# taz.de -- Folgen des Krim-Konflikts: Russland wird isoliert
       
       > Die G8-Staaten schließen Russland aus. Putin reagiert gelassen und weitet
       > die Kontrolle der Krim aus. Derweil werden Foltervorwürfe gegen die
       > Krim-Milizen laut.
       
 (IMG) Bild: Beim G8-Gipfel in Nordirland war Putin noch dabei – jetzt muss er draußen bleiben.
       
       DEN HAAG/KIEW dpa | Die führenden Industrienationen haben Russland wegen
       der Annexion der Krim bis auf weiteres aus ihrem Kreis ausgeschlossen und
       den für Juni geplanten [1][G8]-Gipfel abgesagt. Bei einem Krisentreffen als
       Siebener-Gruppe ohne Russland beschlossen die Staats- und Regierungschefs
       unter Regie von US-Präsident Barack Obama am Montag in Den Haag, ihre
       Teilnahme an der G8 solange auszusetzen, bis Moskau seinen Kurs ändere.
       Davon unbeeindruckt schuf Kremlchef Wladimir Putin auf der Krim weiter
       Fakten und sicherte sich die uneingeschränkte Hoheit über die
       Schwarzmeer-Halbinsel.
       
       Der G8-Gipfel hatte Anfang Juni im russischen Sotschi stattfinden sollen.
       Die Vorbereitungen dafür hatte der Westen bereits kurz nach der russischen
       Militäraktion auf der Krim ausgesetzt. Stattdessen wird es nun einen
       G7-Gipfel in Brüssel geben. Zu den G7-Staaten gehören Deutschland, die USA,
       Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan und Kanada. 1998 hatte die
       Gruppe Russland aufgenommen und war damit zur G8 geworden. „Unsere Gruppe
       kam wegen gemeinsamer Überzeugungen und gemeinsamer Verantwortlichkeiten
       zusammen“, hieß es in [2][einer G7-Erklärung] in Den Haag. „Die Aktionen
       Russlands in den letzten Wochen sind damit nicht vereinbar.“
       
       In einer gemeinsamen Erklärung drohten die G7 Russland mit „erheblichen
       Konsequenzen“. Weder das prorussische Referendum auf der Halbinsel Krim
       noch den Beitritt der Krim zu Russland erkenne man an. Ohne Änderung der
       russischen Politik werde man Wirtschaftssanktionen in bestimmten Bereichen
       intensivieren, „die sich in immer stärkerer Weise auf die russische
       Wirtschaft auswirken werden“. Die G8 sei „wegen gemeinsamer Überzeugungen
       und gemeinsamer Verantwortlichkeiten“ zusammengekommen: „Die Aktionen
       Russlands in den letzten Wochen sind damit nicht vereinbar“, stellte die G7
       fest.
       
       Ein geplantes Treffen der G8-Außenminister im April in Moskau werde nicht
       stattfinden. Die G7-Energieminister sollten über „um mögliche Wege zur
       Stärkung unserer kollektiven Energieversorgungssicherheit“ beraten. Zuvor
       hatte US-Präsident Barack Obama erklärt: „Wir sind einig darin, dass
       Russland für sein bisheriges Handeln bezahlen muss.“ Zunehmende Sanktionen
       hätten enorme Folgen für die russische Wirtschaft. Der Ukraine sicherte er
       nach der russischen Annexion ihrer Halbinsel Krim Unterstützung von Europa
       und Amerika zu. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, das politische Umfeld
       für das G8-Format sei derzeit nicht gegeben. „Im Augenblick gibt es G8
       nicht – weder als konkreten Gipfel noch als Format.“
       
       Der russische Außenminister Sergej Lawrow, der sein Land beim Nukleargipfel
       vertritt, reagierte demonstrativ gelassen. „Wenn unsere westlichen Partner
       glauben, dass sich die G8 überlebt hat, werden wir uns nicht daran
       klammern“, sagte er vor Journalisten in Den Haag. „Wir sehen kein großes
       Problem, wenn sich die G8 nicht versammelt – man kann mal ein oder
       eineinhalb Jahre warten und schauen, wie man ohne dieses Format auskommt.“
       Lawrow zeigte sich sicher: „Jetzt werden alle wichtigen Fragen in der G20
       diskutiert“ – also in der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und
       Schwellenländer.
       
       ## Souveränitäts-Garantie missachtet
       
       UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bezeichnete die russische Militäraktion als
       schwere Belastung für das Abkommen über die Nicht-Weiterverbreitung von
       Atomwaffen. Moskau missachte damit seine 1994 übernommene Garantie der
       Souveränität der Ukraine, sagte Ban bei der Eröffnung des dritten
       Weltgipfels zur nuklearen Sicherheit. Staats- und Regierungschefs von 53
       Staaten beraten bis Dienstag über den Schutz von Nuklearmaterial vor
       Terroristen und Verbrechern.
       
       Die Krim ist inzwischen fest in russischer Hand. Die Ukraine ordnete am
       Montag den vollständigen Abzug ihrer Streitkräfte an, nachdem russische
       Truppen die militärische Kontrolle übernommen hatten. Nach ukrainischen
       Angaben ist etwa die Hälfte der Soldaten auf der Halbinsel zu den
       russischen Truppen übergelaufen. Am Morgen hatten russische Soldaten mit
       schwerem Militärgerät und Kampfhubschraubern einen der letzten ukrainischen
       Stützpunkte auf der Krim eingenommen. 60 bis 80 Soldaten seien festgenommen
       und der Kommandeur fortgebracht worden, teilte ein ukrainischer
       Armeesprecher mit. Zuvor hatte Russland die Ukrainer zum Abzug
       aufgefordert.
       
       Mit Wochenbeginn wurde auf der Krim der Russische Rubel zusätzlich zur
       ukrainischen Landeswährung Griwna eingeführt. Nun werden auch Gehälter und
       Sozialleistungen sowie Steuern in Rubel gezahlt. Als erstes russisches
       Regierungsmitglied seit dem Anschluss an Russland traf
       Verteidigungsminister Sergej Schoigu auf der Krim ein. Merkel hatte sich
       vor dem G7-Treffen beunruhigt über die Präsenz russischer Truppen an der
       Grenze zur Ukraine gezeigt. „Eine Massierung der Truppen in dieser Region
       kann nicht als Bemühung um Entspannung verstanden werden“, sagte
       Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Dies habe Merkel am
       Sonntagabend auch in ihrem Telefongespräch mit Putin deutlich gemacht.
       
       Lawrow kam in Den Haag auch mit US-Außenminister John Kerry zusammen. Nach
       Informationen der russischen Staatsagentur Itar-Tass traf Lawrow auch
       seinen ukrainischen Kollegen Andrej Deschtschiza. Es ist das ranghöchste
       Treffen zwischen Moskau und Kiew seit dem Machtwechsel in der Ukraine Ende
       Februar. Angesichts der Krim-Krise legen deutsche Unternehmen Investitionen
       in Russland auf Eis. „Wir hören von der Auslandshandelskammer in Moskau,
       dass Investitionen zumindest verschoben werden“, sagte der stellvertretende
       Hauptgeschäftsführer des DIHK, Volker Treier, im ARD-Morgenmagazin. Auch
       deutsche Banken stuften Russland inzwischen als riskanteren
       Geschäftspartner ein und vergäben weniger Kredite. Der Rubel hatte zuletzt
       deutlich nachgegeben.
       
       ## Proukranischen Aktivisten gefoltert
       
       Derweil hat die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) schwere
       [3][Foltervorwürfe gegen prorussische Milizen auf der Krim erhoben]. Zwei
       ukrainische Aktivisten seien von moskautreuen Einheiten verschleppt und
       tagelang misshandelt worden, teilte HRW am Dienstag mit. „Seit Wochen
       dürfen irreguläre bewaffnete Einheiten auf der Halbinsel Amok laufen ohne
       offensichtliche legale Befugnis“, sagte HRW-Experte Hugh Williamson der
       Mitteilung zufolge. Dies habe auf der von der Ukraine abtrünnigen Krim zu
       „Unsicherheit, mutwilligen Festnahmen, Verschleppungen sowie Folter“
       geführt.
       
       Die proukranischen Aktivisten Andrej Schtschekun und Juri Schewtschenko
       waren nach eigenen Angaben von Mitgliedern der moskautreuen Bürgerwehr
       gequält worden. Die Männer hätten einen Teil von Schewtschenkos rechtem Ohr
       abgeschnitten und ihm in die Beine geschossen, berichteten ukrainische
       Medien. In der westukrainischen Stadt Rowno wurde in der Nacht ein
       führender Ultranationalist erschossen. Russland hatte einen internationalen
       Haftbefehl gegen Alexander Musytschko erlassen, der in den 1990er Jahren im
       tschetschenischen Bürgerkrieg gegen moskautreue Truppen gekämpft haben
       soll.
       
       25 Mar 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.bundesregierung.de/Content/DE/StatischeSeiten/Breg/G8G20/G8-uebersicht.html
 (DIR) [2] http://europa.eu/rapid/press-release_STATEMENT-14-82_en.htm
 (DIR) [3] http://www.hrw.org/news/2014/03/24/ukraine-activists-detained-and-beaten-one-tortured
       
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