# taz.de -- Kommentar Flüchtlinge in Schule: Politische Lehrstunde in Kreuzberg
       
       > Die Polizei stellt dem Bezirk ein Ultimatum, das ihm keine Wahl lässt.
       > Die Probleme der Flüchtlinge auf dem Dach sind damit noch lange nicht
       > gelöst.
       
 (IMG) Bild: Diese Absperrung in der Ohlauer Straße haben Anwohner am Montag gemeinsam überklettert.
       
       Frank Henkel kann sich einen entspannten Fußballabend gönnen. Das
       desaströse Krisenmanagement der Kreuzberger Bezirksregierung lässt ihn in
       einer bequemen Win-win-Situation zurück.
       
       Das Ultimatum der Polizeiführung an die Bürgermeisterin Monika Herrmann
       schiebt die gesamte Verantwortung für die Situation in der besetzten Schule
       an den Bezirk. Würde der um die Räumung bitten, wäre nicht nur der
       politische Suizid der Grünen in Kreuzberg vollendet, es wären, [1][wie
       Herrmann ganz richtig erkennt,] Menschenleben in Gefahr.
       
       So hat sie keine andere Wahl und kann nur wiederholen, dass der Bezirk
       keine Räumung wünsche. Henkel hat die Bürgermeisterin perfekt an die Wand
       gespielt. Alle nachfolgenden Probleme im Kiez, werden ganz allein ihr
       zugeschoben werden, und sollte es ernster werden, steht es dem Innensenator
       als Chef der Polizei natürlich frei trotzdem einzugreifen, die Situation zu
       retten gewissermaßen.
       
       Das alles hilft den Flüchtlingen aber nur bedingt. Die politische Zukunft
       einer grünen Politikerin kann ihnen herzlich egal sein. Sicher, die
       Aufhebung des Sperrgebietes würde eine unglaubliche Entlastung für diese
       Menschen sein, die seit einer Woche unter widrigsten Bedingungen ausharren.
       
       ## Unerfüllte Forderungen
       
       Ihre Kernforderung, die Einhaltung bereits gemachter Zusagen und ein
       Aufenthaltsrecht nach Paragraf 23 liegen aber immer noch in weiter Ferne.
       Denn auch hier hat der Innensenator, als Dienstherr der Ausländerbehörde,
       die Hand drauf. Dass er ein Einsehen haben könnte, ist praktisch
       ausgeschlossen. Wenn Henkel das Dilemma der Monika Herrmann schon genießt:
       Das Schicksal der Flüchtlinge ist ihm schlicht gleichgültig.
       
       Darin liegt auch die Stärke seiner Position. Ohne den Ballast von Moral und
       Menschlichkeit lässt sich die politische Mechanik eben recht unaufgeregt
       bedienen. In diesem Kiez erreicht die CDU ohnehin [2][grade mal die
       5-Prozent-Hürde], Anwohnerproteste brauchen sie also nicht scheren. Die
       Kernwählerschaft der Partei im Rest der Stadt hingegen wird den Umgang mit
       den Flüchtlingen wohl eher als resolut und angemessen empfinden.
       
       Viel schlimmer trifft es eben Monika Herrmann, deren Grüne 2009 hier von
       über 40 Prozent der WählerInnen das Vertrauen erhielten. Nicht Henkel,
       sondern genau dieses Milieu hat seiner Bürgermeisterin heute auch das
       tatsächliche Schachmatt gezeigt, als rund 50 AnwohnerInnen nach einer
       Versammlung unter freiem Himmel die Einlasskontrolle zur Ohlauer Straße
       einfach ignorierten, die Absperrungen überstiegen und in der Sperrzone,
       ihrem Zuhause, eine Spontandemo abhielten.
       
       Ihre Solidarität mit den Flüchtlingen und der empörte Protest gegen den
       Belagerungszustand in Kreuzberg ist genau die Art von Politik, die
       Menschlichkeit zeigt. Sie ist ein würdiger Gruß auf das Dach der
       Gerhart-Hauptmann-Schule. Auf solche Formen öffentlicher Meinungsäußerungen
       müssten die Grünen eigentlich stolz sein. Zumindest lernen könnten, sollten
       sie davon. [3][Von Frank Henkel] braucht man das nicht zu erwarten,
       schließlich fühlt er sich wohl als Gewinner des Tages – über Monika
       Herrmann und en passant auch über die Flüchtlinge in der Ohlauer Straße.
       
       30 Jun 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Kreuzberger-Hauptmann-Schule/!141484/
 (DIR) [2] http://www.wahlen-berlin.de/wahlen/BE2011/ErgebWahllokale/wahlbezirke-ergebnis.asp?sel1=1252&sel2=0667
 (DIR) [3] /Ein-Fluechtling-in-Berlin/!141457/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniél Kretschmar
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Flüchtlinge
 (DIR) Frank Henkel
 (DIR) Monika Herrmann
 (DIR) Kreuzberg
 (DIR) Gerhart-Hauptmann-Schule
 (DIR) Flüchtlinge
 (DIR) Flüchtlinge
 (DIR) Gerhart-Hauptmann-Schule
 (DIR) Flüchtlinge
 (DIR) Berlin
 (DIR) Flüchtlinge
 (DIR) Berlin
 (DIR) Refugees
 (DIR) Gerhart-Hauptmann-Schule
 (DIR) Frank Henkel
 (DIR) Berlin-Kreuzberg
 (DIR) Flüchtlinge
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar besetzte Schule: Unterstützer machen es sich leicht
       
       Man kann die Grünen für ihr Auftreten im Konflikt um die Flüchtlinge
       kritisieren. Doch die Empörung der Unterstützer kommt zu spät.
       
 (DIR) Berliner Grüne und Flüchtlinge: Zwischen den Fronten
       
       Die Grünen sind sonst immer auf der Seite der Flüchtlinge. Nun gehen sie
       gegen die Besetzer der Berliner Schule vor. Die Partei kann nur verlieren.
       
 (DIR) Berlin-Kreuzberg blockiert: Vier Platzhalter für eine Pinkelpause
       
       An den Sperren rund um die von Flüchtlingen besetzte Schule in Berlin
       fanden am Dienstag Sitzblockaden statt. Eindrücke von vor Ort.
       
 (DIR) Flüchtlinge in Berliner Schule: Grüne lassen räumen
       
       900 Polizisten sperren die Straßen um die Schule in der Ohlauer Straße ab.
       Nun will das Bezirksamt räumen lassen. Eine verfahrene Situation.
       
 (DIR) Flüchtling in besetzter Berliner Schule: Nichts zu verlieren
       
       Ahmad al-Nour hat die Ernsthaftigkeit der Verzweifelten. Aus dem Sudan
       geflohen, harrt er auf dem Dach der Schule aus, um ein Bleiberecht zu
       erhalten.
       
 (DIR) Besetzte Schule in Berlin-Kreuzberg: Protest gegen Flüchtlingspolitik
       
       1.500 demonstrieren in Berlin aus Solidarität mit den Flüchtlingen in der
       Schule. Vor den Polizeisperren kommt es zu Auseinandersetzungen.
       
 (DIR) Besetzte Schule in Berlin-Kreuzberg: Kommt jetzt doch die Räumung?
       
       Die Polizei hatte dem Bezirksamt in Berlin ein Ultimatum gestellt, bevor
       sie aus Kreuzberg abzieht. Nun will das Amt die Flüchtlinge wohl doch
       räumen lassen.
       
 (DIR) Kreuzberger Hauptmann-Schule: Polizei beendet Besetzung
       
       Eine Woche lang hat die Polizei den Kiez um die Ohlauer Straße besetzt.
       Jetzt zieht sie ab - weil der Bezirk keine Räumung der Flüchtlinge will.
       
 (DIR) Hauptmann-Schule: Polizeipräsident stellt Ultimatum
       
       Klaus Kandt fordert Bürgermeisterin Herrmann auf, eine Lösung für den
       Konflikt in der Schule zu präsentieren. Sonst werde man die Sperren am
       Dienstag abbauen.
       
 (DIR) Ein Flüchtling in Berlin: Das Drama des Frank H.
       
       Das Schicksal von Frank H. beweist, dass Flüchtlinge zu wertvollen
       Mitgliedern der Gesellschaft werden können, wenn sich die Politik offen für
       sie zeigt.
       
 (DIR) Debatte Flüchtlingspolitik: Schlechtes Gewissen macht Angst
       
       In Berlin-Kreuzberg finden sich nicht nur Touristen ein, sondern auch
       politisch aktive Asylsuchende. Das alternative Milieu ist völlig
       überfordert.
       
 (DIR) Kommentar Besetzte Schule: Am Rand der Katastrophe
       
       Die Flüchtlinge in der Kreuzberger Schule sind lästig für die Berliner
       Landespolitik. Das wirkliche Problem jedoch ist ein viel existenzielleres.