# taz.de -- Berlins SPD eröffnet den Wahlkampf: Mitglieder dürfen abstimmen
       
       > Die Partei will im Herbst mit der Arbeit am Wahlprogramm für 2016
       > beginnen. Noch in dieser Legislatur will sie verbieten, Miet- in
       > Eigentumswohnungen umzuwandeln.
       
 (IMG) Bild: Freut sich offenbar auf den Wahlkampf: Berlins SPD-Chef Jan Stöß.
       
       Mehr als die Hälfte dieser Legislaturperiode ist vorbei, und die SPD
       überlegt, wie sie ihre Bilanz der rot-schwarzen Koalition retten kann.
       Schließlich sind die beiden prestigeträchtigsten Großprojekte – die
       Eröffnung des BER und der Startschuss für eine neue Zentral- und
       Landesbibliothek – nicht mehr bis 2016 realisierbar. Und der angestrebte
       Wohnungsbauboom hat durch die Schlappe beim Tempelhof-Volksentscheid einen
       herben Dämpfer bekommen. Am Sonnabend hat sich der geschäftsführende
       Landesvorstand – dazu gehören fast alle Berliner Sozialdemokraten in
       wichtigen Positionen – deswegen entschieden, sich intensivst des Wachstums
       der Stadt anzunehmen. Und daraus noch mehr zu machen.
       
       ## Der CDU gefällt das
       
       Das neue Lieblingskind von SPD-Landeschef Jan Stöß ist ein „Wachstumsfonds
       für Berlin“. Dort hinein soll künftig gut die Hälfte des
       Haushaltsüberschusses fließen, Stöß hofft auf mindestens eine Milliarde
       Euro in den nächsten vier Jahren. Vor allem die Bezirke sollen daraus Geld
       beantragen können und Projekte finanzieren, die der Stadt zugutekommen.
       Bereits in der Senatsklausur am Mittwoch wolle man Details klären; die CDU
       unterstütze das Projekt.
       
       Hintergrund ist die Bevölkerungsentwicklung. Bisher geht der Senat davon
       aus, dass die Stadt bis 2030 um rund 250.000 Menschen wächst. Allein in den
       vergangenen drei Jahren seien laut Stöß aber schon 150.000 Menschen nach
       Berlin gezogen. Darauf müsse die Politik reagieren, wolle man nicht das
       Wachstum selbst gefährden.
       
       Stöß’ altes Lieblingskind ist die Personalentwicklung im öffentlichen
       Dienst. Bisher ist im Koalitionsvertrag festgelegt, dass 100.000 Stellen in
       der Verwaltung erhalten bleiben. Das seien zu wenige, hatte Stöß bereits
       auf dem Landesparteitag Mitte Mai erklärt und damit, wenig überraschend,
       euphorischen Beifall geerntet.
       
       Am Sonntag kündigte der Landeschef an, dass diese Stellenobergrenze
       „bereits im laufenden Haushaltsvollzug“ an die veränderten Bedingungen der
       wachsenden Stadt angepasst werden müssten. Auf eine neue Obergrenze wollte
       sich Stöß freilich nicht festlegen. Auch hier sei die Unterstützung der CDU
       wohl sicher. Fraktionschef Raed Saleh, Stöß’ innerparteilicher Rivale und
       ebenfalls bei der Klausurtagung anwesend, hätte solche Vorschläge wohl als
       „Sommer der Entscheidungen“ verkauft.
       
       Nicht bei der Klausur dabei war Finanzsenator Ulrich Nußbaum (von der SPD
       aufgestellt, aber ohne Parteibuch). Dennoch geht Stöß davon aus, dass der
       Senator mit den ihn betreffenden Plänen umzugehen weiß. Nußbaums Sprecherin
       Kathrin Bierwirth reagierte denn auch entspannt, als sie von den
       Ergebnissen erfuhr. So gebe es einen ähnlichen Wachstumsfonds im Finanzplan
       des Senats bereits, aber er heiße dort anders, sagte Bierwirth am Sonntag
       der taz.
       
       Auch die erneute Ankündigung der SPD, den öffentlichen Dienst aufzustocken,
       stieß bei ihr kaum auf Kritik: Es gehe darum, „die Verwaltung effizienter
       zu machen“ – in Bereichen, „wo wichtige Aufgaben mehr Personal erfordern,
       wie bei Schulen, Kitas, Polizei oder Feuerwehr“. Auf dem SPD-Parteitag noch
       hat Nußbaum über Stöß’ Ankündigung den Kopf geschüttelt.
       
       Dass die SPD nach dem Schlagabtausch zwischen Nußbaum und Justizsenator
       Thomas Heilmann (CDU) vergangene Woche und der Koalitionskrise nun
       harmoniesüchtig geworden ist, soll Stöß offenbar auch niemand nachsagen
       können. Zwar erklärte er, dass die heftigen Angriffe der CDU beim Parteitag
       am Freitag (siehe Text links) bei der SPD-Klausur „kein Thema gewesen“
       seien. Stöß mahnte aber, dass die Koalition jetzt „nicht zweieinhalb Jahre
       Wahlkampf“ gegeneinander machen könne.
       
       Gleichzeitig kündigte er an, dass nach der Sommerpause erste
       Mitgliederforen für das SPD-Wahlprogramm 2016 stattfinden, im September
       2015 soll ein Mitgliederentscheid darüber durchgeführt werden.
       
       Und Stöß betonte, dass sich die SPD nun doch massiv für ein komplettes
       Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen in den als
       Milieuschutzgebieten ausgewiesenen Kiezen einsetzen will. Die Umwandlung
       sei ein „Brandbeschleuniger“ der Gentrifizierung. Will sie das umsetzen,
       wird es Krach geben: Die CDU hat ein solches Verbot bisher abgelehnt.
       
       30 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bert Schulz
       
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