# taz.de -- Arbeitsmarkt-Expertin über Mindestlohn: „Wer geht den Beschwerden nach?“
       
       > Der Bundestag hat den Mindestlohn mit großer Mehrheit beschlossen. Nun
       > muss seine Durchsetzung kontrolliert werden, sagt Forscherin Claudia
       > Weinkopf.
       
 (IMG) Bild: Der Mindestlohn soll dazu führen, dass sich der Unterschied zwischen Frauen- und Männergehältern verringert.
       
       taz: Frau Weinkopf, ein Viertel aller berufstätigen Frauen verdiente im
       Jahr 2012 unter 8,50 Euro die Stunde. Werden sie alle vom Mindestlohn
       profitieren? 
       
       Claudia Weinkopf: Ein Großteil wird profitieren, vor allem, wenn der
       Mindestlohn bei den Minijobs kommt, in denen sehr viele Frauen arbeiten.
       
       Der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern beträgt im Moment 23
       Prozent. Wird der Mindestlohn das ändern? 
       
       Das ist zu erwarten. In Großbritannien wurde vor 15 Jahren der Mindestlohn
       eingeführt, da hat sich der Gender Pay Gap von 15,9 Prozent im Jahr 1998
       auf 9,4 Prozent im Jahr 2013 verringert.
       
       Was sind das für Jobs, die jetzt besser bezahlt werden? 
       
       Am stärksten werden die Veränderungen in der Landwirtschaft und im
       Gastgewerbe sein, auch der Einzelhandel zahlt im Moment noch oft weniger
       als 8,50 Euro. Auch soziale Dienstleistungen wie die Pflege sind betroffen,
       zumindest im Osten, wo im Moment 8 Euro gezahlt werden – auch wenn sie erst
       2017 dran sind, weil sie ja einen Tarifvertrag haben.
       
       Wird der Mindestlohn tatsächlich durchgesetzt werden? 
       
       Das ist die Frage. In Großbritannien gibt es eine Hotline. Da rufen etwa
       Firmen an, die glauben, die Konkurrenz zahle nicht genug. Auch Mitarbeiter
       könnten dort anrufen, tun es aber oft aus einem bestehenden
       Arbeitsverhältnis heraus nicht. Es muss die Möglichkeit geben, den
       entgangenen Lohn nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses noch einzufordern.
       Oder man muss anonym melden können. Die Frage ist dann: Geht jemand diesen
       Beschwerden nach?
       
       Es wird einen Stellenabbau geben, der besonders die Frauen in
       Ostdeutschland trifft, sagen manche Forscher voraus. Befürchten Sie das
       auch? 
       
       Manche Betriebe, die zuvor mit Dumpinglöhnen agierten, werden vom Markt
       verschwinden. Aber deren Arbeit muss auch gemacht werden. Die Haare müssen
       so oder so geschnitten werden und an der Kasse muss jemand sitzen. Das
       heißt, Betriebe, die besser wirtschaften, werden diese Arbeitnehmerinnen
       übernehmen.
       
       Die SPD wollte die Minijobs wieder stärker regulieren. Ist das nun mit dem
       Mindestlohn erledigt? 
       
       Die große Herausforderung ist, dass der Mindestlohn hier durchgesetzt und
       kontrolliert wird. Bisher werden in Minijobs nicht nur niedrige Löhne
       gezahlt, auch die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder der bezahlte
       Urlaub werden oft nicht gewährt. Wenn all diese Ansprüche durchgesetzt
       werden, dann sind Minijobs für Arbeitgeber nicht mehr so attraktiv. Aus
       meiner Sicht ist das eine Chance für die Frauen, aus den Minijobs
       rauszukommen.
       
       Warum sollten solche Ansprüche nun besser durchgesetzt werden? 
       
       Es ist eine Herkulesaufgabe, bei den Minijobs Ordnung zu schaffen. Nun ist
       aber ein klares Signal gesetzt: Minijobber haben Anspruch auf den
       Mindestlohn. Zudem müssen nun ihre Arbeitsstunden dokumentiert werden.
       
       Papier ist geduldig … 
       
       Ja, aber wenn die Aussagen von Beschäftigten und die Papiere nicht
       übereinstimmen, fällt das bei Kontrollen auf.
       
       Was wäre der nächste Schritt, um den Gender Pay Gap weiter zu schließen? 
       
       Die typischen Frauentätigkeiten in Tarifverträgen müssten aufgewertet
       werden. Dabei kann vom Mindestlohn durchaus ein Impuls ausgehen: Die
       nächsthöheren Gehaltsgruppen werden dann häufig auch angehoben.
       
       3 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heide Oestreich
       
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