# taz.de -- Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Weniger Staat im ZDF
       
       > Neue Gremien, weniger Politiker: Das Verfassungsgericht will eine
       > „politische Instrumentalisierung“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
       > ausschließen.
       
 (IMG) Bild: Sieht jetzt die Bundesländer in der Pflicht: ZDF-Intendant Thomas Bellut
       
       KARLSRUHE taz | In den ZDF-Gremien darf der Anteil von Staats- und
       Parteivertretern künftig höchstens ein Drittel betragen und muss deutlich
       reduziert werden. Das entschied das Bundesverfassungsgericht. Damit hat
       Karlsruhe erstmals klare Vorgaben gemacht, wie ein „hinreichend
       staatsferner“ öffentlich-rechtlicher Rundfunk zu organisieren ist.
       
       Geklagt hatten die Länder Rheinland-Pfalz (Rot-Grün) und Hamburg
       (SPD-Alleinregierung), die glauben, dass in den Aufsichtsgremien des ZDF zu
       viele Vertreter von Regierungen, Parlamenten und Parteien sitzen. Anlass
       der Klage war die Nichtverlängerung des Vertrags von ZDF-Chefredakteur
       Nikolaus Brender 2009, der dem CDU-Lager wohl zu eigensinnig war.
       
       Das Verfassungsgericht verlangt vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk, dass
       „die Vielfalt der bestehenden Meinungen möglichst breit und vollständige
       Ausdruck findet“. Eine „politische Instrumentalisierung“ der Sender wollen
       die Richter „wirksam ausschließen“. Dementsprechend sollen die
       ZDF-Aufsichtsgremien neu zusammengesetzt werden.
       
       Konkret ging es in Karlsruhe um zwei Gremien, den 77-köpfigen
       ZDF-Fernsehrat, der über das Programm wacht, und den 14-köpfigen
       ZDF-Verwaltungsrat, der den Intendanten Thomas Bellut beaufsichtigt, vor
       allem in finanziellen Fragen. Im Fernsehrat beträgt der Anteil staatlicher
       und staatsnaher Akteure derzeit 44 Prozent, im Verwaltungsrat 43 Prozent,
       muss also jeweils auf 33 Prozent reduziert werden. Außerdem müssen Staats-
       und Parteivertreter künftig weisungsfrei, also mit freiem Mandat agieren
       können.
       
       ## Karenzzeit für Expolitiker
       
       Auch bei den staatsfernen Vertretern des Fernsehrats soll die staatliche
       Einflussmöglichkeit stark reduziert werden. Personalvorschläge von
       Verbänden können die Länder künftig nur noch aus rechtlichen Gründen
       ablehnen. Als Verbandsvertreter dürfen auch keine Politiker mehr benannt
       werden. Das betrifft zum Beispiel Erika Steinbach, die als
       CDU-Bundestagsabgeordnete den Bund der Vertriebenen im Fernsehrat vertritt.
       Für Expolitiker wird eine „Karenzzeit“ angeregt, in der sie nicht als
       Verbandsvertreter in den Fernsehrat einrücken können.
       
       Die 16 Vertreter gesellschaftlicher Interessen, die von den Ländern bisher
       ohne Verbandsvorschlag benannt wurden, entfallen. Auch in dieser Gruppe
       fanden sich gelegentlich Politiker wie Volker Zastrow,
       FDP-Fraktionsvorsitzender in Sachsen.
       
       Die Richter hoffen, dass die Staats- und Parteivertreter künftig ihre
       „Prägekraft“ in den sogenannten Freundeskreisen des Fernsehrats verlieren.
       Dem „schwarzen“ Freundeskreis des Fernsehrats gehören 43 Mitglieder an, der
       „rote“ hat 33 Mitglieder. In den Freundeskreisen werden alle Fragen
       vorberaten.
       
       Um „Versteinerungen“ im Fernsehrat zu verhindern, verlangt Karlsruhe, dass
       die Auswahl der vertretenen Interessen regelmäßig überprüft wird. Neben den
       „Mehrheitsperspektiven“ der großen Verbände und Kirchen sollen auch
       wechselnde kleinere Interessengruppen zum Zug kommen. Für die Auswahl macht
       Karlsruhe keine Vorgaben. Wohl ungewollt hat das Verfassungsgericht dabei
       den Einfluss der Politik auf die Gremienzusammensetzung eher verstärkt. Die
       Vielfalt ist den Richtern aber wichtig. Auch bei den Parteien sollen
       „kleinere politische Strömungen“ miteinbezogen werden. Eine Frauenquote
       wird nahegelegt.
       
       Bis zum 30. Juni 2015 müssen die Länder einen neuen ZDF-Staatsvertrag
       aushandeln. Bis dahin können die alten Gremien weiterarbeiten. Die Vorgaben
       gelten direkt nur für das ZDF, sind aber auf die ARD-Anstalten übertragbar.
       Dort ist der Staatsanteil allerdings schon niedriger. (Az.: 1 BfV 1/11 u.
       a.)
       
       25 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
       ## TAGS
       
 (DIR) ZDF
 (DIR) Urteil
 (DIR) Bundesverfassungsgericht
 (DIR) Karlsruhe
 (DIR) Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk
 (DIR) ZDF
 (DIR) ZDF
 (DIR) ZDF
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Rundfunkurteil des Verfassungsgerichts: Alles unter Kontrolle
       
       Zu viele Politiker, zu wenige gesellschaftlich relevante Gruppen – urteilte
       das Bundesverfassungsgericht. Nun wird die Autonomie der Kontrolleure
       debattiert.
       
 (DIR) Kommentar ZDF-Urteil: Naiv, aber nützlich
       
       Der Anteil von Politikern in Gremien beim ZDF wird deutlich reduziert. Doch
       die sogenannten Freundeskreise wird das Urteil nicht verhindern.
       
 (DIR) Urteil des Bundesverfassungsgerichts: ZDF-Staatsvertrag ist illegal
       
       Der Einfluss von Staat und Parteien auf das ZDF wird eingeschränkt. Der
       entsprechende Staatsvertrag wurde von Karlsruhe für verfassungswidrig
       erklärt.