# taz.de -- Kommentar Verweisung eines Austisten: Eine pädagogische Sünde
       
       > Endlich mal sieht sich auch ein Gymnasium in der Verantwortung für
       > Schüler, die nicht ins übliche Raster passen. Da machen das die
       > Paragrafenreiter kaputt.
       
 (IMG) Bild: Inklusion will viel. Wo sie gut funktioniert, ist Nachahmung angesagt.
       
       Diesen Jungen zu erleben und dazu die Gerichtsakten zu lesen, tut einfach
       nur weh. Da hat ein junger Mensch Fuß gefasst, es wurde eine Lösung
       gefunden, mit der der Junge zurecht kommt, eine Lernumgebung, in der er
       lernt und nicht nur an seiner Umgebung verzweifelt. Und dann gibt es da die
       Paragrafen des Hamburger Schulgesetzes, die sich offensichtlich arg
       widersprechen.
       
       Da steht einmal: Aufs Gymnasium, selbst wenn es sich um ein spezielles
       Förderprojekt handelt, darf nur, wer gute Noten hat. Im Gesetz steht aber
       auch: Jeder Schüler hat seit 2009 das Recht, eine Regelschule zu besuchen.
       Kein Schüler kann mehr gegen seinen Willen auf die Sonderschule abgeschoben
       werden. Das ist das Wunderbare an der Inklusion, die man keinesfalls als
       gescheitert betrachten muss, nur weil es an allen Ecken zu wenig
       Ressourcen, Fortbildung und Verständnis gibt.
       
       Aber die Inklusion wird in Hamburg zuallererst den Stadtteilschulen
       aufgebürdet. Sie sollen Wunder vollbringen und alle sozialen und
       pädagogischen Probleme lösen. Da ist die Autisten-Klasse am
       Brahms-Gymnasium ein Lichtblick. Dort sieht sich auch ein Gymnasium in der
       Verantwortung für Schüler, die nicht in das übliche Raster passen.
       
       Viel spricht dafür, dass dieser Junge bisher seine Potenziale noch nicht
       optimal entwickeln konnte. Aber er hatte in der A-Klasse eine Chance. Und
       es hat auch Sinn, wenn ein Kind dort lernt, das nicht zwingend den Sprung
       in die Oberstufe schafft.
       
       Die Argumentation der Behördenjuristen ist formalistisch. Wieso es zu
       dieser Entscheidung kam, ist nicht ganz ersichtlich. Wohl möglich, dass es
       auch um die Schulwegkosten ging. Doch es kostet den Staat auch viel Geld,
       wenn junge Menschen ohne Schulbildung bleiben und auf Dauer von
       Transferleistungen abhängig sind.
       
       Zu wünschen ist, dass hier für den Fall Sebastian R. eine glückliche
       Einzelfalllösung gefunden wird. Und vielleicht hat es Sinn, aus dem Fall zu
       lernen. Das, was in der Pädagogik gut funktioniert, verdient Nachahmung.
       Niemals aber, dass man es zerstört.
       
       30 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kaija Kutter
       
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