# taz.de -- Grünen-Vorschlag: Gymnasien sollen abgeben
       
       > Weil an einigen Stadtteilschulen wegen der Inklusion Notstand herrscht,
       > beantragen Grüne einen 13-Millionen-Fonds, den auch die Gymnasien
       > bezahlen müssten.
       
 (IMG) Bild: Geht doch: Inklusion am Helmut-Schmidt-Gymnasium in Wilhelmsburg.
       
       Das Thema Inklusion bleibt Zankapfel in der Stadt. Weil das Geld für die
       Förderung behinderter Kinder an den Stadtteilschulen „von vorne bis hinten“
       nicht reiche, fordert die grüne Schulpolitikerin Stefanie von Berg jetzt
       einen 13-Millionen-Euro schweren Hilfsfond. Finanziert werden soll dies aus
       der „Vertretungsreserve“ der Schulen, in der sich 32 Millionen Euro
       angehäuft hätten.
       
       Die Stadtteilschulen seien „teilweise Notstandsgebiet“, so von Berg, das
       sagten auch leitende Beamte der Behörde. Das Problem: Schulsenator Ties
       Rabe (SPD) hat für Kinder „mit Förderbedarf im Bereich Lernen, Sprache,
       emotionale Entwicklung“ (LSE) ein neues Modell entwickelt, das die Zahl der
       Förderstunden an einen Sozialindex koppelt. Je weniger arme Kinder, desto
       weniger Lernbehinderungen, so die Annahme. Dennoch lagen die tatsächlichen
       Zahlen der im April fürs neue Schuljahr angemeldeten LSE-Kinder an 37 der
       52 Stadtteilschulen über dem von der Behörde unterstellten Statistikwert.
       So gibt es Stadtteilschulen, die nur für 5,7 Prozent der Kinder
       Förderstunden bekommen, obwohl 27 Prozent LSE-Kinder angemeldet sind.
       
       Die Grünen wollen nun für die Jahre 2012 bis 2014 einen Sonderfonds
       auflegen, aus dem die „Förderkoordinatoren“ der Schulen unbürokratisch
       Mittel abrufen könnten. Davon könne befristet Personal eingestellt oder
       Coaching finanziert werden, so von Berg. Eine Förderkoordinatorin, die
       nicht genannt werden will, sagt, es fehle auch an geeigneten Büchern und
       Lernmaterial für die LSE-Schüler. Auch bräuchten die Lehrer dringend
       Teamzeit, um den Unterricht, der nun auf fünf Niveaus stattfinden müsse, zu
       entwickeln.
       
       Die Grünen wollen dafür den Vertretungsfonds von Gymnasien und
       Stadtteilschulen für die Jahre 2013 und 2014 von jeweils 16,6 auf zehn
       Millionen Euro kürzen. Unterm Strich würden so die Gymnasien Geld abgeben,
       da sie nicht wie die Stadtteilschulen vom Inklusionsfonds profitieren. Der
       pensionierte Gymnasial-Schulleiter Wolfgang Dittmar unterstützt die
       Grünen-Idee. „Als Schulleiter wäre ich darüber stocksauer“, räumt er ein.
       Das Geld werde aber meist nicht ausgeschöpft, weil sich daraus nur
       langfristige Vertretungen bezahlen ließen. Da die Gymnasien sich an der
       Inklusion kaum beteiligen, sei dies „ein nötiges Zeichen der Solidarität
       mit den Stadtteilschulen“.
       
       Doch der Plan ist umstritten. Die CDU fordert eine längerfristige Lösung
       und regt an, in stabilen Gebieten die Klassen zu vergrößern. Die Linke
       würde stattdessen den Privatschulen weniger Geld geben. Auch
       SPD-Schulpolitiker Lars Holster hält die Grünen-Idee für zu kurzfristig
       gedacht, er räumt aber ein: „Es gibt eine Hand voll Schulen, da ist
       Handlungsbedarf.“
       
       Schulsenator Rabe hatte bislang mit Gegenangriff auf die Kritik reagiert.
       Er stellte die Anmeldezahlen in Frage: Seit Beginn der Inklusion im Jahr
       2010 seien über 1.000 LSE-Kinder mehr an Regelschulen angemeldet, als an
       Sonderschulen fehlten. Hier hätten sich bei der Beurteilung „Maßstäbe
       verschoben“. Rabe ließ schon vor den Sommerferien alle LSE-Fälle
       überprüfen. Doch das Ergebnis steht bis heute aus.
       
       Auch gestern hieß es aus seiner Behörde, es gebe nur „Zwischenstände“,
       endgültige Zahlen lägen nicht vor Januar vor. Die Inklusionsmittel seien
       auf längere Sicht „auskömmlich“, so Sprecher Peter Albrecht. Man prüfe aber
       „Überbrückungsmaßnahmen“ für einzelne Schulen, sechs halbe Stellen habe man
       bereits vergeben.
       
       Von einem Solidarbeitrag der Gymnasien hält der Senator nichts. Bei den
       Vertretungsmitteln handle es sich um „Einzelbudgets“ der Schulen. Die
       könnten für sich entscheiden, dies für Inklusion nutzen. „Das hilft den
       belasteten Stadtteilschulen nicht“, hält von Berg dagegen.
       
       20 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kaija Kutter
       
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