# taz.de -- Verfassungsschutz: Geheimdienst stellt Gericht kalt
       
       > Im Streit um die Bespitzelung des Journalisten Kai Budler sollen
       > Lüneburger Richter entscheiden, was ihre Kollegen in Hannover erfahren
       > dürfen.
       
 (IMG) Bild: 14 Jahre lang überwachte der Verfassungsschutz Niedersachsen den Journalisten Kai Budler
       
       HANNOVER taz | Der kafkaeske Rechtsstreit um die Bespitzelung des
       Journalisten Kai Budler geht in die nächste Runde: Auf Antrag des
       Verwaltungsgerichts Hannover soll die nächsthöhere Instanz in Lüneburg
       entscheiden, ob der niedersächsische Verfassungsschutz dem Gericht
       überhaupt mitteilen muss, warum der Ex-Mitarbeiter des Stadt-Radios
       Göttingen vom Geheimdienst beobachtet wurde – und was bis heute alles über
       ihn gespeichert wird.
       
       Budler hatte nach dem von der taz aufgedeckten Handygate in Sachsen bei
       Polizei und Verfassungsschutz nachgefragt, ob er in die Rasterfahndung
       geraten ist: Schließlich wurden bei einem Nazi-Aufmarsch in Dresden 2011
       wahllos Daten von Demonstranten mitgeschnitten, darunter auch Anwälte,
       Politiker und Journalisten.
       
       Der niedersächsische Verfassungsschutz bejahte – und offenbarte Abstruses:
       14 Jahre lang wurde Budler ohne sein Wissen überwacht. Penibel hatten die
       Beamten notiert, warum sie ihn für einen gefährlichen Linksextremisten
       halten: So soll Budler nach Fukushima an einer Anti-Atom-Demo teilgenommen
       haben. „Ich war da – aber als Journalist“, sagt der 46-Jährige. Gleiches
       gelte auch für einen Nazi-Aufmarsch in Jena.
       
       Auslöser der Bespitzelung könnte eine Durchsuchung des Bildungswerks
       „Arbeit und Leben“ 1997 gewesen sein: Dort soll sich die linksgerichtete
       Redaktion der Göttinger Drucksache getroffen haben. „Aus Mangel an Beweisen
       eingestellt“, sagt der Journalist dazu.
       
       Diese und drei weitere Vorwürfe musste der Verfassungsschutz auf Anweisung
       des Verwaltungsgerichts Göttingen bereits löschen. Doch die Geheimen haben
       weitere Daten über Budler – die per „Sperrvermerk“ auch geheim bleiben
       sollen. „Offensichtlich soll eine Quelle geschützt werden“, so sein Anwalt
       Sven Adam zur taz. Der Jurist will in Hannover feststellen lassen, dass die
       gesamte Überwachung des Radiomanns rechtswidrig war. Doch die Richter
       können nicht entscheiden – sie wissen ebenso wenig wie Budler, was gegen
       ihn vorliegen soll.
       
       Abhilfe schaffen soll jetzt ein sogenanntes „In Camera“-Verfahren vor dem
       Oberverwaltungsgericht Lüneburg: Immerhin dort sollen Richter erfahren, was
       der Verfassungsschutz Budler überhaupt vorwirft. Anwalt Adam rechnet aber
       nicht damit, dass die Daten öffentlich werden: „Bisher hat auch das
       Bundesverwaltungsgericht den Quellenschutz immer höher bewertet als die
       Informationsfreiheit der Bürger.“
       
       In Hannover könnten die Richter damit erneut ohne jegliche Information
       dastehen. Budlers Anwalt glaubt trotzdem an die Rehabilitierung seines
       Mandanten, der mittlerweile auch für die Bundestagsabgeordnete Martina
       Renner arbeitet. Er verweist auf den Fall des Ossietzky-Mitherausgebers
       Rolf Gössner: Der war ohne Angabe von Gründen 38 Jahre vom Bundesamt für
       Verfassungsschutz beobachtet worden – unrechtmäßig, wie das
       Verwaltungsgericht Köln befand. „Irgendeine Begründung“, sagt Anwalt Adam,
       „sollte der Geheimdienst liefern können.“
       
       26 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Wyputta
       
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