# taz.de -- Kolumne Der Rote Faden: Erneut mögliche Signale
       
       > Von der Räumung des Berliner Oranienplatzes über die Frage nach der
       > Politik bis zur C-Waffenvernichtung und die seltsamen Meldungen zur
       > MH370.
       
 (IMG) Bild: Nicht ganz das Original: Bild vom Oranienplatz, Freitag
       
       Ich habe ein Foto gemacht: eine weite, raue Fläche, ein nahezu leerer
       Platz, der von hohen, miteinander verschraubten Instantgitterzäunen
       umstellt ist; um diese Gitterzäune herum noch einmal von möglichen Signalen
       umwickelt, nämlich von rot-weißen Verbotsbändern. Dahinter Menschen in
       schwarz-blauen Uniformen, die irgendwie winterfest aussehen und die alle
       aus den meist weiß-blauen, oft noch grün-weißen sogenannten Wannen
       entsprungen zu sein scheinen, die in der ganzen Gegend herumstehen und das
       Areal absichern.
       
       Und inmitten dieser Szenerie – Schaulustige finden sich kaum noch bei dem
       grauen Berliner Wetter, und die Politischen machen auch eher den Eindruck,
       als lauerten sie in entlegenen Baumhäusern auf die Chance, den Platz erneut
       zu besetzen –, also inmitten dieser Szenerie steht eine Blechkabine, die
       aussieht wie damals die Kabinen, in denen man vor dem Fußballstadion noch
       Eintrittskarten bekommen konnte. Eine weiße Blechkabine, davor eine leere
       Bierbank, und auf der Kabine die Aufschrift „Infopoint“.
       
       Der Bezirk und der Senat haben also den Berliner Oranienplatz, das eher
       unfreiwillige Refugee-Camp, räumen lassen. Obwohl, stimmt gar nicht, die
       Refugees haben den Platz schon auch selbst geräumt, in einem Akt
       zuvorkommender Hilfeleistung, ganz bestimmt auch in einem Akt der
       Verzweiflung. Der Winter ist zu Ende, aber er steckt allen in den Knochen,
       und die Aussicht auf Ausschlafen und geregelten Zugang zu sanitären Anlagen
       schien stärker zu sein als der politische Durchhaltewillen. Und irgendwie
       kann man das auch bestens verstehen.
       
       Wie man auch die AnwohnerInnen und die Ungeduldigen verstehen kann, die zu
       irgendeiner Kieznormalität zurückkehren wollten – auch wenn der
       Oranienplatz immer friedlich schien.
       
       ## Muss man Politik verstehen?
       
       Die Frage ist, ob man die Politik verstehen kann. Denn es war die Politik,
       die das Camp schließlich auflöste. Aber nicht, indem die berechtigten
       Forderungen erfüllt worden wären, nein, so einfach kann es natürlich nicht
       sein. Keine Aufhebung der Residenzpflicht, keine Arbeitserlaubnis, kein
       Asyl, kein einfach ausgestellter Pass – die große Ausschlusspolitik macht
       einfach weiter, egal wie viele da aus Lampedusa oder sonst woher kommen.
       Nein, Politik geht immer schon so: Man teilt und herrscht, man spaltet und
       spinnt Intrigen, sodass sich alles auflöst und eine stadtbekannte
       Worthülsenfabrikantin plötzlich als kommende Regierende Bürgermeisterin
       dastehen kann. Muss man das verstehen? Nein, muss man nicht.
       
       Man muss auch nicht verstehen, dass für manche die Demokratie nur so weit
       geht, wie alle an einem Strang ziehen und weithin einer Meinung sind, zum
       Beispiel was klar rechtschaffene Angelegenheiten wie die Vernichtung von
       C-Waffen betrifft; oder warum jetzt einige aus guten Gründen nicht an
       diesem kleinen Akt Symbolpolitik teilnehmen möchten und andere Belange
       eventuell gar wichtiger fänden. Etwa die Frage, was denn eigentlich mit den
       konventionellen Waffen ist, warum die nicht gleich mitvernichtet werden.
       Oder töten die etwa nicht? Oder die Frage, warum diese unsere Demokratie
       nicht ohne Waffenexporte auskommen kann. Noch dazu in gefährdete Regionen
       oder an Zwischenhändler, die … Aber, ach, das ist halt Politik, und die
       wenigen, die nicht überall mitmachen wollen, sind eben ewige Renitenzler.
       
       Kommen wir schließlich zur Überschrift dieses kleinen Wochenrückblicks. Die
       FAZ schlagzeilte zu Beginn der Woche, dass „mögliche Signale“ gehört worden
       seien, da unten in einer gottverlassenen Gegend des Indischen Ozeans links
       von Australien. Was aber sind mögliche Signale? Vermutlich sind Signale
       gemeint, die empfangen werden und möglicherweise aus der Blackbox des
       verschwundenen Flugzeugs kommen, möglicherweise nicht.
       
       Einige Tage später jedenfalls sind Signale immer noch möglich. „Erneut
       mögliche Signale“, wieder die FAZ, und die Süddeutsche sagt unter der
       Dachzeile „Mögliche Signale von MH370“, dass die „zuletzt im Indischen
       Ozean aufgefangenen Ultraschallsignale“ nämlich „nach einer ersten Analyse
       nicht von der Blackbox der Boeing“ kommen. Das „teilte der Koordinator der
       Suchaktion, Angus Houston, in Perth mit“. Woher diese möglichen Signale
       aber sonst kommen, wird nicht gesagt. Vielleicht aus NSA-U-Booten? Von
       syrischen Aufständischen? Die vielleicht sogar, man weiß es nicht, hinter
       dem C-Waffen-Einsatz steckten – oder am Ende die Türkei unter Erdogan?
       
       Da ist mir im Zweifel der „Hohlspiegel“ lieber, also die nach wie vor
       einzige witzige Rubrik im Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Dort wird nämlich
       die Neue Ruhr Zeitung (NRZ) zitiert: „Bilder von möglichen Wrackteilen
       gesichtet“.
       
       11 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rene Hamann
       
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