# taz.de -- Opposition in Aserbaidschan: Dissidente Stimmen werden erstickt
       
       > Die bekannteste Menschenrechtlerin des Landes, Leila Junus, ist erneut in
       > Haft genommen worden. Einer der Vorwürfe lautet auf Hochverrat.
       
 (IMG) Bild: In Aserbaidschan sind Oppositionelle massiven Repressionen ausgesetzt.
       
       BERLIN taz | Leila Junus, eine der bekanntesten aserbaidschanischen
       Menschenrechtlerinnen, und ihr Mann Arif Junus sind am Mittwoch verhaftet
       worden. Nach einem sechsstündigen Verhör wurde die 58-Jährige für drei
       Monate in Untersuchungshaft genommen. Ihr werden Hochverrat, Betrug,
       Urkundenfälschung, Steuerhinterziehung und illegale Geschäfte vorgeworfen.
       Ihr Mann Arif wird ebenfalls des Hochverrats und Betruges beschuldigt. Er
       steht unter Polizeibewachung und darf die Hauptstadt Baku nicht verlassen.
       
       Eine Ausreisesperre gegen das Ehepaar wurde bereits am 28. April dieses
       Jahres verhängt. Zuvor waren die beiden auf dem Flughafen von Baku
       festgenommen worden. Noch in derselben Nacht hatten Polizisten sowohl
       Junus’ Wohnung als auch ihr Büro durchsucht. Während dieser Aktion erlitt
       Arif Junus einen Herzanfall und musste ins Krankenhaus eingeliefert werden.
       
       Die 58-Jährige, die die französische Tageszeitung Le Monde als „eine der
       letzten Dissidentenstimmen Aserbaidschans“ bezeichnete, engagierte sich
       bereits zu Sowjetzeiten für Menschenrechte in der Kaukasusrepublik. Im Jahr
       1988 war sie Mitbegründerin der Nationalen Bewegung für Unabhängigkeit, der
       Volksfront von Aserbaidschan, die sich für die Unabhängigkeit
       Aserbaidschans einsetzte. Vom Jahr des Zusammenbruchs der Sowjetunion 1991
       bis 1995 war sie Chefin der Unabhängigen Demokratischen Partei
       Aserbaidschans. Während des Krieges zwischen Armenien und Aserbaidschan um
       die Region Berg-Karabach (1992–1994) versuchte Leila Junus zwischen den
       beiden Staaten zu vermitteln.
       
       Im Jahr 1994 gründete sie in Baku das Institut für Frieden und Demokratie
       (IPD), das sie bis heute leitet. Neben der Aussöhnung mit Armenien
       engagiert sich das Institut für Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt oder
       von Menschenhandel geworden sind, sowie für die Rechte politischer
       Gefangener. Derzeit sitzen rund 100 Personen aus politischen Gründen in
       Aserbaidschan hinter Gittern. 2011 wurde das Büro des Instituts in Baku auf
       Anordnung der Behörden von Bulldozern niedergewalzt und das gesamte Archiv
       zerstört.
       
       ## Journalist droht lebenlange Haftstrafe
       
       Beobachter bringen die jüngste Verhaftung von Leila Junus mit deren
       öffentlicher Kritik an dem Fall von Rauf Mirkadyrow in Verbindung. Der
       regimekritische aserbaidschanische Journalist, der für die
       russischsprachige Tageszeitung Zerkalo in den vergangenen drei Jahren als
       Korrespondent in der Türkei gearbeitet hatte, war im April festgenommen
       worden. Mirkadyrow, der sich ebenfalls für einen Dialog zwischen Armenien
       und Aserbaidschan einsetzt, wird der Spionage und des Hochverrats
       beschuldigt. Ihm droht eine lebenslange Haftstrafe.
       
       Die Repression gegen das Ehepaar Junus und den Journalisten Mirkadyrow ist
       kein Einzelfall. Seit mehreren Monaten geht das Regime unter Präsident
       Ilham Alijew, der das Land seit 2003 autoritär regiert, wieder verstärkt
       gegen Oppositionelle vor. Am 26. Mai dieses Jahres verurteilte ein Gericht
       in Baku die Menschenrechtler und Mitarbeiter des Zentrums für
       Wahlbeobachtung und Demokratiestudien (EMDS), Anar Mammadli und Baschir
       Suleymanli, wegen Steuerhinterziehung, illegaler Geschäfte und
       Amtsmissbrauchs zu fünfeinhalb beziehungsweise dreieinhalb Jahren Haft.
       
       Das Urteil erging zwölf Tage nachdem Aserbaidschan turnusgemäß für sechs
       Monate den Vorsitz des Europarates übernommen hatte.
       
       31 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Oertel
       
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