# taz.de -- Abstimmungsregeln zur Europawahl: Bis 23 Uhr gibt’s nur Prognosen
       
       > Briten und Niederländer wählen schon, der Rest folgt am Wochenende. Doch
       > echte Ergebnisse gibt es erst Sonntagabend, Prognosen schon früher.
       
 (IMG) Bild: Durfte schon wählen: Mark Rutte, Premierminister der Niederlande
       
       BERLIN taz | Warum wählen die EU-Länder an unterschiedlichen Wochentagen?
       Ausschließlich aus Gründen nationaler Traditionen. Briten stimmen immer am
       Donnerstag ab, für ihre kommunalen Parlamente wie für das Unterhaus. Ebenso
       die Niederländer. In Deutschland und den meisten anderen Mitgliedsstaaten
       der Europäischen Union wird gewohnheitsmäßig sonntags gewählt, weil die
       Wähler an diesem Tag am meisten Zeit haben und weil sie früher (nicht nur
       hierzulande) noch von Priestern und Pastoren auf die Wahl der richtigen
       Partei eingeschworen werden mussten.
       
       Wann auch immer in welchem der 28 Länder votiert wird, Ergebnisse jedoch
       dürfen EU-weit erst am späten Sonntagabend von 23 Uhr an veröffentlicht
       werden. Dann erst werden die allerletzten Wahllokale geschlossen haben,
       etwa in Italien. Am Sonntag um 14 Uhr ist Wahlschluss in Luxemburg.
       
       Zwischen List auf Sylt und Lindau, Görlitz und Saarbrücken wird der
       Wahlgang um 18 Uhr beendet – in Deutschland ist dies so Sitte. Nach den
       EU-Regeln dürfen die Wahlergebnisse erst eine Stunde vor Mitternacht
       veröffentlicht werden, sonst könnten Wähler in anderen EU-Länder
       beeinflusst werden.
       
       Die Regelung ist allerdings eine weiche, denn erste Wahltagsbefragungen
       („Exit Polls“) werden aus den Niederlanden und anderen Staaten, die am
       Freitag und Samstag wählen, viel früher erwartet. Sie werden von
       Wahlforschungsinstituten veröffentlicht, welche die Wähler nach der
       Stimmabgabe befragen. Ein Sprecher der Europäischen Kommission in Berlin
       findet: „Wenn man da ganz katholisch ist, müsste man die Prognosen
       verbieten.“
       
       Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen, die für das ZDF regelmäßig
       Wahlanalysen fertigt, findet es ohnehin nicht problematisch, mit
       Befragungsergebnissen aufzuwarten, selbst wenn noch in manchen Ländern
       gewählt wird: „Meiner Meinung nach kann man den Einfluss von Prognosen
       vernachlässigen.“ Er sieht keinen Grund, warum deutsche Wähler ihre
       Wahlentscheidung von der Innenpolitik in Großbritannien oder den
       Niederlanden abhängig machen sollten.
       
       ## Nah am Ergebnis
       
       Tatsache andererseits ist, dass die Wahltagsinterviews in der Regel sehr
       nah an den tatsächlichen Ergebnissen liegen. Insofern könnten deren Befunde
       beeinflussen: „Ich halte eine europaweite Regulierung von
       Wahltagsbefragungen für durchaus sinnvoll“, sagt in diesem Sinne Norbert
       Kersting, Professor für Lokal- und Regionalpolitik an der Uni Münster.
       
       Christina Gathmann, Professorin für Arbeitsökonomie und Neue Politische
       Ökonomik an der Uni Heidelberg, pflichtet ihm bei: „Es kann schon zu einem
       strategischen Wählerverhalten kommen.“ So könnten beispielsweise die spät
       zur Wahl gehenden BürgerInnen auf besonders starke Wahlergebnisse der
       rechten Parteien in anderen Ländern reagieren, indem sie mehr proeuropäisch
       wählten.
       
       Sowohl in England als auch in den Niederlanden, also in jenen Ländern, die
       früh die EU-Wahl abgeschlossen haben werden, wird mit einem starken
       Abschneiden der rechtspopulistischen Parteien gerechnet. Insgesamt wird das
       neue Parlament 751 Abgeordnete haben; erwartet wird eine starke
       Verbesserung von Wahlergebnissen EU-ablehnender Parteien.
       
       22 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Annika Waymann
       
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