# taz.de -- Kolumne Geht's noch: Journalismus? Ach was!
       
       > Die „Süddeutsche Zeitung“ bittet Lobbyverbände um Lobbypropaganda. Das
       > Ergebnis verwundert nicht: Panik vor dem Mindestlohn.
       
 (IMG) Bild: Erdbeeren werden teurer, wenn diese Frau mehr als drei Euro die Stunde verdient – sagen die Lobbyisten, wenn man sie bittet.
       
       Was, zum Teufel, haben sie sich bei der Süddeutschen Zeitung in der
       Hultschiner Straße nur dabei gedacht? Haben sie überhaupt gedacht? Am
       Mittwoch machte die Qualitätszeitung aus München-Zamdorf mit der
       Schlagzeile [1][„Mindestlohn treibt die Preise“] auf Seite 1 auf.
       
       Grundlage dafür: nicht die Berechnung eines Wirtschaftsinstituts. Sondern:
       eine Umfrage der SZ unter Lobbyverbänden der Agrar- und Verkehrsbranche.
       „Wir müssen davon ausgehen, dass sich bestimmte Produkte wie Erdbeeren oder
       Spargel verteuern“, antwortete der Generalsekretär des Deutschen
       Bauernverbands (DBV), Bernhard Krüsken. Und zwar um 10 bis 30 Prozent.
       Ähnlich jammerten die Taxilobbyisten.
       
       Was hätten sie auch sonst antworten sollen? Gute Lobbyarbeit besteht ja
       nicht darin, darüber zu reden, dass die eigenen Gewinne durch neue Gesetze
       bedroht sind, sondern möglichst große Gefahren für die Bevölkerung an die
       Wand zu malen. Lobbyverbände verschicken derartige Pressemitteilungen jeden
       Tag.
       
       Schlechtere Zeitungen drucken den PR-Müll 1:1 ab. Das ist Routine. Aber auf
       die Idee, Lobbyverbände um Lobbypropaganda zu bitten, wenn sie selbst
       einmal die Füße still halten; keine Gegenstimme dazu einzuholen, in der
       Überschrift die Lobbymeinung als gesicherte Tatsache auszugeben und alles
       als Aufmacher auf Seite 1 zu drucken – auf die muss man erst mal kommen.
       
       Weil die Süddeutsche als seriöser Branchenprimus gilt, zitierte innerhalb
       kürzester Zeit die Konkurrenz die SZ-Meldung: „Folgen des Mindestlohns: Was
       2015 alles teurer wird“ ([2][Huffington Post]), „Mindestlohn könnte
       Lebensmittel verteuern. Für Spargel und Erdbeeren dürften Kunden künftig
       deutlich mehr bezahlen“ ([3][Welt]), „Verbände schlagen Alarm. Mindestlohn
       verteuert Spargel und Taxifahren“ ([4][Bild]), „Spargel, Erdbeeren,
       Taxifahrten: Mindestlohn treibt die Preise massiv in die Höhe“
       ([5][Focus]), „Mindestlohn verteuert Spargel“ ([6][Südwest Presse]).
       
       Für den Deutschen Bauernverband muss der Mittwoch wie Weihnachten und
       Ostern an einem Tag gewesen sein.
       
       27 Apr 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.sueddeutsche.de/g5g38r/1969203/Mindestlohn-treibt-die-Preise.html
 (DIR) [2] http://www.huffingtonpost.de/2014/04/23/auswirkungen-mindestlohn-preissteigerungen-lebensmittel-dienstaleistungen_n_5196229.html
 (DIR) [3] http://www.welt.de/print/welt_kompakt/print_wirtschaft/article127242844/Mindestlohn-koennte-Lebensmittel-verteuern.html
 (DIR) [4] http://www.bild.de/geld/wirtschaft/mindestlohn/verbaende-schlagen-alarm-mindestlohn-verteuert-spargel-und-taxifahrten-35664340.bild.html
 (DIR) [5] http://www.focus.de/finanzen/news/spargel-erdbeeren-und-taxifahrten-wegen-mindestlohn-steigen-preise-um-bis-zu-70-prozent_id_3792694.html
 (DIR) [6] http://www.swp.de/ulm/nachrichten/wirtschaft/Mindestlohn-verteuert-Spargel;art4325,2568211
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Reeh
       
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