# taz.de -- Mauerfall-Jubiläum: Luftiges Gedenken
       
       > Event 1: Berlin feiert mit einer Lichtgrenze aus Ballons und Spektakel am
       > Brandenburger Tor.
       
 (IMG) Bild: Lichtgrenze, noch verhüllt.
       
       Wenn alles klappt, wird Berlin am Wochenende vor lauter „Aaahs“ und „Ooohs“
       widerhallen. Ab Freitagnachmittag werden 8.000 heliumgefüllte Ballons auf
       einer Strecke von 15 Kilometern den Verlauf der Mauer illuminieren. Die
       spektakuläre Lichtinstallation soll bis Sonntag simulieren, was 28 Jahre
       lang Realität war: die Zweiteilung der Stadt. Vom 7. bis 9. November sind
       die Straßen am ehemaligen innerstädtischen Mauerverlauf gesperrt. Kein
       Durchkommen zwischen Bornholmer Straße, Mauerpark, Checkpoint Charlie und
       Oberbaumbrücke, nur wogende Lichter (siehe Grafik). Bis zum Abend des 9.
       November: Dann werden Ballonpaten entlang der Strecke jeden einzelnen
       Ballon hochsteigen lassen – und die virtuelle Grenze auflösen.
       
       Die „Lichtgrenze“ ist der zentrale Programmpunkt der
       Jubiläumsfeierlichkeiten. Flankiert wird sie durch 100 Mauergeschichten aus
       der geteilten Stadt, die auf Tafeln und in Filmen entlang der Strecke
       präsentiert werden, sowie zahlreiche Führungen und Ausstellungen.
       
       Das Ballonspektakel geht auf eine Idee des Brüderpaars Christopher und Marc
       Bauder zurück. Der Lichtkünstler und der Filmemacher stammen vom Bodensee.
       Als sie in den neunziger Jahren nach Berlin zogen, waren sie erstaunt, wie
       wenig im Straßenbild noch an die Mauer erinnerte. „Wir wollten etwas
       schaffen, das die Monumentalität dieses Bauwerks heraufbeschwört und die
       Grenzerfahrung körperlich spürbar macht“, sagte Christopher Bauder der taz.
       Ursprünglich sollte die „Lichtgrenze“ die gesamten 23 Mauerkilometer
       umfassen. Von dieser Dimension ist man nun etwas abgerückt. Trotzdem ist
       die Installation, welche die Brüder in Zusammenarbeit mit Kulturprojekte
       Berlin GmbH und der Robert-Havemann-Gesellschaft entwickelt haben, ein
       Mammutprojekt – vor allem technisch und logistisch.
       
       Mehr als 18 Monate arbeitete Christopher Bauders Firma an der Herstellung
       der Stahlstelen, auf denen die Ballons thronen.
       
       Damit die Choreografie, die mit dem Lösen des ersten Ballons durch Klaus
       Wowereit und prominente Zeitzeugen wie Michail Gorbatschow oder Lech Walesa
       am Brandenburger Tor beginnt, auch klappt, werden „Pacemaker“ wie beim
       Marathon die Strecke entlangjoggen und Startsignale geben. „Wenn uns das
       Wetter keinen Strich durch die Rechnung macht, müsste alles klappen“, sagt
       der Lichtdesigner.
       
       Die Stelen wurden ab Mittwoch im Stadtgebiet aufgestellt, ab 19.00 Uhr am
       Freitag werden sie beleuchtet. Auch die rund 6.500 Ballonpaten haben für
       ihren Einsatz am Sonntag schon geübt, zahlreiche „virtuelle Ballonpaten“
       aus aller Welt trugen sich bereits auf der Website [1][fallofthewall25.com]
       ein und sendeten ihre Wünsche nach Berlin.
       
       Droht bei solch emotionalem Gedenken nicht Kitschgefahr? Moritz van Dülmen,
       Leiter der landeseigenen Kulturprojekte Berlin GmbH, die für das
       Gesamtkonzept verantwortlich ist, lässt diesen Einwand nicht gelten. 25
       Jahre Mauerfall, das sei in erster Linie ein Gemeinschaftsprojekt, getragen
       von vielen Berliner Institutionen, sagt er. Die „Lichtgrenze“ erfülle auch
       einen Lehrauftrag: Mehr als 50 Prozent derer, die heute in Berlin leben,
       haben die Mauer nie gesehen. Aber in erster Linie müsse an einem Datum wie
       diesem natürlich gefeiert werden: mit einem großen Fest am Brandenburger
       Tor – „das erwartet die Welt einfach von uns“.
       
       Und sie wird es bekommen: Die Party mit dem pompösen Motto „Mut zur
       Freiheit“ bietet unter anderem Angela Merkel und Joachim Gauck sowie
       Live-Acts wie Udo Lindenberg und Peter Gabriel auf.
       
       Etwas weniger staatstragend dürfte es bei den vielen Führungen zugehen.
       Etwa von der East Side Gallery zur Oberbaumbrücke. Oder im Mauerpark, zu
       „Leben und Widerstand im Schatten der Mauer“. Und eifrige
       Tourismusveranstalter sind natürlich längst auf den Zug des
       Mauerfall-Großevents aufgesprungen. Das Wohnportal Airbnb etwa lockt seine
       Kunden mit privaten Gastgebern, „die den Mauerfall selbst erlebt haben und
       damit besondere Erinnerungen verbinden“. Oder einer Unterkunft im
       Original-DDR-Stil. Was sich nostalgiehungrige Touristen darunter vorstellen
       sollen, dürfte Kennern des Ostens Lachtränen in die Augen treiben:
       Plattenbauten mit Wänden im Rohbeton-Look – und Ikea-Möbeln.
       
       Aber mit dem Erinnern ist es so eine Sache, zumal nach 20 Jahren. „Man muss
       die Mauer nicht erlebt haben, um sich mit dieser geteilten und später
       wiedervereinigten Stadt zu identifizieren“, sagen auch die Brüder Bauder.
       
       7 Nov 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://fallofthewall25.com
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nina Apin
       
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