# taz.de -- Glenn Greenwald über NSA: „Mir droht Strafe wegen Spionage“
       
       > Glenn Greenwald will dem Bundestag keine Snowden-Dokumente geben. Auch
       > bei der Zusammenarbeit mit Medien will er die Kontrolle behalten.
       
 (IMG) Bild: Wer hört mit? Glenn Greenwald.
       
       taz: Herr Greenwald, Sie verfügen über alle Dokumente, die Ed Snowden bei
       der NSA kopierte. Würden Sie diese dem NSA-Untersuchungsausschuss des
       Deutschen Bundestags zur Verfügung stellen? 
       
       Glenn Greenwald: Nein.
       
       Auch nicht die Dokumente, die Deutschland betreffen? 
       
       Nein. Wenn ich amerikanische Topsecret-Dokumente an die Regierung eines
       anderen Staates weitergebe, dann droht mir in den USA Strafverfolgung wegen
       Spionage. Außerdem ist es auch nicht meine Aufgabe als Journalist,
       Regierungen zu helfen.
       
       Haben Sie diese Frage schon mit Ed Snowden diskutiert? 
       
       Nein. Aber wenn Snowden gewollt hätte, dass andere Regierungen die
       Dokumente nützen können, hätte er sie ihnen gegeben. Stattdessen hat er sie
       mir und Laura Poitras anvertraut, damit wir journalistisch damit arbeiten.
       
       Hat Snowden gewusst, dass Angela Merkel und andere Staatschefs von der NSA
       überwacht wurden? 
       
       Da er jedes Dokument, das er uns gab, vorher gelesen hat, muss er davon
       gewusst haben.
       
       Hat er das explizit gesagt? 
       
       Nein. Dass die NSA andere Staaten ausspioniert, war nicht sehr weit oben
       auf der Liste der Dinge, die ihn stören. Er war vor allem empört über die
       unterschiedslose Massenüberwachung. Und mir geht es genauso.
       
       Warum wurde die Nachricht über das überwachte Merkel-Handy erst vier Wochen
       nach der Bundestagswahl publiziert? 
       
       Das müssen Sie diejenigen fragen, die das veröffentlicht haben. Ich habe
       die Berichterstattung über Deutschland weitgehend Laura Poitras und dem
       Spiegel überlassen. Aber allgemein kann ich sagen, dass die Arbeit mit
       Snowdens Dokumenten äußerst kompliziert und aufwändig ist. Laura und ich
       haben Tag und Nacht gearbeitet, um die Informationen möglichst schnell zu
       veröffentlichen.
       
       Warum haben Sie kein großes journalistisches Team gebildet, um die
       Unterlagen möglichst schnell aufzuarbeiten? War es sinnvoll, dass Sie und
       Laura Poitras eine Art Monopol auf die Dokumente behielten? 
       
       Wir hatten und haben kein Monopol. Der Guardian, die Washington Post und
       die New York Times haben Zehntausende Dokumente aus Snowdens Archiven. Mehr
       als ein Dutzend Medien weltweit hatten Zugang zu den Dokumenten. Laura und
       ich waren uns von Anfang an einig, dass über Vorgänge, die bestimmte Länder
       betreffen, jeweils Medien vor Ort berichten sollten, die die Verhältnisse
       dort gut kennen.
       
       Aber Sie kontrollieren den Zugang streng. Warum? 
       
       Wenn Medien etwas veröffentlichen, das nicht veröffentlicht werden soll,
       dann zerstört das die Reputation von Edward Snowden und auch meine.
       Außerdem können wir nicht einfach Zehntausende amerikanische
       Topsecret-Dokumente an ausländische Medien weitergeben. Es bestünde die
       Gefahr, dass die US-Regierung uns nicht mehr als Journalisten ansehen
       würde, sondern als Informationsverteiler. Wir könnten so den
       verfassungsrechtlichen Schutz der Pressefreiheit verlieren und der Spionage
       beschuldigt werden.
       
       Was bedeutet es, wenn der Spiegel schreibt, er habe Dokumente aus dem
       Fundus von Snowden „einsehen“ können? 
       
       Laura hat auch dem Spiegel nicht einfach das ganze Snowden-Archiv gegeben,
       sondern mit ihm einzelne Dokumente gemeinsam genutzt, von denen sie fand,
       dass darüber in Deutschland berichtet werden sollte.
       
       Warum wurde der Spiegel ausgewählt und nicht zum Beispiel die SZ oder ein
       öffentlich-rechtlicher Sender? 
       
       Dazu kann ich nichts sagen. Aber wir denken über das Problem nach, wie man
       die Berichterstattung beschleunigen kann, indem mehr Medien direkten Zugang
       zu den Dokumenten erhalten.
       
       Wie könnte das denn konkret aussehen? 
       
       Journalisten könnten kommen und die Dokumente ansehen. Sie würden uns dann
       sagen, über welche sie schreiben wollen, und wir könnten über die
       Bedingungen reden. So behielten wir die Kontrolle, und die Quelle Snowden
       wäre besser geschützt, als wenn wir die Dokumente jedem einfach zur
       Verfügung stellen.
       
       Wann werden Sie damit beginnen? 
       
       Noch ist nichts entschieden. Wir sprechen noch mit Anwälten und Technikern,
       was möglich ist.
       
       In Ihrem Buch „Die globale Überwachung“ finden sich immer wieder
       Schwärzungen, die laut einem Hinweis am Anfang des Buchs auf Verlangen der
       NSA erfolgten. Haben Sie die NSA kontaktiert oder umgekehrt? 
       
       In den USA ist die Veröffentlichung von Topsecret-Dokumenten eine schwere
       Straftat. Gleichzeitig schützt die amerikanische Verfassung die
       Pressefreiheit. Es ist aber noch nie ausgetestet worden, ob die
       Pressefreiheit Journalisten vor Strafverfolgung schützt, wenn sie
       Topsecret-Dokumente veröffentlichen. Deshalb raten die Anwälte in allen
       Medien, vor der Veröffentlichung solcher Dokumente die US-Regierung zu
       informieren, damit sie Argumente liefern kann, warum eine Veröffentlichung
       die nationale Sicherheit gefährden würde.
       
       Und das haben Sie dann auch so gemacht? 
       
       Das habe ich schon immer so gemacht. In 99,9 Prozent der Fälle hat die
       Regierung dann argumentiert, dass ich die Dokumente nicht veröffentlichen
       soll, weil Schaden für die nationale Sicherheit droht. Und in 99,9 Prozent
       der Fälle habe ich das nicht für überzeugend gehalten und die Sachen
       trotzdem veröffentlicht. So war das auch bei meinem neuen Buch. Die
       redaktionellen Bearbeitungen beziehen sich überwiegend auf Namen von
       NSA-Beschäftigten.
       
       Es gibt auch handfeste Informationen, die ersichtlich entfernt wurden, etwa
       wie viele Jahre ein bestimmtes NSA-Programm Daten speichern soll. Wer
       entschied über solche Auslassungen? 
       
       Teilweise beruhen sie auf direkten Vorgaben von Edward Snowden. In anderen
       Fällen habe ich das entschieden, weil Snowden mir aufgab, bestimmte
       Gefahren zu vermeiden.
       
       Warum kritisieren Sie andere Medien, die vor der Publikation geheimer
       Dokumente die US-Regierung fragen? 
       
       Ich kritisiere nicht, dass sie fragen, sondern dass sie dann häufig die
       Dokumente nicht veröffentlichen.
       
       27 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Glenn Greenwald
 (DIR) Edward Snowden
 (DIR) NSA
 (DIR) USA
 (DIR) Journalist
 (DIR) Whistleblower
 (DIR) Überwachungsstaat
 (DIR) Asyl
 (DIR) Edward Snowden
 (DIR) Edward Snowden
 (DIR) Edward Snowden
 (DIR) Glenn Greenwald
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
 (DIR) NSA
 (DIR) Edward Snowden
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Brasilien dementiert Snowden-Statement: Kein Asylantrag eingegangen
       
       Nach Angaben des brasilianischen Außenministeriums hat Edward Snowden noch
       keinen Antrag auf Asyl gestellt. Er hatte das zuvor in einem Interview
       behauptet.
       
 (DIR) Erstes Interview im US-Fernsehen: Snowden, der Top-Spion
       
       Edward Snowden, ein unwichtiger Systemadministrator? Dieser Darstellung hat
       der Whistleblower widersprochen. Er sei im Ausland mit einem Decknamen
       tätig gewesen.
       
 (DIR) Vorerst kein Ehrendoktor für Snowden: Rostocks Rektor stoppt Philosophen
       
       Edward Snowden bleibt die Ehrendoktorwürde der Ostsee-Uni vorerst versagt.
       Dessen oberster Akademiker mag den US-Whistleblower nicht auszeichnen.
       
 (DIR) Fragen und Antworten zum NSA-Buch: Ansichten eines Heldenjournalisten
       
       Edward Snowden wandte sich mit seinem Wissen an Journalist Glenn Greenwald,
       der darüber ein Buch schrieb. Spannend, aber ohne neue Erkenntnise.
       
 (DIR) Überwachung des Internets: Wenn FBI und Microsoft tüfteln
       
       „Prism ist nun in der Lage, Skype-Kommunikation zu sammeln“, zitiert Glenn
       Greenwald ein Schreiben der NSA. Und was weiß Skype davon?
       
 (DIR) NSA-Buch des Guardian-Journalisten: Bericht aus dem Reich des Bösen
       
       Die Story seines Lebens hat Glenn Greenwald über die Überwachung der NSA
       geschrieben, als Artikelserie und als Buch. Eine Rezension.
       
 (DIR) Neue Snowden-Enthüllungen: NSA hört die Bahamas ab
       
       Sämtliche Telefon-Gespräche auf den Bahamas wurden überwacht. Der Zugriff
       erfolgte unter dem Deckmantel der Drogenbekämpfung.
       
 (DIR) Ex-NSA-Chef William Binney über Deals: „Jeder benutzt Snowden“
       
       William Binney war technischer Direktor der NSA und soll vor dem
       Untersuchungsausschuss aussagen. Edward Snowden rät er, in Russland zu
       bleiben.