# taz.de -- Nachrichten von 1914 – 13. August: Was die Frauen tun
       
       > Auch wenn Frauen nicht in den Krieg ziehen, leisten sie einen großen
       > Beitrag für Deutschlands Sieg: So versorgen sie die Truppen mit
       > militärischer Pünktlichkeit.
       
 (IMG) Bild: Erst verabschieden sie ihre Männer an die Front, dann versorgen sie die Truppen: Frauen im Ersten Weltkrieg.
       
       Verpflegung auf dem Bahnhof
       
       Unsere braven Reservisten und Landwehrmänner, die in den Krieg ziehen,
       brauchen unterwegs nicht Hunger und Durst zu leiden, die freiwillige
       Bahnhofsverpflegung ist gut und reichlich. Ist es doch der letzte
       Liebesgruß der Heimat.
       
       In Groß-Berlin teilen sich das Rote Kreuz und der Berliner Frauenverein
       gegen den Alkoholismus in diese Aufgabe. In der Sammelstelle des letzteren,
       Invalidenstraße 127, zweiter Hof, werden Liebesgaben dankbar angenommen.
       Besonders begehrt sind Brot, Butter, Wurst, Käse, Schokolade, Zigarren. Der
       Aufruf um Spendung leerer Flaschn hat einen so großen Erfolg gehabt, daß
       man für die restlichen tage der Mobilmachung ausreichend damit versorgt
       ist.
       
       Einen solchen betrieb zu sehen ist eine Freude. Auf dem Güterbahnhof
       Tempelhof erheben sich an beiden Enden des Bahnsteiges die Kantinen des
       Roten Kreuzes und des Berliner Frauenvereins gegen den Alkoholismus.
       Dazwischen liegt die Feldküche mit der offenen Mannschaftsspeisehalle. In
       den Kantinen, die mit Gas- und Wasserleitung versehen sind, wird fieberhaft
       gearbeitet: alles geht mit militärischer Pünktlichkeit. Unter der Aufsicht
       einer leitenden Dame, die selber unermüdlich zugreift, arbeitet etwa ein
       Dutzend junger Mädchen.
       
       An die Brotschneidemaschine hat man einen kräftigen Herrn gestellt, denn es
       ist keine kleine Arbeitsleistung, sechs Stunden hintereinander Brot zu
       schneiden. Immmer sechs Stunden währt der Dienst, dann kommt Ablösung; in
       dieser Zeit sind etwa tausend Soldaten zu speisen. Die jungen Mädchen
       streichen die Butterbrote, schneiden den Belag, wickeln die Brote ein und
       verpacken sie in Körbe. Alles dies geschieht rasch, peinlich sauber und
       appetitlich. Wieder andere bereiten Limonade und füllen sie in Gläser und
       Flaschen, kochen Kaffee in einem Riesenkessel.
       
       Ein Zug fährt ein - es ist Artillerie. Der Unteroffizier verkündet, wie
       lange der Aufenthalt dauert, und eilig verlassen die Wehrmänner den Wagen.
       Vor der Feldküche stehen riesige Kessel mit Linsensuppe und Fleisch - jeder
       erhält seine Portion. Dann wird das Limonadenbuffet umdrängt; Flaschen mit
       Limonade und Kaffee und Butterbrotpakete werden verteilt. Als besonders
       geschätzte Zugaben werden Zigarren genommen.
       
       Auch die Soldaten, die den Dienst bei den Pferden haben und deshalb den Zug
       nicht verlassen dürfen, werden nicht vergessen. Zwei junge Mädchen eilen
       die Wagenreihe entlang und verteilen mit Hilfe einiger Pfadfinder
       Butterbrote und Getränke, ja sogar zuckerstücke für die Pferde. Die
       Stimmung unserer Truppen ist vorzüglich, in allen lebt die gleiche
       Zuversicht.
       
       Der Geist der Kameradschaftlichkeit hat alle Unebenheiten ausgeglichen. Nur
       eins entbehren die, die ausziehen, zu kämpfen und zu siegen, schmerzlich:
       Neuigkeiten vom Kriegsschauplatz, Zeitungen. Sie sind oft schon lange
       unterwegs und die Ereignisse gehen unterdessen mit Riesenschritten
       vorwärts.
       
       Während unsere Krieger ihre Linsensuppe verzehren, bringt jemand eine neue
       Siegesnachricht. Mit einem dreifachen donnernden Hurra wird darüber
       quittiert. Dann bläst der trompeter ein kurzes Signal, und mit einigen
       raschen Sätzen ist jeder auf seinem Platz. Der Zug setzt sich in Bewegung,
       die Hände der Mädchen und Frauen, die eben noch Speise und Trank
       verteilten, schwingen wehende Tücher. Singend winken die Soldaten zurück
       und hinaus geht's in die Zukunft, vor den Feind.
       
       Quelle: Berliner Tageblatt
       
       13 Aug 2014
       
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