# taz.de -- Geschäft mit Gentech-Insekten: Die sich selbst ausrottende Fliege
       
       > Gentechnisch veränderte Mücken schwirren bereits durch Brasilien. Nun hat
       > die Firma ein weiteres Insekt im Labor verändert.
       
 (IMG) Bild: Unter anderem gegen das Dengue-Fieber: manipulierte Mücken.
       
       BERLIN taz | „Selbstmord-Gen“, „Frankensteinfliegen“ – Gentech-Gegner
       warnen mit drastischen Worten vor gentechnisch veränderten Insekten. Das
       Unternehmen Oxitec bringt die gentechnisch veränderten Tiere als weltweit
       erste Firma auf den Markt. [1][Testweise wurden bereits Moskitos unter
       anderem in Brasilien freigelassen]. Sobald die dortige Gesundheitsbehörde
       ihr Einverständnis gibt, ist der kommerzielle Einsatz geplant. Gleichzeitig
       sollen gentechnisch veränderte Fliegen freigesetzt werden – zunächst zu
       Forschungszwecken. Beides soll voraussichtlich noch in diesem Jahr der Fall
       sein.
       
       „Unsere Methode ist eine Alternative zu Pestiziden und umweltfreundlich“,
       sagt Hadyn Parry, Vorstandschef von Oxitec. Seine Firma habe ein Mittel
       gegen die mediterrane Fruchtfliege entwickelt. Diese kann Ernten komplett
       zerstören, indem sie ihre Eier in reifendem Obst und Gemüse ablegt. Sobald
       die Larven schlüpfen, fressen sie sich durch die Früchte. Oxitec-Forscher
       haben männlichen Fruchtfliegen ein tödliches Gen eingepflanzt. Damit können
       sich die Fliegen weiterhin vermehren – ihre weiblichen Nachkommen sind
       jedoch nicht lebensfähig und sterben als Larven. So soll sich die
       Fruchtfliege ausrotten.
       
       Ähnlich funktioniert das Prinzip bei den gentechnisch veränderten Moskitos,
       die so die Dengue übertragenden Insekten eliminieren sollen. Oxitec (Oxford
       Insect Technologies) ist ein Ableger der Oxford-Universität mit Sitz im
       südenglischen Abingdon. Neben der Universität finanziert unter anderem die
       britische Regierung das Unternehmen.
       
       „Aggressives Lobbying“ betreibe Oxitec, sagt Christoph Then,
       Geschäftsführer des gentechnik-kritischen Instituts Testbiotech. Die Firma
       stehe in engem Kontakt mit dem Schweizer Agrarchemiekonzern Syngenta und
       beeinflusse massiv die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit
       (EFSA). Parry weist das zurück: „Wir haben heute keine Verbindungen mehr zu
       Syngenta.“ Viele Manager von Oxitec sind allerdings ehemalige Angestellte
       des Unternehmens. Parry selbst hat 15 Jahre dort gearbeitet. Von 2009 bis
       2011 hat der Konzern Oxitec auch finanziell unterstützt. In der
       Arbeitsgruppe der EFSA, die das Risiko von gentechnisch veränderten
       Insekten abschätzt, saß der Erfinder der Gentech-Insekten, Luke Alphey.
       Damals wissenschaftlicher Direktor bei Oxitec.
       
       ## Noch in der Versuchsphase
       
       Parry sieht kein Risiko bei seinen Gentech-Fliegen. Sie seien nicht giftig,
       trotzdem effektiv und schließlich noch in der Versuchsphase. Während
       Pestizide zahlreiche Spezies schädigen würden, gehe die Oxitec-Variante nur
       gegen die Fruchtfliege vor. „Die Insekten leben lediglich wenige Tage,
       deshalb ist eine unkontrollierte Ausbreitung nicht wahrscheinlich“, sagt
       der Oxitec-Chef. Nach wenigen Generationen sei die Fliegenpopulation samt
       Genmanipulation ausgerottet.
       
       „Es ist eine Schnapsidee, Millionen von gentechnisch veränderten Insekten
       freizulassen, die nicht mehr kontrolliert werden können“, sagt Then. Für
       ihn sind Gentech-Insekten weder ethisch vertretbar noch umweltverträglich.
       Der Mensch habe kein Recht, aus wirtschaftlichen Gründen „Selbstmord-Gene“
       in die Populationen von Tierarten einzuführen. Es sei nicht absehbar, was
       das für die natürlichen Fressfeinde der Insekten und für die Ökosysteme
       insgesamt bedeute. Then befürchtet, dass es „unter bestimmten
       Umweltbedingungen zu ungewollten Mutationen bei den Oxitec-Fliegen kommt,
       die sich auf deren Eigenschaften und Verhalten auswirken“.
       
       Parry bestreitet das: „Der Fressfeind bekommt Fett und Proteine, für ihn
       macht es keinen Unterschied, ob er eine gentechnisch veränderte Fliege oder
       eine unveränderte frisst.“ Laut Then wurde nicht genügend untersucht,
       inwiefern die Gentech-Fliegen in unsere Nahrungsmittel gelangen – ein
       entscheidendes Defizit. Denn: Brasilien ist der drittgrößte Exporteur von
       Früchten weltweit.
       
       27 Oct 2014
       
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