# taz.de -- Krieg im Gazastreifen: Ein verlustreicher Häuserkampf
       
       > Israels Streitkräfte rücken immer weiter in den dicht besiedelten
       > Gazastreifen vor. Für Zivilisten ist es grausam. Flucht ist kaum möglich.
       
 (IMG) Bild: Zerstörung: Stadtteil im Osten von Gaza-Stadt am Montag.
       
       GAZA/TEL AVIV dpa | Der Gaza-Krieg hat in zwei Wochen schon mehr als 500
       Menschenleben gefordert und droht noch blutiger zu werden. Die israelische
       Bodenoffensive gegen militante Palästinenser im Gazastreifen entwickelt
       sich zu einem verlustreichen Häuserkampf. Mehr als 3.300 Menschen wurden
       bereits verletzt. Bis zu 200.000 sind nach palästinensischen Angaben in dem
       abgeriegelten Küstenstreifen auf der Flucht.
       
       US-Präsident Barack Obama äußerte „ernsthafte Bedenken“ wegen der ständig
       steigenden Zahl ziviler Opfer in Gaza. Die internationale Gemeinschaft
       müsse die Gewalt in Gaza stoppen, sagte er am Montag in Washington. „Das
       wird keine leichte Arbeit werden.“ US-Außenminister John Kerry wurde am
       Abend in der Region erwartet. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon reiste
       nach Nahost.
       
       Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und der Führer der Hamas-
       Exilorganisation, Chaled Maschaal, erörterten in der katarischen Hauptstadt
       Doha Möglichkeiten für einen Waffenstillstand. Palästinensische Offizielle
       sprachen von gewissen Fortschritten, wiesen aber darauf hin, dass eine
       Einigung zwischen Israel und der radikal-islamischen Hamas weiterhin nicht
       in Reichweite sei.
       
       Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNRWA versorgte in Gaza Zivilisten in
       Schulgebäuden, die jetzt während der Ferien leer stehen – aber die
       Zufluchtsstätten sind heillos überfüllt. Andere Palästinenser suchten bei
       Freunden und Verwandten Unterschlupf. Bunker für die Zivilbevölkerung im
       Gazastreifen gibt es nicht.
       
       ## Krankenhaus unter Beschuss
       
       Selbst Krankenhäuser geraten ins Visier. Bei israelischem
       Artilleriebeschuss einer Klinik kamen nach palästinensischen Angaben vier
       Menschen ums Leben, etwa 50 wurden verletzt. Ein Großteil der Opfer gehörte
       zum medizinischen Personal der Klinik in Dir el Balah, sagte der Leiter der
       Rettungsbehörden im Gazastreifen, Aschraf al-Kidra.
       
       Bei einem israelischen Luftangriff auf ein Haus im Zentrum der Stadt Gaza
       wurden nach palästinensischen Angaben acht Menschen getötet. Die Hälfte
       davon seien Kinder gewesen, teilten die Rettungsdienste mit. Bei einem
       weiteren Luftangriff in Rafah wurden neun Mitglieder einer Familie getötet,
       darunter vier Minderjährige.
       
       Der UN-Sicherheitsrat forderte eine Feuerpause und den Schutz von
       Zivilisten. „Wir sind sehr besorgt um die Zivilisten im Kampfgebiet“, hieß
       es in New York.
       
       Die Bundesregierung appellierte an Israelis und Palästinenser, bei den
       Kämpfen im Gazastreifen Zivilisten zu verschonen. Es seien bereits zu viele
       Unschuldige ums Leben gekommen, erklärte der Sprecher des Auswärtigen
       Amtes, Martin Schäfer, im Namen von Außenminister Frank-Walter Steinmeier
       in Berlin.
       
       Militante Palästinenser feuerten weiter Raketen auf Israel ab – am Montag
       heulten erstmals seit drei Tagen wieder die Sirenen in Tel Aviv. Nach
       Angaben der Armee wurden zwei Raketen über Tel Aviv und drei Raketen über
       Aschdod abgeschossen. Die Hamas teilte mit, sie habe vier Raketen des Typs
       M-75 auf Tel Aviv abgefeuert.
       
       ## Entführung eines Soldaten kann nicht ausgeschlossen werden
       
       In Gaza wurden allein im dicht bewohnten Viertel Sadschaija bei Gefechten
       in der Nacht zehn Hamas-Kämpfer getötet, wie der israelische
       Militärsprecher Peter Lerner mitteilte. Mindestens zehn weitere bewaffnete
       Palästinenser wurden demnach bei einem versuchten Anschlag getötet. Sie
       waren durch Tunnel aus dem nördlichen Gazastreifen nach Israel
       vorgedrungen, wie es hieß.
       
       In Sadschaija seien mehrere Tunnel gefunden worden, sagte Lerner. Die
       Tunnel führen unterirdisch auf israelisches Gebiet und sollen für Anschläge
       und Entführungen genutzt werden. Auch Raketen werden häufig aus den dicht
       besiedelten Wohnvierteln auf Israel abgefeuert. Seit Beginn des
       Bodeneinsatzes am Donnerstag nahm die Armee nach eigenen Angaben 20
       Palästinenser fest.
       
       Auf israelischer Seite übersteigt die Zahl der Toten bereits die Verluste
       bei der Operation „Gegossenes Blei“, die im Januar 2009 endete. Damals
       waren zehn Soldaten und drei Zivilisten getötet worden, heute sind es
       bereits 25 Soldaten und zwei Zivilisten. Die Zahl der getöteten
       Palästinenser wurde am Nachmittag mit etwa 550 angegeben. Im Gazastreifen
       leben rund 1,8 Millionen Menschen.
       
       Zu Berichten der radikal-islamischen Hamas über einen entführten
       israelischen Soldaten sagte Militärsprecher Lerner: „Wir können es nicht
       ausschließen.“ Man prüfe den Vorfall weiter. Der israelische UN-Botschafter
       Ron Prosor hatte die Angaben der Hamas, die auch den Namen und eine
       persönliche Erkennungsnummer veröffentlichte, vorher als unwahr dementiert.
       
       Nach gescheiterten Friedensinitiativen und andauerndem Beschuss aus dem
       Gazastreifen hatte Israel am 8. Juli mit Luftangriffen auf Ziele der Hamas
       begonnen. Am 17. Juli startete Israel seine Bodenoffensive, unterstützt von
       Luftwaffe und Marine.
       
       21 Jul 2014
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Israel
 (DIR) Palästina
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Gaza
 (DIR) Benjamin Netanjahu
 (DIR) Mahmud Abbas
 (DIR) John Kerry
 (DIR) Hamas
 (DIR) Israel
 (DIR) Gaza
 (DIR) Israel
 (DIR) Antisemitismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Die Türkei und die Hamas: Der letzte Freund der Islamisten
       
       Für die radikalislamische Hamas gibt es seit dem Putsch in Ägypten wenig
       Unterstützung, außer aus der Türkei. Waffen kann die aber nicht liefern.
       
 (DIR) Israels Botschafter über Antisemitismus: Reaktionen auf Gazakrieg „wie 1938“
       
       Der israelische Botschafter zeigt sich entsetzt über die Proteste gegen
       Israels Angriffe auf Gaza. In die deutsche Debatte werde eine „Kultur des
       Hasses“ importiert.
       
 (DIR) Kommentar Nahost-Konflikt: Menschen in Not die Tür versperren
       
       Die Bevölkerung von Gaza ist zwischen Hammer und Amboss gefangen. Ägypten
       könnte nun helfen, indem es die Grenze für Flüchtlinge öffnet.
       
 (DIR) Friedensbemühungen in Nahost: Kerry versucht's
       
       Israel und Hamas bleiben hart, ein Waffenstillstand ist nicht in Sicht.
       US-Außenminister Kerry reist nach Kairo und versucht zu vermitteln.
       
 (DIR) Islamwissenschaftlerin über Antisemitismus: „Israel bietet sich als Feindbild an“
       
       Trotz der Übergriffe auf Pro-Israel-Demonstranten in Deutschland glaubt
       Lamya Kaddor nicht, dass der muslimische Antisemitismus hierzulande
       erstarkt.