# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Kritisch-neutrale Fans
       
       > Dem VfB Stuttgart droht der Abstieg. Weil das nicht sein darf, starten
       > die Medien im Schwabenland eine Kampagne. Warum eigentlich nicht?
       
 (IMG) Bild: VfB-Trainer Huub Stevens und seine treuesten Fans
       
       Angela Merkel, Barack Obama und Papst Franziskus haben sie bei der
       Stuttgarter Zeitung am Freitag schon einmal ins Trikot des VfB-Stuttgart
       gesteckt – per Fotomontage auf der eigenen Homepage. Und am liebsten würden
       die Journalisten in Stuttgart wohl die halbe Welt mit dem Leibchen des
       schwäbischen Traditionsvereins einkleiden.
       
       Die Sache mit Merkel und Co. sei natürlich „nicht ganz ernst gemeint“, ließ
       die Stuttgarter Zeitung wissen. Ansonsten aber ist der schwäbischen Presse
       das Lachen zuletzt gründlich vergangen. Es droht nämlich großes Ungemach.
       Der VfB Stuttgart ist in akuter Abstiegsgefahr und das Restprogramm
       außerordentlich schwer: Mönchengladbach, Schalke 04, okay: Hannover 96,
       Wolfsburg und Bayern München warten noch.
       
       Kein Bundesligafußball in der schwäbischen Landeshauptstadt? Das darf nicht
       sein, haben sich die Vertreter von Stuttgarter Zeitungen, Radio- und
       Fernsehsendern kurz entschlossen gesagt. „Die Stuttgarter Medien eint das
       Interesse am Bundesligafußball“, so formulierte man es in einem gemeinsamen
       Statement.
       
       Die Inititiative „Jetzt weiß-rot“ wurde ins Leben gerufen, die Stuttgarter
       Bevölkerung wurde am ersten Aktionstag dazu animiert, in weiß-roter
       Kleidung im Kindergarten, in der Schule und auf der Arbeit ihre
       Verbundenheit mit dem VfB zu demonstrieren. Dass die Pressetische in der
       Stuttgarter Arena von ihren regelmäßigen Nutzern eigenhändig weiß-rot
       umgestrichen werden, ist indes nur ein fieses Gerücht.
       
       ## Mutiger Spargat
       
       Sportjournalisten stehen ja schon lange unter dem bösen Verdacht, lediglich
       Fans zu sein, die es über die Absperrung geschafft haben. Um diesem Argwohn
       vorzubeugen, stellt die Stuttgarter Zeitung klar, dass die
       Berichterstattung natürlich weiterhin „kritisch-neutral“ sein werde und man
       die nötige journalistische Distanz einhalte. Es ist ein Plädoyer dafür,
       Sportreportern endlich einmal etwas mehr Vertrauen entgegenzubringen.
       Solidarisierungsaktionen mit einem Verein und neutrale Berichterstattung?
       Warum sollte man diesen Spagat nicht hinbekommen? Der VfB sollte sich ob
       solcher mutigen Journalisten, die sich solchen Herausforderungen stellen,
       glücklich schätzen.
       
       Der FC Bayern etwa will sich nicht darauf verlassen, dass die Münchner
       Kollegen sich in gebotenem Maße zugleich neutral und wohlwollend dem Verein
       gegenüber verhalten. Aus lauter Misstrauen hat der Verein gar seit längerem
       schon die Berichterstattung selbst in die Hand genommen und ein klubeigenes
       Medium geschaffen. Weil die Münchner Journalisten nun kaum noch an
       exklusive Interviewtermine mit den Edelkickern herankommen, müssen sie eben
       zwangsläufig von der Bayern-Homepage oder vom Bayern-TV zitieren.
       
       Sollte der VfB Stuttgart am Ende dieser Saison die Klasse halten, wird man
       möglicherweise beim abgestiegenen Hamburger SV bald nach einer eingehenden
       Analyse, die Pressevertreter vor Ort zusammenrufen und auf die
       Medien-Mobilisierung in Stuttgart hinweisen, die dem Konkurrenten den
       entscheidenden Punkt mehr eingebracht hat.
       
       Denn eine lediglich passive wohlwollende Berichterstattung, wie man sie in
       Hamburg, Berlin, Dortmund und überall dort, wo langjährige Berichterstatter
       seit Jahren mit ihren Vereinen mitreisen, mitfiebern und mitzittern, ist
       einfach nicht mehr ausreichend. Ein offenes Bekenntnis wie in Stuttgart
       muss auch andernorts her. Neutrale Parteinahme ist gar nicht so schwer, wie
       man sieht. Schließlich sitzen alle im selben komfortablen Boot. Zweiter
       Klasse will doch keiner reisen.
       
       11 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Kopp
       
       ## TAGS
       
 (DIR) VfB Stuttgart
 (DIR) Fan
 (DIR) Medien
 (DIR) Presse
 (DIR) Kampagne
 (DIR) Fußball
 (DIR) Clemens Tönnies
 (DIR) Fußball
 (DIR) Fifa
 (DIR) Fußball-Bundesliga
 (DIR) Fußball
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Geplanter Schalke-Besuch bei Putin: Moskautreue Königsblaue
       
       Mangelndes Fingerspitzengefühl, Dienst für Putins Propaganda: Politiker
       üben scharfe Kritik an Schalke-Chef Tönnies, weil er sein Team in den Kreml
       schicken will.
       
 (DIR) Samstagsspiele Fußball-Bundesliga: Dortmund deklassiert Bayern
       
       Tuchels Team besiegt Angstgegner Mainz. Mirko Slomka scheitert mit dem HSV
       bei Ex-Arbeitgeber Hannover 96. Und Freiburg holt wichtige Punkte im
       Abstiegskampf.
       
 (DIR) Kolumne Press-Schlag: Ganz alltäglicher Kinderhandel
       
       Der FC Barcelona wurde zur Höchststrafe verdonnert. Meint es die Fifa ernst
       mit dem Schutz von Minderjährigen, müssen sich nun viele Klubs fürchten.
       
 (DIR) Bundesliga am Mittwoch: Abstiegsangst im Schwabenland
       
       Oben ist die Liga entschieden, unten bleibt sie spannend. Stuttgart
       verliert bei der direkten Konkurrenz in Nürnberg. Hamburg und Freiburg
       spielen Remis.
       
 (DIR) Trainerwechsel beim VfB Stuttgart: Schneider geht, Stevens kommt
       
       Nach dem 2:2 gegen Braunschweig stößt der Schwaben-Verein Thomas Schneider
       von der Trainerbank. Der alte Fuchs Huub Stevens soll den Club nun vor dem
       Abstieg bewahren.