# taz.de -- Gutachten der Bundesregierung: GroKo verteidigt Herdprämie
       
       > Die Bundesregierung hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das
       > Betreuungsgeld – selbst der sozialdemokratische Partner nicht.
       
 (IMG) Bild: Wer die Kinder zu Hause lässt, wird belohnt – sagen die Kritiker
       
       FREIBURG taz | Die Bundesregierung hält das Betreuungsgeld für
       verfassungskonform. Der Bund habe das Gesetz erlassen dürfen, Grundrechte
       seien nicht verletzt, heißt es in einer 84-seitigen Stellungnahme für das
       Bundesverfassungsgericht, die der taz vorliegt.
       
       Die Stellungnahme ist pikant, weil das Betreuungsgeld vor Bildung der
       großen Koalition ein heftiger Streitpunkt zwischen CDU/CSU und SPD gewesen
       war. Vor allem die CSU hatte diese Sozialleistung für traditionelle
       Familien durchgesetzt – als Ausgleich für die staatliche Förderung für den
       Ausbau der Kitas.
       
       Dagegen hatte die SPD in ihrem Wahlprogramm die Abschaffung des
       Betreuungsgeldes gefordert, weil das Geld – zwei Milliarden Euro pro Jahr –
       traditionelle Rollenmuster fördere und für die Kitas fehle. Die
       Stellungnahme der Bundesregierung hat nun federführend die
       SPD-Familienministerin Manuela Schwesig betreut, eigentlich eine Gegnerin
       des Betreuungsgeldes.
       
       Seit August 2013 erhalten Eltern für Kinder, die keine öffentliche Kita
       besuchen, monatlich 100 Euro. Im August 2014 wird die Leistung auf 150 Euro
       pro Monat erhöht. Hiergegen klagte im Februar 2013 das SPD-regierte
       Bundesland Hamburg. Das Land kritisiert vor allem, dass der Bund für das
       Gesetz gar nicht zuständig gewesen wäre.
       
       Das hat die Bundesregierung in einer vom Kölner Rechtsprofessor Michael
       Sachs formulierten Stellungnahme nun zurückgewiesen. Das Betreuungsgeld sei
       eine Maßnahme der „öffentlichen Fürsorge“ und dafür sei der Bund
       grundsätzlich zuständig. Darunter fielen nicht nur Leistungen in akuten
       Notsituationen. Vielmehr seien Familien mit kleinen Kindern generell
       „hilfs- und unterstützungsbedürfig“.
       
       ## Je 888 Euro für Kita-Kinder
       
       Ein Bundesgesetz sei auch zur Wahrung einheitlicher Lebensbedingungen
       „erforderlich“. Dabei stellte die Bundesregierung allerdings vor allem auf
       ihr „Gesamtkonzept“ ab. Schon 2008 habe man im Kinderförderungsgesetz
       sowohl einen bundesweiten Ausbau von Kitas beschlossen als auch die
       Einführung des Betreuungsgeldes angekündigt.
       
       Interessant sind die Ausführungen zum Anspruch der Eltern auf
       Gleichbehandlung. Auch nach Ansicht der groß-koalitionären Bundesregierung
       werden beim Betreuungsgeld Eltern, die ihr Kind zu Hause betreuen, nicht
       bevorzugt. Während diese maximal 150 Euro monatlich erhielten, wende der
       Staat umgerechnet 888 Euro pro Monat für ein Kind in einer
       Betreuungseinrichtung auf.
       
       Das Betreuungsgeld solle auch nicht auf Eltern einwirken, damit diese
       entgegen ihrer Intention zur häuslichen Erziehung übergehen. Dazu sei die
       gezahlte Summe „schon in der Höhe nicht ausreichend“, heißt es in dem
       Schriftsatz. Stattdessen wird mehrfach die Wahlfreiheit der Eltern betont.
       
       Dass die Stellungnahme von einer SPD-Ministerin vorbereitet wurde, wird vor
       allem an zwei Stellen deutlich. So wird ausdrücklich betont, „dass mit
       dieser Stellungnahme keine politischen Aussagen zum Betreuungsgeld
       getroffen werden“. Es gehe nur um verfassungsrechtliche Fragen.
       
       Außerdem schweigt die Bundesregierung zum Hamburger Vorwurf, das
       Betreuungsgeld verstärke traditionelle Rollenbilder, weil vor allem Frauen
       die häusliche Erziehung übernähmen und dafür aus dem Berufsleben
       ausschieden. Diesem – auch rechtlich relevanten – Vorwurf wollte Schwesig
       offensichtlich nicht entgegentreten.
       
       Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird vermutlich im kommenden
       Jahr fallen.
       
       16 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwarz-rote Koalition
 (DIR) Betreuungsgeld
 (DIR) Herdprämie
 (DIR) Kinderbetreuung
 (DIR) Betreuungsgeld
 (DIR) Familie
 (DIR) Kitas
 (DIR) Kinder
 (DIR) Betreuungsgeld
 (DIR) Betreuungsgeld
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar Familienpolitik-Studie: Betreuungsgeld spaltet
       
       Eine Studie zeigt, dass die „Herdprämie“ Ungerechtigkeit verstärkt. Und sie
       zeigt, wie Fakten von politischen Parteien im eigenen Sinne ausgelegt
       werden.
       
 (DIR) Familienpolitik in Deutschland: Herdprämie macht dumm
       
       Kinder entwickeln sich dann am besten, wenn sie in ihrem ersten Lebensjahr
       zu Hause betreut werden. Erst danach sollten sie in die Kita gehen.
       
 (DIR) Betreuungsgeld für Eltern: Im Westen zu Hause
       
       Das Betreuungsgeld beziehen Eltern vor allem in Bayern, Baden-Württemberg
       und NRW. Kein Wunder: Dort mangelt es seit Jahren an Kita-Plätzen.
       
 (DIR) Nachfrage nach Betreuungsgeld: Keinen Bock auf Herdprämie
       
       Eltern bleiben nicht zu Hause: Das Betreuungsgeld vom Bund ist weit weniger
       beliebt, als gedacht. Einen Kita-Platz finden offenbar viele – die Klagen
       bleiben bisher aus.
       
 (DIR) Hamburg-SPD gegen Betreuungsgeld: GroKo? Uns doch egal!
       
       Der Hamburger Senat hält das Betreuungsgeld nach wie vor für
       verfassungswidrig und will klagen. Obwohl die Bundes-SPD mit der CDU
       koaliert.
       
 (DIR) Umfrage zum Betreuungsgeld: NRW schlägt Bayern
       
       Im Westen Deutschlands kommt die Herdprämie der Bundesregierung gut an. Im
       Osten ist das Betreuungsgeld dagegen weniger nachgefragt.