# taz.de -- Die Wahrheit: Rauchen mit Haken
       
       > Irische Impressionen: Anlässlich des zehnjährigen Paff-Verbotes in Pubs
       > werden auch traumatische Kindheitserinnerungen wach.
       
 (IMG) Bild: Präsident von Sinn Fein und alter IRA-Kämpe: Gerry Adams.
       
       Vor Kurzem war der zehnte Jahrestag des Rauchverbots in irischen Pubs und
       an anderen Arbeitsplätzen. Die Gesundheitsapostel feierten das mit einem
       Symposium. Politiker, Anti-Tabak-Lobbyisten und Wissenschaftler
       gratulierten sich einen Tag lang gegenseitig zu diesem Gesundheits-Coup,
       während sie genüsslich ihr fettes irisches Frühstück mit Würstchen, Speck,
       Blutwurst, Ei und gebratenem Weißbrot verzehrten.
       
       Und sie legten ihre Pläne offen: Binnen Wochen soll das Rauchen im Auto
       verboten werden, wenn Kinder mitfahren, was ein anständiger Raucher ohnehin
       nicht tun würde. Darüber hinaus sollen Kippen bald nur noch in neutralen
       weißen Schachteln verkauft werden, obwohl sie ohnehin bereits Bückware
       sind: Die Geschäfte müssen die Schachteln unter dem Ladentisch verstecken.
       
       Die armen Suchtbolzen tun mir leid. Mich als Gelegenheitsraucher betrifft
       das ja weniger, obwohl ich bereits als Vierjähriger Bekanntschaft mit
       Zigaretten gemacht habe. Es war bei einem Spaziergang mit meinen Eltern.
       Ich fuhr mit meinem Kinderrad vorneweg und zog an den Fächern der
       Zigarettenautomaten. Natürlich gingen sie nicht auf – bis auf ein Mal.
       Plötzlich lag eine orange-farbige Packung Overstolz ohne Filter im offenen
       Schacht. Die Kippen der Kölner Zigarettenfirma waren nach dem alten
       Patriziergeschlecht der Overstolzen benannt. „Leichtbekömmlich muss es
       sein, wie die Overstolz vom Rhein“, lautete der Werbespruch.
       
       Davon wusste ich damals natürlich nichts. Ich starrte auf die Packung,
       schob vor Schreck den Schacht wieder zu und fuhr zurück zu meinem Vater.
       Wieso ich das Zigarettenpäckchen nicht aus dem Automaten genommen hätte,
       wollte er wissen. Ich fühlte mich als Versager. Offenbar hat sich das tief
       in meine Psyche eingegraben, denn später, als ich im rauchfähigen Alter
       war, entwickelte ich mit ein paar Klassenkameraden eine Methode, die zwar
       wenig elegant war, aber zum Ziel führte.
       
       Man musste zunächst eine Schachtel rechtmäßig ziehen. War die Schublade
       dann offen, konnte man mit einem S-förmigen Haken die nachfolgenden
       Päckchen aus dem Schacht reißen. Zwar wurden dabei einige Kippen vom Haken
       zerstört, aber das kostete ja nichts.
       
       Später ging das nicht mehr, weil die Päckchen durch eine Klappe gesichert
       waren. Aber es gab andere Methoden: Die englischen Fünf-Pence-Münzen
       funktionierten in älteren Automaten als Markstücke. Einmal im Dezember
       gingen mir spät nachts die Kippen aus. Wir lebten im Berliner Stadtteil
       Südende, wo ab 21 Uhr allgemeine Bettruhe herrschte. Ich stapfte mit meinen
       englischen Münzen durch den Schnee zum nächsten Automaten, doch der rückte
       weder Zigaretten, noch die Münzen wieder heraus. Voller Verzweiflung
       hämmerte ich gegen das Gerät, das daraufhin zwar nicht meine englischen
       Geldstücke, aber acht Mark ausspuckte. Ich ging vorsichtshalber zu einem
       anderen Automaten und zog völlig legal zwei Schachteln Zigaretten. Und ich
       konnte endlich die leidige Overstolz-Geschichte ad acta legen.
       
       30 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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