# taz.de -- „Super Illu“ feiert das Ost-Lebensgefühl: Bräsiger Mix aus Käse- und Infoblatt
       
       > Früher zierten die „Super Illu“-Cover oft nackte Ost-Promis, heute sind
       > sie meist angezogen. Auch 25 Jahre nach dem Mauerfall setzt man auf den
       > „Heimat-Code“.
       
 (IMG) Bild: Natürlich hat auch Helene Fischer eine Goldene Henne
       
       „Für uns ist Osten mehr als eine Himmelsrichtung.“ So steht’s über dem
       [1][Webauftritt der Super Illu]. Das ist die Zeitschrift, deren erste
       Ausgabe 1990 sechs Wochen vor der Wiedervereinigung erschien. Coverthema:
       Sex. Die Zeitschrift, die immer noch jede Woche von jedem fünften
       Erwachsenen in Ostdeutschland gelesen wird und damit, so wirbt sie seit
       Jahren, „mehr Leser erreicht als Spiegel, Stern und Focus zusammen“. Die an
       Helene Fischer und Kai Pflaume und Jan Josef Liefers und Carmen Nebel
       „Goldene Hennen“ verleiht. Die „den Osten bewegt“, wie ein anderer
       Lieblingsslogan lautet. Die einstmals nackte, nun meist angezogene,
       prominente Ostdeutsche auf dem Cover hat.
       
       Wie die Hagen, in der letzten Woche. Eine Woche, in der die Bunte mit
       Manuel Neuers Trennung aufmacht (geboren in Gelsenkirchen, darum komplett
       Super-Illu-ungeeignet) und die Gala mit Toni Garrns Nichttrennung von
       Leonardo DiCaprio (sie geboren in Hamburg, er in Los Angeles, dito!). Die
       Super-Illu-Coverstory ist eine Reminiszenz an Eva-Maria Hagens Jugend. Die
       Zwischentitel wie „Prägung“, „Lebenskurven“ und „Liebe“ sind positiv
       gehalten wie auch die Beschreibung des „Hinternversohlens der Göre“ durch
       ihren Adoptivvater. Die Quelle war ein Telefongespräch mit der 80-jährigen
       Mutter von Nina Hagen.
       
       Der Grund, warum die Super Illu immer noch funktioniert, ist ihr enorm
       weitläufiges Lokalzeitungstimbre. In eine gutmütig-bräsige Mischung aus
       Käse- und Infoblatt rührt sie Wir- und Heimatgefühl, „Authentizität“ und
       die Tatsache, dass man „den Stolz auf das Erreichte kommuniziere“, wie auf
       der Seite des Burda-Verlags zu lesen ist. Denn trotz vieler Namen in
       Politik, Kultur, Sport, trotz Verschwinden der Ost-West-Unterschiede möchte
       man anscheinend immer noch „Wo kommen wir vor?“ fragen, und sich sichtbar
       machen.
       
       Und man möchte ablehnen dürfen: Die in den Westpromiblättern à la Gala und
       Bunte wie selbstverständlich vorgesetzten Nullgesichter zum Beispiel. Wieso
       sollte man auch lieber über Toni Garrn lesen wollen als über Eva-Maria und
       Nina Hagen? Die Hagens können immerhin singen und schauspielern, kennen
       Wolf Biermann und haben eine mehr oder weniger politische Vergangenheit.
       Toni Garrn ist nur eins von vielen süßen Models ohne weitere Kennzeichen.
       Und was spricht gegen einen Bericht über das „Comeback der Schwalbe“ statt
       über das „Karrieretief von Kylie Minogue“? Genau, nichts.
       
       ## „Sehr nett und völlig unpolitisch“
       
       Kochrezepte gibt es übrigens in all diesen Magazinen, ob Super Illu, Gala,
       Goldenes Blatt oder Frau im Spiegel. Mal Eintopf auf dünnem, mal
       Kürbistörtchen auf Hochglanzpapier: Es sind vor allem die Frauen, auf die
       man spekuliert, 64 Prozent weibliche Leserschaft hat die Super Illu laut
       aktueller Media-Analyse. „Wir sind ein Heimat- und Familienmagazin, das für
       Millionen Menschen über den Osten Deutschlands von heute und morgen
       berichtet – ohne das Gestern zu vergessen“, sagt
       Jahrgang-1976-Chefredakteur Robert Schneider im Interview. „Heimat-Code“
       heißt das bei ihm in einem Mischwort aus Alt- und Neudeutsch. Den Slogan
       mit der Himmelsrichtung findet er „sehr nett und völlig unpolitisch“. Um
       den Hauptvertriebsmarkt gehe es, und der war und bleibt der Osten.
       
       Was gibt die Super Illu ihren LeserInnen also – Zusammenhalt, Orientierung,
       Heimat, etwa Lebensgefühl? Und wenn ja – ist das mit dem ostdeutschen
       Lebensgefühl nicht, 25 Jahre nach dem Mauerfall, kontraproduktiv für die
       deutsche Einheit? „Nein“, sagt Chefredakteur Schneider. „Ersetzen Sie den
       Slogan einfach mal mit dem bayrischen Spruch ’Mia san mia‘. Da sind wir
       auch wieder bei Herkunft und Heimatstolz.“ Ein vergleichbares Magazin aus
       Bayern hat sich dennoch nie ergeben.
       
       In der Super Illu von letzter Woche findet man die Ergebnisse einer eigens
       in Auftrag gegebenen „Mauerfall-Studie“ in der Rubrik „Aktuelles & Heimat“.
       Sie sagen aus, dass es nur in wenigen Bereichen überhaupt Unterschiede
       gibt: Der Osten hat mehr Angst (62 Prozent) vor der Zunahme von
       Kriminalität und Gewalt, als der Westen (52 Prozent). Und der Osten macht
       sich signifikant (39 Prozent zu 9 Prozent) mehr Sorgen, dass immer mehr
       junge Menschen aus der Region wegziehen. Was sie ja auch tun.
       
       ## Lebensgefühl wird Erinnerung
       
       Außerdem: ein Kommentar zum Tarifkonflikt zwischen der Deutschen Bahn und
       dem GDL-Chef Claus Weselsky (geboren in Dresden!). Und einer zu Bodo
       Ramelow mit dem Tenor, dass die „Thüringer bekommen, was sie gewählt
       haben“. Hugo Müller-Vogg (geboren in Mannheim) schreibt darin, dass genau
       das die Überlegenheit einer Demokratie über eine „Diktatur des
       Proletariats“ zeige.
       
       Trotz Heimatstolz und Lokaltreue bröckeln dem Blatt die Fans weg: Vor einem
       Jahr kauften die LeserInnen noch über 350.000 Ausgaben pro Woche, jetzt
       sind es noch über 330.000 (auch die Gala verkauft 330.000, die Bunte knapp
       560.000). Dass die LeserInnen nicht nachwachsen, kann man einerseits auf
       das Printsterben schieben. Und andererseits positiv sehen: Je weniger
       Menschen auf den „Heimat-Code“ pochen, desto egaler wird das mit der
       Himmelsrichtung. Bis aus dem Lebensgefühl irgendwann nur noch eine
       Erinnerung geworden ist. Und Heimat der Ort ist, an dem man leben möchte,
       und nicht der, aus dem man zufällig kommt.
       
       8 Nov 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.superillu.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jenni Zylka
       
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