# taz.de -- Sicherung von Handelswegen: Europa will zur Seemacht werden
       
       > Die EU verhandelt im Verborgenen über eine maritime Sicherheitsstrategie.
       > Die deutsche Handelsflotte ist die größte der Welt.
       
 (IMG) Bild: Containerschiff in der Außenweser: Ein Großteil des Welthandels wird mit solchen Ozeanriesen abgewickelt.
       
       BERLIN taz | Die Europäische Union will die Weltmeere erobern. Hinter
       verschlossenen Türen arbeitet die EU-Kommission an einer „maritimen
       Sicherheitsstrategie“. Im Februar soll ein Diskussionspapier dazu
       veröffentlicht werden, im Sommer könnte dann auf einem Gipfel die neue
       Geostrategie verabschiedet werden – sehr zur Freude der deutschen
       Wirtschaft.
       
       Denn der Exportvizeweltmeister Deutschland ist auf blaue Schnellstraßen
       angewiesen. „Sichere und freie Seewege sind für den internationalen
       Seehandel, den Tourismus und den Personenverkehr von elementarer
       Bedeutung“, heißt es beim Verband der deutschen Sicherheits- und
       Verteidigungsindustrie in Berlin.
       
       Dem BDSV gehören unter anderem Daimler, Airbus und Thyssen-Krupp an. Der
       Verband fordert seit Langem eine europäische Geostrategie für die hohe See.
       Maritime Sicherheit sei schließlich ein „Schlüssel deutscher
       Wettbewerbsfähigkeit“.
       
       Dafür ist auch die deutsche Handelsflotte wichtig, die größte der Welt:
       Jeder dritte Container gehört deutschen Reedern, Fonds und Investoren – die
       deshalb ein Interesse an einem geschlossenen EU-Konzept haben. „Wir
       begrüßen grundsätzlich die Verabschiedung einer gemeinsamen europäischen
       Position“, sagt eine Sprecherin des Schiffbauverbandes VSM in Hamburg.
       
       Hinter der EU-Geopolitik stehen auch militärische Interessen. Das 21.
       Jahrhundert könnte ein maritimes Jahrhundert werden. Der erfolgreiche Start
       eines Jets auf Chinas erstem Flugzeugträger im November steht für den Trend
       zu Marinen, die fern der heimischen Küsten operieren.
       
       ## Es geht um's Militär
       
       Die ökonomische Globalisierung verschiebt auch die geostrategischen
       Gewichte, wie auch die Militärdoktrin der Vereinigten Staaten zeigt.
       Aufgerüstet wird im pazifischen Raum, von Japan bis Australien, von
       Südkorea bis Indien. Die Deutschen wappnen sich mit neuen U-Booten und
       Kriegsschiffen für den weltweiten Einsatz.
       
       Jetzt zieht die EU zumindest programmatisch nach. Das hatten die
       Verteidigungsminister und Regierungschefs bereits im vergangenen Jahr
       beschlossen. Bis Juni soll die Kommission eine „EU-Strategie für maritime
       Sicherheit“ ausarbeiten, anschließend konkrete Aktionspläne, wie „auf
       maritime Herausforderungen reagiert werden kann“.
       
       Auch wenn sich EU-Kommission und die Außenbeauftragte Catherine Ashton zum
       Inhalt noch bedeckt halten, zeichnet sich ein globaler Rahmen ab: 70
       Prozent der Erde sind mit Wasser bedeckt; über 90 Prozent des
       internationalen Handels laufen über die blaue Straße; für die Ernährung der
       wachsenden Weltbevölkerung sind Fischfang und Aquakulturen unverzichtbar;
       die Gewinnung von Erdöl, Energie und Industrierohstoffen aus dem Meer wird
       immer wichtiger.
       
       Dies wirft sicherheitspolitische Fragen auf, die von der militärischen
       Macht bis zu Piraterie und Terrorismus reichen. Einige wenige
       wirtschaftsnahe Thinktanks und die Marinelobby um den früheren Admiral Lutz
       Feldt kümmern sich in Deutschland um das Thema.
       
       Bereits 2006 hatte die EU-Kommission ein Grünbuch zur Meerespolitik
       vorgelegt, in dem nach heftigen Diskussion auch Linke und Grüne
       Fortschritte sahen. Darauf basiert die „Integrierte Meerespolitik der EU“
       (IMP), in der Brüssel maritime Interessen absteckt: Erhalt von Seefahrt und
       Häfen, Küstenregionen als Wohnort, nachhaltige Fischerei, Werftindustrie.
       
       Die EU förderte die maritime Wirtschaft und versuchte, die Meeresumwelt zu
       schützen. Fragen der Geopolitik und militärische Strategien spielten bisher
       keine Rolle. Beim Industrieverband BDSV sieht man darin einen „klaren
       Wettbewerbsnachteil“. Noch.
       
       30 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hermannus Pfeiffer
       
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