# taz.de -- Abgesang einer Partei: FDP vorerst kopflos
       
       > Überraschend tritt Hamburgs FDP-Landeschefin Sylvia Canel aus ihrer
       > Partei aus, um sich liberaler Neugründung anzuschließen. Wird Katja
       > Suding nun Parteichefin?
       
 (IMG) Bild: Die Landesvorsitzende und ihre mögliche Nachfolgerin: Katja Suding folgt Sylvia Canel.
       
       Manchmal kommt alles auf einmal: Kaum aus dem sächsischen Landtag geflogen,
       muss sich die FDP in ihrer Hamburger Landesgliederung eine neue
       Führungsspitze suchen. Am Montagabend schmiss die Hamburger
       FDP-Landesvorsitzende Sylvia Canel die Brocken hin und erklärte nicht nur
       ihren Rücktritt vom Amt, sondern auch gleich ihren Austritt aus der Partei.
       
       Und damit nicht genug: Die ehemalige Bundestagsabgeordnete kündigte an,
       sich der in Gründung befindlichen neuen sozialliberalen Partei um ihren
       ehemaligen Stellvertreter Najib Karim und den ehemaligen Hamburger
       Wissenschaftssenator Dieter Biallas anzuschließen und der FDP damit
       Konkurrenz zu machen.
       
       Hamburgs Liberale treiben damit fünf Monate vor der Bürgerschaftswahl
       führungslos dem Wahlkampf entgegen, zudem droht ein personeller Aderlass.
       Unmittelbar nach Canels Abgang kündigten weitere FDP-Mitglieder via
       Facebook ihren Austritt aus der noch rund 1.000 Mitglieder zählenden
       Hamburger FDP an.
       
       In ihrer Austrittsbegründung rechnet Canel vor allem mit der Bundes–FDP um
       Parteichef Christian Lindner ab. Es fehle der Partei „an sozialer Empathie
       und Kompetenz“ und der Parteiführung „an politischer Selbsterkenntnis“, da
       sie „das eigene Versagen als lediglich vorübergehenden Trend“ missdeute.
       
       Doch auch wenn Canel vor allem bundespolitische Gründe für ihren Abgang
       nennt, so ist er auch das Ergebnis eines hausgemachten „Zickenkrieges“
       zwischen den beiden Hamburger FDP-Frontfrauen Canel und Katja Suding, der
       in die seit jeher zerstrittene Landespartei tiefe Gräben gerissen hat.
       
       Anfang Juli war die Fraktionsvorsitzende Suding von den FDP-Delegierten
       erneut zur FDP-Spitzenkandidatin für die Bürgerschaftswahl 2015 gekürt
       worden. Zuvor aber hatte sie mit dem Rückzug aus der Politik gedroht,
       sollte Canel ebenfalls auf der Landesliste kandidieren. Um Canel
       auszubremsen, ließ Suding sogar FDP-Chef Christian Lindner einfliegen. Dass
       Suding ihre Kandidatur auf der Hamburger Landesliste verhinderte, ist für
       Canel noch heute ein weiterer Beweis, dass die FDP „keine liberale Partei
       mehr“ sei.
       
       Nachdem Suding also ihre Konkurrentin Canel weggebissen hat, fordert der
       ehemalige Hamburger FDP-Bundestagsabgeordnete Burkhardt Müller-Sönksen
       Katja Suding auf, „konsequenter Weise als Landesvorsitzende anzutreten und
       damit die volle Verantwortung für das Ergebnis der Bürgerschaftswahl im
       kommenden Februar zu übernehmen“. Sie gilt den Liberalen – die seit
       anderthalb Jahren in keinen Landtag mehr einziehen konnten – als
       Schicksalswahl.
       
       Doch aus der FDP-Fraktion verlautet, dass Suding, die bislang im
       Landesvorstand meist durch Abwesenheit glänzte, kein Interesse hat, sich in
       die volle Verantwortung nehmen zu lassen. Alleinverantwortlich für ein
       Hamburger Katastrophenergebnis, wäre die von ihr angestrebte
       bundespolitische Parteikarriere bereits gescheitert, bevor sie noch richtig
       begonnen hat. Und die aktuellsten Umfragen sehen die Hamburger FDP gerade
       noch bei etwa drei Prozent. „Wer jetzt kneift, glaubt nicht an seinen
       Wahlerfolg, den ich der FDP sehr wünsche“, stichelt Müller-Sönksen.
       
       Ob die Aussicht der FDP auf einen Wiedereinzug in die Bürgerschaft durch
       den Antritt einer neuen sozialliberalen Konkurrenz-Partei noch weiter
       geschmälert wird, ist derweil offen. Canel mag eine Kandidatur der neuen
       Gruppierung zu den Bürgerschaftswahlen zwar nicht ausschließen, doch käme
       die „wahrscheinlich etwas zu früh“. Ihr gehe „es nicht um kurzfristige
       Wahlerfolge, sondern um den langfristigen Aufbau einer neuen
       sozialliberalen Alternative“, beteuert Canel.
       
       2 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marco Carini
       
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