# taz.de -- Krisen und ihre Folgen: Bauern jammern, Börsen taumeln
       
       > Deutsche Landwirte wollen nach China. Italiener und Griechen leiden. Und
       > die weltweiten Krisen lassen die Börsenkurse einbrechen.
       
 (IMG) Bild: Ganz schön viele Importe aus dem Westen: ein Supermarkt in Moskau
       
       FRANKFURT/BERLIN taz/rtr | Ukraine, Gaza – und jetzt auch noch der Irak:
       Immer neue Krisenherde haben die Unsicherheit von Investoren weltweit
       verstärkt. Am Freitag rutschte der Deutsche Aktienindex Dax erstmals seit
       fünf Monaten unter die psychologisch wichtige Marke von 9.000 Punkten. Auch
       die Kurse an anderen europäischen Börsen und in Asien sackten ab. Händler
       machten die zunehmende Verunsicherung der Anleger angesichts der Eskalation
       im Irak und der Auseinandersetzungen zwischen Russland und dem Westen für
       die Talfahrt verantwortlich.
       
       Auch die Agrarlobby in Europa ist von den Sanktionen Russlands
       verunsichert. „Die angekündigte Importsperre Russlands für Agrarprodukte
       und Lebensmittel wird die deutsche Agrarexportwirtschaft treffen und könnte
       die Erzeugerpreise für wichtige landwirtschaftliche Produkte nach unten
       ziehen“, warnte die Lobbyorganisation Bundesverband Großhandel, Außenhandel
       und Dienstleistungen (BGA).
       
       Gleichzeitig forderte der Verband die Öffnung von „Drittmärkten“ in China,
       Japan, Taiwan und Mexiko. Diese Länder hätten einen großen Einfuhrbedarf
       für Rind-, Schweine- und Geflügelfleisch sowie Milchprodukte. Andere
       EU-Länder hätten sich diese Märkte längst erschlossen, aber Deutschland
       habe sie „sträflich vernachlässigt“.
       
       Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) kündigte an, bald
       nach China zu Gesprächen zu reisen. Allerdings rechne er „nicht mit
       Marktturbulenzen und größeren Preissteigerungen in Deutschland“. Schon ohne
       die Sanktionen habe Deutschland bei Fleisch- und Milchexporten nach
       Russland zuletzt markante Rückgänge verzeichnet, sagte Schmidt dem ZDF.
       Sollte sich die Frage von Entschädigungen für betroffene Landwirte aus
       Deutschland und anderen EU-Ländern stellen, so sei das in erster Linie ein
       Thema, das auf europäischer Ebene zu regeln sei.
       
       ## EU-Agrarminister treffen sich in Brüssel
       
       Schmidt deutete an, dass es „in absehbarer Zeit“ zu einem vorgezogenen
       Treffen der EU-Agrarminister in Brüssel kommen dürfte. Dabei handele es
       sich nicht um eine Krisensitzung, vielmehr werde es darum gehen, auf
       aktualisierter Daten- und Informationsbasis die aktuelle Lage zu erörtern.
       Wichtig sei, dass die Europäische Union in dieser Frage zusammenstehe,
       mahnte er. Es dürfe nicht geschehen, dass sich der eine oder andere „aus
       diesen Fragen sozusagen herauskaufen“ lasse.
       
       Während nur gut 2 Prozent der deutschen Agrarexporte nach Russland gehen,
       sind andere Länder stärker betroffen. „Die Entscheidung der Regierung in
       Moskau wird zum Rückgang von etwa 25 Prozent unserer Exporte nach Russland
       führen", schätzte Riccardo Monti, Chef des Außenhandelsverbandes ICE. 2015
       könnten sich dann bis zu 250 Millionen Euro Verluste anhäufen.
       
       Mit als Erstes betroffen von dem russischen Embargo war in Italien nach
       Angaben des nationalen Agrarverbandes Coldiretti eine Lieferung von Birnen
       der Kooperative Fruit Modena Group. Das Embargo drohe derzeit Agrargüter im
       Wert von etwa 183 Millionen Euro zu treffen.
       
       „Wir verfolgen die Entwicklung gemeinsam mit den europäischen Stellen sehr
       aufmerksam“, sagte am Donnerstag Roms Landwirtschaftsminister Maurizio
       Martina. „Made in Italy“, das heißt bei Agrarprodukten vor allem Wein,
       Käse, Pasta und Obst. 2013 hat Italien nach Angaben des Statistikamtes
       Istat Agrargüter im Wert von etwa 700 Millionen Euro nach Russland
       exportiert, bei Gesamtausfuhren nach Russland in Höhe von mehr als zehn
       Milliarden Euro. Zwar sind Wein und Pasta jetzt nicht betroffen, doch wegen
       der Ukraine-Krise sind die Agrar-Ausfuhren – wie in Deutschland – bereits
       vor dem Embargo deutlich zurückgegangen.
       
       ## Griechen betroffen
       
       Auch die griechischen Obst- und Gemüseproduzenten sind betroffen. Fischer
       sowie die Produzenten von Joghurt und Fetakäse könnten schwere Verluste
       erleiden, sagte die Präsidentin des Verbandes der griechischen Exporteure
       (PSE), Christina Sakellarides. Man bräuchte dringend einen
       „Alternativplan“, um die Produkte an andere Märkte zu leiten.
       
       Nach ersten Schätzungen könnten die griechischen Gemüse- und Obstexporteure
       Verluste in Höhe von 178 Millionen Euro erleiden. Die Gesamtexporte
       Griechenlands nach Russland betrugen im vergangenen Jahr 406 Millionen
       Euro. Die Verluste treffen vor allem Regionen in Nordgriechenland, die
       derzeit große Mengen Pfirsiche nach Russland exportieren sollten.
       
       1 Jan 1970
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kai Schöneberg
       
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