# taz.de -- Forderung des Weltklimarats: Sofort raus aus der Kohle
       
       > Der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen muss endlich beginnen, sagt der
       > Weltklimarat. Das Umweltministerium will vor Ostern ein Programm
       > vorlegen.
       
 (IMG) Bild: Dreckiger geht's nicht: Braunkohle aus einem Tagebau in Brandenburg
       
       BERLIN taz | Experten sind sich einig: Der Ausstieg aus der Atomkraft
       reicht nicht. Jetzt muss der Ausstieg aus der Kohle beginnen. So erklärt
       Klaus Töpfer, einstiger Bundesumweltminister und einstiger Chef der
       UN-Umweltbehörde Unep: „Einen unkontrollierbaren Klimawandel können wir nur
       verhindern, wenn der größte Teil der weltweiten Kohlevorräte unter der Erde
       bleibt. Was Deutschland hier tut oder unterlässt, hat weltweit eine
       Signalfunktion.“
       
       Annalena Baerbock, die klimapolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag,
       sagt es so: „Wir müssen über Kohlekraft kritisch nachdenken.“ Und Hubert
       Weiger, der Vorsitzende des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland,
       fordert, die Bundesregierung müsse „Maßnahmen treffen, um die ältesten und
       klimaschädlichsten Kohlekraftwerke umgehend stillzulegen“.
       
       Alle drei beziehen sich auf den Weltklimarat IPCC, der am Sonntag den
       dritten und letzten Teil seines neuen Sachstandsberichts vorgestellt hat.
       Fünf Jahre lang hat ein Team um den deutschen Klimaforscher Ottmar
       Edenhofer erarbeitet, welche Maßnahmen helfen können, die Erderwärmung zu
       bremsen. Die Botschaft: Tut etwas, und zwar schnell!
       
       Zu den möglichen Maßnahmen gehören: Raum für Fußgänger schaffen,
       Elektrobusse auf die Straße bringen, für kurze Wege in den Städten sorgen.
       Andere Stoffe als Zement verbauen, der bei der Herstellung viel Energie
       frisst, und Geräte entwerfen, die nicht nach kurzer Zeit kaputtgehen.
       Kurzum raten die Experten, das Leben umzukrempeln, damit die Treibhausgase
       kräftig gemindert werden. Vor allem aber müsse das Energiesystem umgebaut
       werden – weg von Kohle und Öl. Dies sei eine „Schlüsselkomponente für eine
       kosteneffiziente Entschärfung des Klimawandels“.
       
       ## Treibhausgase nehmen rasant zu
       
       Die ganze letzte Woche haben die IPCC-Wissenschaftler mit Delegierten der
       UN-Mitgliedstaaten in Berlin darüber verhandelt, wie die an die Politiker
       gerichtete Kurzfassung aussehen soll. Im Vergleich zu den Entwürfen sind
       zwar Formulierungen gestrichen worden. Dazu gehörte etwa der Satz: „Die
       Pro-Kopf-Emissionen sind sehr ungleich“. Denn der Vergleich von Staaten ist
       politisch heikel; Verpflichtungen für einzelne Länder sollen nicht ablesbar
       sein. Doch die wichtigsten Aussagen sind geblieben.
       
       Trotz aller bisherigen Klimaschutzbemühungen nimmt der Ausstoß der
       Treibhausgase rasant zu. So sind die Kohlendioxid(CO2)-Emissionen zwischen
       den Jahren 2000 und 2010 jedes Jahr um 2,2 Prozent gestiegen – und damit
       mehr als zuvor. In den Jahren von 1970 bis 2000 waren es im Durchschnitt
       1,3 Prozent jährlich.
       
       Nur in der Wirtschaftskrise vor gut sechs Jahren wurde der Aufwärtstrend
       einmal kurz unterbrochen. 78 Prozent der Zunahme gehen auf die
       Energieerzeugung und die Industrie zurück. Das hängt mit dem Trend zum
       Kohlestrom zusammen, auch in Deutschland.
       
       Die Autoren lassen keinen Zweifel daran, dass die Welt ernsthaften
       Klimaschutz betreiben muss, wenn das 2-Grad-Ziel erreicht werden soll.
       Dieses Erwärmungslimit im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten gilt als für
       den Menschen noch beherrschbar.
       
       Im nächsten Jahr soll ein neuer internationaler Klimavertrag, das
       Kioto-Nachfolgeabkommen, in Paris beschlossen werden. Wie verbindlich er
       sein wird, ist offen. Und was passiert derweil in Deutschland, das sich
       schon als Energiewendeland versteht? Da billige Kohle Gas verdrängt,
       steigen derzeit auch hierzulande die C02-Emissionen. Der Direktor der
       Denkfabrik Agora-Energiewende, Patrick Graichen, meint, es bahne sich „ein
       gesellschaftlicher Großkonflikt im Bereich Kohle an“.
       
       Der Staatssekretär im Bundesumweltministerin, Jochen Flasbarth (SPD),
       versprach am Sonntag: „Wir werden den Kraftwerkspark neu ausrichten.“ Das
       müsse aber „gut überlegt sein“ und sei nicht „binnen Wochen“ zu machen. Das
       Umweltministerium werde aber noch vor Ostern Eckpunkte für ein
       „Aktionsprogramm Klimaschutz 2020“ vorlegen. Die deutsche
       Bundesumweltministerin, Barbara Hendricks (SPD), war nicht dabei, als der
       Weltklimarat seine Empfehlungen aussprach. Sie hat sich schon am Freitag in
       die Osterferien verabschiedet.
       
       13 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hanna Gersmann
       
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