# taz.de -- Armutsbekämpfung in Bremen: Wer arm ist, muss warten
       
       > Die Opposition fragt, aber der Senat antwortet nicht: Bei der
       > Armutsbekämpfung hält sich Rot-Grün lieber bedeckt. Auskunft erst im
       > Herbst.
       
 (IMG) Bild: Klar ist, dass es Armut gibt, unklar, was Breme dagegen tut.
       
       Der rot-grüne Senat kann – oder will – derzeit nichts Konkretes über die
       Ergebnisse seiner jahrelangen Armutsbekämpfung sagen. Diesen Schluss
       jedenfalls legt eine Antwort der Landesregierung auf eine große Anfrage der
       Linken nahe. Die wiederum wollte wissen, was in den letzten fünf Jahren aus
       den 128 Maßnahmen geworden ist, die der Senat in seinem letzten, 2009
       veröffentlichten „Armuts- und Reichtumsbericht“ aufgelistet hat.
       
       Zwar räumt der Senat ein, dass sich die „Armutslebenslagen“ in Bremen in
       den letzten fünf Jahren „weiter verfestigt haben“, auch der Anteil derer,
       die „armutsgefährdet“ sind, weil sie weniger als 60 Prozent des
       Durchschnittseinkommens verdienen, stieg in den letzten Jahren – dabei
       steht Bremen hier sowohl im Großstadt- als auch im Ländervergleich
       überdurchschnittlich schlecht da, sehr viel genauer will der Senat aber
       nicht werden – denn nach der Sommerpause soll ein neuer Armuts- und
       Reichtumsbericht erscheinen. Und solange der nicht veröffentlicht ist, will
       die Landesregierung auch keine Auskunft zum Thema geben.
       
       Egal ob es um Langzeitarbeitslose oder um Kinder, um junge, alte oder
       behinderte Menschen, um MigrantInnen, Wohnungslose oder Alleinerziehende
       geht – auf kaum eine der 34 konkreten Fragen gibt’s eine Antwort. Nur beim
       pfändungsfreien Girokonto macht der Senat eine Ausnahme – aber für das
       sogenannte „P-Konto“, mit dem das Existenzminimum vor Gläubigern geschützt
       werden soll, ist der Bund zuständig. Es wurde 2012 eingeführt – in der
       Praxis wehren sich aber gerade Privatbanken immer wieder dagegen.
       
       Kristina Vogt, die Fraktionschefin der Linken, ist überzeugt: „Der Senat
       hätte Antworten geben können.“ Er wolle nur nicht, glaubt sie, weil dann
       herauskäme, dass die meisten der 2009 aufgeführten Maßnahmen „nicht
       umgesetzt“ wurden und eine „unverbindliche Wunschliste“ darstellten, so
       Vogt. Konkret wirft sie dem Senat etwa vor, „keine Initiative“ ergriffen zu
       haben, um Hartz-IV-EmpfängerInnen Mehrbedarfe oder Einmalleistungen zu
       gewähren.
       
       Bei der Förderung von sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung in
       besonders von Arbeitslosigkeit betroffenen Stadtteilen sei ebenfalls
       „nichts passiert“, so Vogt. Auch von der CDU kommt Kritik: „Nach wie vor
       geht Rot-Grün das Thema sehr zögerlich an“, sagt die Sozialpolitikerin
       Sigrid Grönert. Der Senat bleibe „völlig unkonkret“, Vorschläge der
       Opposition seien „viel zu lange“ nicht angenommen worden – spätestens im
       Herbst erwarte die CDU „aussagekräftigere Informationen“, so Grönert.
       
       Susanne Wendland, die sozialpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion,
       findet es „nicht so schlimm“, wenn der Senat zur Bilanz der
       Armutsbekämpfung erst im Herbst Auskunft geben will – „es geht ja nur um
       ein paar Monate“. Sie räumt aber ein, dass SPD und Grüne die selbst
       gesteckten Ziele „bisher nicht erreicht“ hätten. Beide Parteien müssten
       „den Mut aufbringen“, das bisherige Regierungshandeln „sehr kritisch auf
       den Prüfstand zu stellen“.
       
       Zwar sieht sie Erfolge etwa bei der Vermittlung von Wohnungslosen oder bei
       der Schuldnerberatung, Defizite gebe es aber bei der Förderung von
       Langzeitarbeitslosen oder Alleinerziehenden. So ist die Hälfte aller
       alleinerziehenden BremerInnen auf Grundsicherung angewiesen, zwei Drittel
       haben keine abgeschlossene Berufsausbildung. Das ist, stellte die
       Arbeitnehmerkammer kürzlich fest, bundesweit die schlechteste Quote.
       
       Hintergrund der Anfrage ist der neue Armutsausschuss der Bürgerschaft. Da,
       sagt Vogt, sei schon jetzt klar: Der Senat werde sich auf Maßnahmen
       konzentrieren, die die Armut „bestenfalls erträglicher“ machten.
       
       12 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Zier
       
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