Adresse namens „alf-das-huhn@web.de“ Szene-Informationen an einen
       mutmaßlichen Verbindungsbeamten weitergeleitet. G. habe an Dutzenden
       Treffen teilgenommen. Irgendwann sei auffällig geworden, dass klandestin
       geplante Blockaden wiederholt platzten – weil die Polizei schon da war.
       
       Die Hinweise, die die Aktivisten gesammelt haben, lassen vermuten, dass es
       sich bei G. nicht nur um einen V-Mann, sondern um einen verdeckten
       Ermittler gehandelt haben könnte – also einen Polizisten in zivil. So habe
       sich G. Szenesprache und Szenecodes erst langsam angeeignet. Das
       niedersächsische Landeskriminalamt (LKA) hat jedoch dementiert, dass es
       sich bei G. um einen Polizisten handelt.
       
       G. hatte den Tierrechtsaktivisten immer wieder Fahrdienste angeboten. Das
       war auch die Masche des 2011 enttarnten britischen Spitzels Mark Kennedy,
       der europaweit Aktivisten ausgeforscht hatte. 2010 war in Heidelberg der
       vermeintliche Student „Simon Brenner“ aufgeflogen. Tatsächlich war Brenner
       ein Beamter.
       
       ## Tierschützer-Szene in Niedersachsen
       
       In Niedersachsen ist in den letzten Jahren ein Netzwerk von
       Tierrechtsaktivisten entstanden, das sich vor allem gegen geplante
       industrielle Mastanlagen zur Wehr setzt. Dabei kam es unter anderem auch zu
       Sachbeschädigungen. Ende Juli 2010 war in Buchholz ein leerstehender
       Mastbetrieb abgebrannt. Ein anonymes Schreiben gab Hinweise auf militante
       Tierbefreier.
       
       Die getäuschten Aktivisten, die sich Zugang zu G.s Mailkonto und
       Facebook-Profil verschafften und ihren Verdacht zunächst akribisch
       gegenrecherchierten, erheben nun den Vorwurf, der Spitzel habe auch
       versucht „Leute zu militanten Aktionen anzustacheln“.
       
       Das LKA Niedersachsen kündigte daraufhin an, dem Verdacht nachzugehen und
       ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Das heißt: Die Aktivisten dürfen
       demnächst bei der Behörde vorsprechen. Diesmal mit offenem Visier.
       
       ## Freiburg: Kamera im Hochhaus
       
       Unterdessen sorgt auch in Freiburg eine verdeckte Überwachungsmaßnahme für
       Empörung. Aktivisten aus dem Umfeld des autonomen Zentrums KTS hatten am
       Wochenende im 12. Stock eines anliegenden Hochhauses eine Kamera entdeckt,
       die direkt auf den Eingang des Zentrums gerichtet ist.
       
       Nach deren Angaben konnte die Kamera sämtliche Personen filmen, die das
       Zentrum über den Haupteingang betreten oder verlassen haben. Für das
       Wochenende war in dem Haus ursprünglich ein Treffen des linken Szeneportals
       Indymedia Linksunten geplant, das kurzfristig verlegt wurde.
       
       Das Portal sorgte zuletzt für Schlagzeilen, als Unbekannte dort im
       Zusammenhang mit den Hamburger Krawallen um die Rote Flora über die
       Notwendigkeit von Molotowcocktails schwadronierten. Die Freiburger Polizei
       wollte sich nicht zu der Überwachungsmaßnahme äußern.
       
       29 Jan 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://de.indymedia.org/2014/01/351915.shtml
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Kaul
       
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