# taz.de -- Regenwaldrodungen für Palmöl: Ende des Versteckspiels
       
       > Die Produktion von Palmöl ist ökologisch bedenklich. Auf Verpackungen
       > wird es deshalb oft anders bezeichnet. Damit ist jedoch bald Schluss.
       
 (IMG) Bild: Palmöl statt Regenwald: Plantage in Malaysia.
       
       BERLIN taz | Bisher konnte die Industrie es hinter verschiedensten Namen
       verstecken: Pflanzenfett oder pflanzliches Öl, Palmate oder Palmitate.
       Dahinter steht aber meist ein und derselbe Inhaltsstoff – Palmöl. Zumindest
       beim Essen ist das Versteckspiel bald vorbei: Am 13. Dezember tritt eine
       EU-Verordnung zur Kennzeichnung von Lebensmitteln in Kraft, nach der Palmöl
       namentlich aufgeführt werden muss.
       
       Die Produktion des Fetts hat einen denkbar schlechten Ruf. Die Ölpalme
       wächst im selben Klima wie der tropische Regenwald, der für den Anbau
       häufig gerodet wird. Bedrohte Tiere wie der Orang-Utan verlieren ihren
       Lebensraum, Kleinbauern werden vertrieben. Indonesien und Malaysia sind am
       stärksten betroffen: Sie decken 85 Prozent des globalen Bedarfs. 2013 lag
       die Produktion bei 58 Millionen Tonnen.
       
       Das rotgolden schimmernde Öl ist überall: In Brotaufstrich und Keksen, in
       Seife und Duschgel, in Fertigsuppen und Margarine. Die neue Kennzeichnung
       könnte mehr Druck auf die Produzenten ausüben, zertifiziert nachhaltiges
       Palmöl zu verwenden. Selbst bei diesem Öl hätten sich Produzenten bislang
       aus Imagegründen oft gescheut, es auch auszuweisen, sagt WWF-Sprecher
       Roland Gramling.
       
       Zwar gibt es seit 2004 den vom WWF initiierten Roundtable on Sustainable
       Palm Oil (RSPO), der Nachhaltigkeit und Mindeststandards garantieren soll.
       Doch bislang ist nicht mal ein Fünftel der weltweiten Produktion
       RSPO-zertifiziert. Viele NGOs halten auch diesen Standard für zu lasch:
       RSPO verleihe „dem schmutzigen Palmöl einen grünen Anstrich“, schreibt
       Robin Wood.
       
       ## Es gibt Bio-Alternativen – aber die sind teuer
       
       Dabei gibt es das Fett sogar in Bio. In dieser Nische bewegen sich wenige
       Produzenten wie Agropalma aus Brasilien und Daabon aus Kolumbien, dessen Öl
       in einem Großteil der Bioprodukte der deutschen Firma Alnatura landet.
       
       Der Mangel hat den US-Seifenhersteller Dr. Bronner’s Magic Soaps dazu
       bewogen, tätig zu werden. 2006 initiierte das Unternehmen ein Projekt im
       Osten Ghanas. 670 Kleinfarmen mit einer Größe von jeweils etwa zwei Hektar
       arbeiten dort mit der Dr.-Bronner’s-Tochter Serendipalm zusammen. 2014
       liegt der Ertrag bei etwa 500 Tonnen. Kunden: mittlerweile auch der
       Fair-Händler Gepa oder der Biohersteller Rapunzel.
       
       Der Preisunterschied ist markant: Konventionelles Palmfett werde auf dem
       Markt mit etwa 60 Cent pro Kilo gehandelt, sagt Gepa-Produktmanager Stephan
       Beck. Die biofaire Variante koste 2 Euro. Darin enthalten sei auch eine
       Fairtrade-Prämie für den Bau von Trinkwasserbrunnen.
       
       ## Kein Palmöl ist auch keine Lösung
       
       „Der Bedarf wächst“, sagt Gero Leson, der sich bei Dr. Bronner’s um fairen
       Handel kümmert und das Projekt in Ghana mehrfach pro Jahr besucht. Deshalb
       versuchen die Bauern, den Ertrag mit dem Beschnitt von Palmen oder
       produktiveren Setzlingen zu steigern. Zwar könnte das Projekt weitere
       Bauern suchen, doch: Die Flächen sind endlich, Rodungen tabu. Das jetzige
       Land werde seit Jahrzehnten bewirtschaftet, sagt Leson. Auch dieses musste
       zwar mal urbar gemacht werden, schränkt er ein: „Fast überall, wo wir
       arbeiten, war früher mal Urwald.“ Aber das sei weit vor Projektbeginn
       gewesen.
       
       Der Marktanteil von Biopalmöl ist gleichwohl gering: Der Öko-Anbauverband
       Naturland schätzt ihn auf unter 0,1 Prozent. Viele Umweltbewegte meiden
       generell Produkte mit Palmöl. Die Ölpalme zu verteufeln hält Leson für
       falsch: „Das Problem ist nicht die Pflanze, sondern die Art, wie sie
       angebaut wird.“ Auch der WWF rät vom Boykott ab: Das entzöge den
       Kleinbauern die Lebensgrundlage. Ohnehin ist es schwer, Palmöl zu
       vermeiden: Laut Branchenschätzungen steckt es in der Hälfte aller
       Supermarkt-Produkte.
       
       Ein Verzeichnis palmölfreier Produkte sowie eine Liste mit
       Palmöl-Deklarationen findet sich auf [1][www.umweltblick.de]
       
       1 Dec 2014
       
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