# taz.de -- Katastrophe für Tierschützer: Freier Zugang zum Affenhirn
       
       > Die Forschung des Bremer Neurowissenschaftlers Andreas Kreiter am
       > Großhirn von Makaken ist nach einem Beschluss des
       > Bundesverwaltungsgerichts zu genehmigen.
       
 (IMG) Bild: Darüber freut sich die Uni Bremen: Andreas Kreiter darf weiterforschen.
       
       BREMEN taz | Der Bremer Neurowissenschaftler Andreas Kreiter darf weiterhin
       in den Neuronen von Makaken deren Hirnströme messen. Das folgt aus einem
       Beschluss des [1][Bundesverwaltungsgerichts]. Während die Uni die
       Entscheidung begrüßte, bezeichnete Wolfgang Apel, Vorsitzender des Bremer
       Tierschutzvereins und Ehrenpräsident des Deutschen Tierschutzbundes, den
       Beschluss als „Tragödie“.
       
       Durch ihn würden „die Affen in Bremen auf unabsehbare Zeit schutzlos der
       Forschungsneugier von Professor Kreiter und seinen Kollegen ausgesetzt“.
       Kreiter und sein Team beobachten seit 1998 am Großhirn von Makaken die
       Stimulation der einzelnen Zellen. Dafür werden Sonden über einen
       metallischen Zylinder in einzelne Neuronen eingeführt. Ziel ist es,
       Prozesse der optischen Wahrnehmung zu verstehen. Der Widerstand gegen die
       Versuche hatte bereits vorab begonnen.
       
       ## Verpflichtete Behörde
       
       Die Entscheidung zwingt das Gesundheitsressort als Aufsichtsbehörde nicht
       nur dazu, eine im November 2008 verweigerte Genehmigung zu erteilen,
       sondern bestimmt auch ihr weiteres Vorgehen: Es dürfte dadurch verpflichtet
       sein, auch die Folge-Anträge, die der Forscher im Turnus von drei Jahren
       stellen muss, positiv zu bescheiden. Beim Verwaltungsgericht liegt derzeit
       der aus dem Jahr 2011, der aktuelle ist in Vorbereitung.
       
       Der jetzige Beschluss setzt nur ein Urteil des Bremer
       [2][Oberverwaltungsgerichts] von Dezember 2012 in Kraft. Das hatte, trotz
       der Erhebung des Tierschutzes in den Rang eines Staatsziels, eine Abwägung
       zwischen ihm und dem Grundrecht der Forschungsfreiheit abgelehnt. Damit
       hatte das Gericht zum Entsetzen von Tierschützern die Grundgesetzänderung
       von 2002 für weitgehend wirkungslos erklärt. Dieser Sichtweise haben sich
       nun die Leipziger Richter angeschlossen.
       
       „Wir freuen uns über die Entscheidung“, sagte Eberhard Scholz, der Sprecher
       der Bremer Uni. Man werde durch die Leipziger Entscheidung in allen Punkten
       bestätigt. So seien die Versuche als ethisch vertretbar einzuschätzen, die
       Belastung der Tiere allenfalls als gering.
       
       Nicht zuletzt sei die Klarstellung wichtig, „dass Andreas Kreiter Forschung
       von internationalem Rang und großer wissenschaftlicher Bedeutung betreibt“.
       Das war im Verfahren im Rückgriff auf Zitat-Rankings in Zweifel gezogen
       worden. Dieser etwas dreckige Trick im juristischen Schlamm-Catchen knüpfte
       an eine Formulierung der Tierschutzversuchsverordnung an: Die erlaubt
       solche Experimente nämlich nur, wenn wissenschaftliche Resultate „von
       hervorragender Bedeutung“ zu erwarten sind.
       
       ## „Fachlich hervorragend“
       
       Laut Deutscher Forschungsgemeinschaft (DFG) sind sie das bei Kreiter:
       Bestätigt sah sich insofern deren Generalsekretärin Dorothee Dzwonnek.
       Kreiter sei der DFG als „ebenso fachlich hervorragender wie äußert
       besonnener Wissenschaftler“ bekannt, „der die Versuchsbedingungen für Tiere
       in beispielhafter Weise optimiert“ habe.
       
       Als „Tiefschlag“ bezeichnete dagegen Silke Bitz von „Ärzte gegen
       Tierversuche“ den Ausgang des Rechtsstreits. „Es ist sehr zu kritisieren,
       dass mehr als zehn Jahre nach der Verankerung im Grundgesetz der Tierschutz
       in der Praxis deutscher Richter keine Rolle spielt“, sagte sie. „Wir werden
       nicht aufhören, dafür zu kämpfen.“
       
       Im Fall Kreiter ist mit dem jetzigen Beschluss der Rechtsweg ausgeschöpft:
       Daher versprach das Ressort, die Vorgaben des Urteils „selbstverständlich
       beachten“ zu wollen, während ansonsten eher Ratlosigkeit herrschte: Im März
       2007, noch zur Zeit der rot-schwarzen Koalition, hatte die Bürgerschaft für
       ein baldiges Ende der Affenversuche an der Bremer Uni plädiert –
       einstimmig.
       
       Am Dienstag nun nahm die CDU-Fraktion der Bremer Bürgerschaft die
       Gelegenheit zu vorsichtigen Absetzbewegungen von diesem Votum wahr:
       Wissenschaftspolitikerin Susanne Grobien kündigte an, das Urteil zu
       akzeptieren und lobte zugleich das Gericht für die Stärkung „der
       verfassungsrechtlich gesicherten Forschungsfreiheit“.
       
       Dass der „Ball jetzt bei der Uni“ liege, konstatierte Klaus-Rainer Rupp
       (Die Linke): Diese könne sich, analog zur Zivilklausel, auch den Verzicht
       auf Tierversuche auferlegen. „Ob man es macht, die Frage muss man sich
       stellen.“ Frustrierter der Klang indes aus dem rot-grünen Lager: „Wir
       wollten alle, dass es aufhört, die Behörde hat sich dafür stark gemacht –
       und am Ende klappt es doch nicht“, sagte Insa Peters-Rehwinkel (SPD), von
       einem „schwarzen Tag für den Tierschutz“ sprach Linda Neddermann (Grüne):
       „Wir müssen weiter nach Wegen suchen, damit der Tierschutz einen höheren
       Stellenwert bekommt.“
       
       4 Feb 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.bverwg.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung.php?jahr=2014&nr=11
 (DIR) [2] http://www.oberverwaltungsgericht.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen02.c.736.de
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Benno Schirrmeister
       
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