# taz.de -- Zuwanderung in Deutschland und Europa: Umstrittener Deal
       
       > Die Regierung zahlt den Ländern mehr Geld für Flüchtlinge. SPD und Grüne
       > stimmen im Gegenzug für neue Gesetze zum Asyl und zur EU-Migration.
       
 (IMG) Bild: Vor allem die Zukunft zählt: Flüchtling aus Eritrea in München
       
       BERLIN taz | Die Bundesregierung stellt den Ländern mehr Geld für die
       Versorgung von Flüchtlingen zur Verfügung. In den Jahren 2015 und 2016
       sollen die Bundesländer jeweils eine halbe Milliarde Euro Unterstützung
       bekommen. Das Geld erhalten die Länder, für ihre Zustimmung zur Novelle des
       Asylbewerberleistungsgesetzes und zur Änderung des
       EU-Freizügigkeitsgesetzes am Freitag im Bundesrat.
       
       Das Asylbewerberleistungsgesetz setzt ein Urteil des
       Bundesverfassungsgerichts um, das die Sozialleistungen, die Asylbewerber
       erhalten, vor zwei Jahren als zu niedrig beurteilt hatte. Der monatliche
       Regelsatz wird mit der neuen Regelung im kommenden Jahr auf 352 Euro
       angehoben, liegt damit aber immer noch unter dem Hartz-IV-Satz von 399 Euro
       ab 2015.
       
       Die Sonderregelungen des Asylbewerberleistungsgesetzes sollen künftig nur
       noch 15 Monate statt wie bisher 4 Jahre für die Betroffenen gelten. Danach
       gibt es Sozialhilfe, die den Hartz-IV-Leistungen entspricht. Laut dem
       Gesetz soll die Bundesregierung auch prüfen, inwieweit Asylbewerber künftig
       eine Gesundheitskarte erhalten können, die einen Arztbesuch
       unbürokratischer ermöglicht. Das Leistungsspektrum bleibt aber geringer als
       für normal Versicherte.
       
       Mit der Änderung des EU-Freizügigkeitsrechts haben EU-Migranten, die
       falsche Angaben machen, um Vorteile zu erlangen, härtere Sanktionen zu
       erwarten, bis zu Haft und einem Wiedereinreiseverbot. EU-Migranten, die
       Kindergeld beantragen, müssen zudem eine Steueridentifikationsnummer
       angeben, die man aber bei der Anmeldung eines Wohnsitzes – auch als
       Arbeitsloser – automatisch bekommt.
       
       Das Aufenthaltsrecht von Arbeitssuchenden aus der EU kann mit der Änderung
       der Freizügigkeit auf 6 Monate begrenzt werden, wenn sie keine begründete
       Aussicht haben, einen Job zu finden. Die Ausländerbehörde müsste den
       Verlust des Aufenthaltsrechts aber erst feststellen, was kompliziert ist.
       Die Gesetze treten in Kraft, nachdem sie der Bundespräsident unterzeichnet
       hat, voraussichtlich spätestens in den ersten Monaten des kommenden Jahres.
       
       Auch die von den Grünen mitregierten Bundesländer stimmten den Gesetzen im
       Bundesrat zu, was innerhalb der Partei für Protest sorgte. Der Sprecher der
       Grünen Jugend, Erik Marquardt, twitterte: „Der Bund hat sich die Änderung
       der Freizügigkeit mit 500 Millionen und einer fakultativen Gesundheitskarte
       für Flüchtlinge erkauft. Ein schmutziger Deal.“ Die Arbeitsgemeinschaft für
       Flüchtlinge „Pro Asyl“ kritisierte, dass Asylsuchende und geduldete
       Flüchtlinge auch mit den Neuregelungen von der gesetzlichen
       Krankenversicherung ausgeschlossen blieben, weil ein Leistungsanspruch nur
       bei „akuter“ oder „schmerzhafter“ Erkrankung bestehe und weitere
       Behandlungen im behördlichen Ermessen lägen.
       
       28 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Dribbusch
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Asyl
 (DIR) SPD
 (DIR) Bundesrat
 (DIR) Bündnis 90/Die Grünen
 (DIR) Flüchtlinge
 (DIR) Aufenthaltsrecht
 (DIR) Flüchtlinge
 (DIR) Flüchtlingspolitik
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Debatte Einwanderung und Wirtschaft: Ökonomie der Flucht
       
       Deutschland könnte Millionen von Syrern aufnehmen, ohne dass die Wirtschaft
       darunter leidet. Das zeigen der Mauerfall und die Aussiedler.
       
 (DIR) Aufenthaltsgesetz neu geregelt: Leichter rein, leichter raus
       
       Das Kabinett hat beschlossen, dass gut integrierte Ausländer einfacher ein
       Bleiberecht erhalten. Doch auch Abschiebungen sollen erleichtert werden.
       
 (DIR) Wirtschaft fordert Abschiebeverbot: Wer arbeitet, soll bleiben dürfen
       
       Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag benötigt asylsuchende Azubis,
       um unbesetze Plätze zu füllen. Er fordert, sie während der Ausbildung nicht
       abzuschieben.
       
 (DIR) Kommentar Neues Asylgesetz: Lautlos eingeknickt
       
       Die Grünen haben der Einschränkung der EU-Freizügigkeit zugestimmt. Denn
       mit liberaler Flüchtlingspolitik gewinnt man keine Wähler.
       
 (DIR) Mangel an Flüchtlingsunterkünften: Amt schickt Menschen auf die Straße
       
       Entgegen der Aussage des Sozialsenators im Parlament werden Flüchtlinge
       derzeit nicht vom Amt untergebracht. Traglufthallen als Notunterkunft
       eröffnet.
       
 (DIR) Syrische Flüchtlinge: Dieses neue, seltsame Leben 
       
       Rund 4.000 SyrerInnen leben offiziell in Berlin. Viele weitere kommen
       illegal mit Schleppern in die Stadt. Bürokratische Hürden nehmen vielen die
       Energie.