# taz.de -- Europawahl in Griechenland: Gericht lässt Neonazis zu
       
       > Die Führung sitzt im Gefängnis, zur Europawahl darf die Goldene
       > Morgenröte dennoch antreten. Sie könnte bei den Wahlen drittstärkste
       > Partei werden.
       
 (IMG) Bild: Wollen ihre Fahnen auch in Brüssel schwenken: Anhänger der „Goldenen Morgenröte“.
       
       ATHEN taz | Obwohl gegen sämtliche Parteimitglieder juristische
       Ermittlungen laufen, kam die Entscheidung des obersten Gerichtshofs nicht
       überraschend. Die rechtsextreme Partei Goldene Morgenröte darf zur
       Europawahl am 25. Mai antreten. Das oberste Gericht in Athen erteilte ihr
       am Sonntag eine entsprechende Zulassung.
       
       Die griechische Partei wird seit Herbst 2013 als „kriminelle Vereinigung“
       strafrechtlich verfolgt, ihr Chef Nikolaos Michaloliakos, seine
       Stellvertreter und etliche Abgeordnete sitzen in Haft. Ein Parteiverbot ist
       in der griechischen Verfassung nicht vorgesehen. Nach der in Rechtsprechung
       und Lehre herrschenden Auffassung dürfen Kandidaten von der Wahl nur dann
       ausgeschlossen werden, wenn sie wegen eines Verbrechens rechtskräftig
       verurteilt wurden. Bei der Goldenen Morgenröte ist dies nicht der Fall.
       
       Erst seit September 2013 laufen Ermittlungen wegen „Bildung einer
       kriminellen Vereinigung“, nachdem Parteianhängern vorgeworfen wird, einen
       griechischen HipHop-Musiker und Linksaktivisten erstochen zu haben. Es war
       der vorläufige Höhepunkt einer Reihe von Gewalttaten gegen Ausländer,
       Andersdenkende und Journalisten. Zudem prüft derzeit die Steuerfahndung die
       Finanzierung der griechischen Neonazi-Partei.
       
       Insgesamt wird gegen 9 der 18 rechtsextremen Volksvertreter ermittelt.
       Dennoch: Zwei Wochen vor der Europawahl liegt die Goldene Morgenröte laut
       Umfragen mit circa 7 bis 9 Prozent der Stimmen in der Gunst der Wähler
       deutlich vor den mitregierenden Sozialisten und dürfte als drittstärkste
       politische Kraft im Land mindestens einen Abgeordneten nach Brüssel
       schicken.
       
       ## „Geheime Umfragen“
       
       Einen Stimmenzuwachs wollen die Rechtsextremen auch bei den griechischen
       Kommunal- und Regionalwahlen erzielen, die nur eine Woche vor der
       Europawahl stattfinden. Ihr oberstes Ziel: In der Hauptstadt Athen soll
       Parteisprecher Ilias Kasidiaris den amtierenden Bürgermeister Giorgos
       Kaminis ablösen. Nach jüngsten Umfragen liegt der Kandidat der Goldenen
       Morgenröte bei 12 Prozent. Dieses Ergebnis dürfte nicht einmal für den
       Einzug in die zweite Runde reichen; doch Kasidiaris selbst beruft sich auf
       „geheime Umfragen“, wonach sein Wahlsieg so gut wie sicher sei.
       
       Auf die Teilnahme der Goldenen Morgenröte bei den anstehenden Wahlen
       reagieren so manche Politiker mit einem „Boykott“ der Rechtsextremen.
       Jüngstes Beispiel: In der zweitgrößten griechischen Stadt Thessaloniki
       verließ Bürgermeister Jannis Boutaris am Sonntagabend das lokale
       Hörfunkstudio, nachdem er feststellte, dass ein Kandidat der Morgenröte bei
       einer Debatte mit von der Partie war. Seinem Beispiel folgte der
       Linkspolitiker Triantafyllos Mitafidis. „Das Nazitum ist nicht eine
       Weltanschauung wie jede andere, sondern ein Verbrechen gegen die
       Menschlichkeit. Unsere jüdischen Mitbürger würden sich im Grab umdrehen“,
       erklärte Mitafidis im Hinblick auf die deutsche Verschleppung der Juden aus
       Thessaloniki.
       
       Die Goldene Morgenröte wurde bereits 1993 von dem rechtsradikalen Politiker
       Nikos Michaloliakos gegründet. Bis zum Ausbruch der Schuldenkrise hatte er
       kaum politischen Erfolg. Erst bei den Kommunalwahlen 2009 erhielt
       Michaloliakos 5,3 Prozent der Stimmen und zog erstmals in den Athener
       Stadtrat ein. Gleich am ersten Tag seiner Amtszeit provozierte er seine
       neuen Kollegen mit dem Hitlergruß.
       
       12 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jannis Papadimitriou
       
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