# taz.de -- Bodo Ramelow zur Thürigen-Wahl: „Es gibt kein No-Go“
       
       > Der Spitzenkandidat der Linkspartei, Bodo Ramelow, will offen über
       > Rot-Rot-Grün verhandeln. Schwarz-Rot hätte keine stabile Mehrheit, meint
       > er.
       
 (IMG) Bild: Der Sieger bei der Wahlparty
       
       taz: Herrn Ramelow, glauben Sie wirklich, mit einer Stimme Mehrheit
       Ministerpräsident in Thüringen werden zu können? 
       
       Bodo Ramelow: Glaubenssachen gehören für mich in den Gottesdienst. Ich
       analysiere nüchtern und stelle fest: Schwarz-Rot hat im Landtag eine Stimme
       Mehrheit. Und es gibt mehrere CDU-Abgeordnete, die keine Liebesbeziehung zu
       Christine Lieberknecht haben. Marion Walsman, die gegen mich knapp das
       Direktmandat gewonnen, wird eher die Hand abfallen, ehe sie für
       Lieberknecht stimmt.
       
       Die Mehrheit für Schwarz-Rot ist sehr wacklig. Aber das heißt nicht, dass
       es für Rot-Rot-Grün besser aussieht. Schreckt Sie der Name Andrea Ypsilanti
       nicht? 
       
       Nein, überhaupt nicht. Mehrheit ist Mehrheit. Und die Inhalte müssen
       stimmen.
       
       Das hat Ypsilanti auch gesagt, als sie 2009 in Hessen eine rot-rot-grüne
       Koalition plante und dann bei der Abstimmung im Parlament an der eigenen
       Fraktion scheiterte. 
       
       Ja, aber die Lage war anders. Das Drama in Hessen war, dass die SPD vor der
       Wahl angekündigt hatte, nicht mit der Linkspartei zusammenzuarbeiten. In
       Thüringen hat die SPD nichts ausgeschlossen.
       
       Braucht der erste Linkspartei-Ministerpräsident nicht trotzdem eine
       deutlichere Mehrheit? 
       
       Ich kann mir keine Mehrheit malen. Ich muss das Ergebnis nehmen, wie es
       ist. Und dieses Wahlergebnis ist eine echte Denksportaufgabe. Alle Parteien
       müssen sich jetzt erstmal sortieren. Aber: Wenn es inhaltlich passt, und
       darauf deutet bei Rot-Rot-Grün sehr viel hin, werden wir es probieren. Der
       politische Wechsel sollte nicht an persönlichen Animositäten scheitern.
       
       Die Grünen haben schon mal angekündigt, hart zu verhandeln. 
       
       Das ist doch in Ordnung.
       
       Warum hat die SPD so viel verloren? 
       
       Weil sie es nicht geschafft hat, ihre eigenen Erfolge zu kommunizieren. Der
       SPD ist es gelungen, das Image von Thüringen als Niedriglohnland zu
       verändern. Daraus hat sie wenig gemacht.
       
       Sigmar Gabriel meint, die SPD hätte nicht offen lassen dürfen, mit wem sie
       regieren will. 
       
       Gabriel ist nicht mein Parteichef. Ich denke: Die SPD wäre besser gefahren,
       wenn sie ihre Erfolge in der Regierung stärker präsentiert hätte - und auch
       gezeigt hätte, was mit der CDU nicht geht. Die SPD hat sich in der
       Koalition mit der CDU einfach zu viel gefallen lassen. Der
       CDU-Fraktionschef Mohring hat gesagt, dass mit dem SPD-Bildungsminister
       Matschie Margot Honecker an die Schulen zurückgekehrt ist. Das war eine
       direkte Beleidigung des SPD-Landesvorsitzenden - doch eine
       Verteidigungslinie der SPD gegen solche Angriffe gab es nicht. Das war
       völlig unverständlich. Es gab offenbar viele, die der SPD doch nicht
       zugetraut haben, dass sie wirklich einen Politikwechsel will.
       
       Gibt es in den Sondierungen oder möglichen Koalitionsverhandlungen für die
       Linkspartei etwas, das nicht verhandelbar ist? 
       
       Nein. In 80 Prozent der Programmatik stimmen Linkspartei, SPD und Grüne
       überein. Der Rest ist verhandelbar. Es gibt kein No-Go.
       
       Wann wird Thüringen eine neue Regierung haben? 
       
       Wenn ich hellsehen könnte, würde ich jetzt Lotto spielen und nicht mit
       Ihnen sprechen. Ich weiß es nicht. Klar ist: Am Ende muss es
       Probeabstimmungen in den drei Fraktionen geben, ob es eine Mehrheit für
       mich gibt.
       
       Werden Sie Ministerpräsident? 
       
       Das hängt davon ab, ob wir uns auf die Inhalte einigen. Und ob das
       Vertrauen in und unter den drei Parteien groß genug ist. Ich will
       Ministerpräsident werden – nicht meinetwegen, sondern um eine
       reformorientiere Landespolitik zu machen. Die CDU tut so, als wäre die
       Staatskanzlei ihr Privateigentum. Es ist Zeit, das zu ändern. Und eine
       Koalition auf Augenhöhe wäre auch etwas Neues.
       
       Wenn die Mehrheiten zu knapp sind – können Sie sich eine
       Minderheitsregierung vorstellen? 
       
       Ich kann mir alles vorstellen. In nordischen Ländern sind
       Minderheitsregierungen ganz normal, nur in Deutschland tut man so, als
       würde die Welt untergehen. Ich hätte es gut gefunden, wenn es die
       Minderheitsregierung in Düsseldorf noch länger gegeben hätte. Wenn es
       nutzt, um reformerische Politik umzusetzen – warum nicht?
       
       15 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Reinecke
       
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