# taz.de -- Nach dem UN-Klima-Gipfel: „Der Druck von außen ist notwendig“
       
       > Nur Mut, meint die Energieexpertin Jennifer Morgan. Zwar scheuten sich
       > viele Länder, Klimaziele festzuschreiben, aber tatsächlich seien die
       > meisten durchaus aktiv.
       
 (IMG) Bild: Ha, nichts da! Die Ruhepause in Lima ist vorbei. Jetzt geht's wieder ab nach Hause. Was für's Klima tun!
       
       taz: Frau Morgan, wie weit bringen uns die Beschlüsse von Lima auf dem Weg
       zu einem globalen Klimaabkommen in Paris in einem Jahr? 
       
       Jennifer Morgan: Ziemlich weit. Erstens ist der „Elementetext“ jetzt eine
       Basis für die Verhandlungen. Er hat die Unterstützung aller Länder, das ist
       ein wichtiger Schritt. Nächstes Jahr können sich die Staaten auf die
       Verhandlungen konzentrieren statt auf den Prozess.
       
       War das nur ein Minimalkompromiss oder mehr? 
       
       Das ist mehr als ein Minimalkompromiss. Es gab viele Länder, die sich zu
       deutlich weniger Informationen verpflichten wollten, als jetzt drinstehen.
       
       Die Stimmung war zum Schluss sehr schlecht. Vorher war sie gut. Wie
       passiert so etwas? 
       
       Das sind die emotionalen Entwicklungen in den Verhandlungen. Es gab
       Probleme im Prozess. Der Konferenzpräsident hat mit den Ländern beraten,
       dann kam plötzlich der Text raus, ehe er mit allen geredet hatte, und
       manche Länder fühlten sich übergangen. Das führt dann zu Problemen. Abends
       wollten aber wieder alle ein Ergebnis.
       
       Was sind die nächsten Schritte? 
       
       2015 wird ein arbeitsreiches Jahr. Im Februar treffen sich die Staaten zum
       Verhandeln in Genf, da geht es richtig los. Bis Mai müssen sie einen
       Verhandlungstext liefern, der in sieben Sprachen an die UNO geht. Bis März
       müssen die Länder ihre Selbstverpflichtungen auf den Tisch legen.
       
       Viele Leute sagen, bei den Konferenzen werde viel geredet, es gebe aber
       keinen Willen, etwas zu tun. 
       
       Das sehe ich ganz anders. Vor Lima ist bereits sehr viel passiert: Europa
       hat sein Ziel geliefert, die USA und China haben sich geeinigt, das war
       historisch. Hier auf der Konferenz konnte man sehen, dass die Länder viel
       mehr zu Hause machen, als sie in ein Abkommen zu schreiben bereit sind.
       
       Vor sechs Jahren waren schon einmal alle optimistisch. Was ist anders als
       vor dem gescheiterten Gipfel in Kopenhagen? 
       
       Es gibt heute mehr Verständnis dafür, dass ein internationales Abkommen
       nicht alles lösen kann. Damals gab es eine große Erwartung. Heute wissen
       wir: So ein Abkommen ist nur ein Teil der Lösung, ein Hebel. Außerdem ist
       der Prozess anders. Vor Kopenhagen hatten wir einen sehr langen Text mit
       vielen Klammern. Jetzt haben wir nur 37 Seiten. Heute haben wir viel mehr
       Klarheit darüber, wer was machen will. Und nicht zuletzt arbeiten die USA
       und China zusammen. Die große Chance ist das Signal, dass alle mitmachen.
       Wenn es gut läuft, kann Paris der Wendepunkt sein. Aber dann geht es darum,
       die Ziele umzusetzen.
       
       Für wie groß halten Sie die Chancen für ein gutes Abkommen, auf einer Skala
       von 1 schlecht bis 10 gut? 
       
       Sechs bis sieben. Diesmal sind die USA ja wirklich dabei, sie handeln
       national. Das reicht noch nicht, aber für Obama steht das sehr hoch auf der
       Agenda im nächsten Jahr. Sein Außenminister Kerry kann nicht nach Lima
       kommen und so eine Rede halten und dann nichts machen. Ich hoffe auch, dass
       Europa seine Rolle findet. Im Moment ist die Frage: Wo ist die EU? Sie hat
       so viel beizutragen und viel mehr Erfahrung bei der Umsetzung von
       kohlenstoffarmer Wirtschaft. Auch hat Europa mehr Glaubwürdigkeit bei den
       Entwicklungsländern als die USA. Jetzt ist die Chance da, um die Europa
       seit Jahren gekämpft hat.
       
       Was muss 2015 für einen Erfolg in Paris noch passieren? 
       
       Im Text brauchen wir das Ziel, langfristig die fossilen Brennstoffe zu
       verlassen und den Weg zu diesem Ziel alle fünf Jahre zu überprüfen. Auf dem
       Weg dahin muss vor allem die Öffentlichkeit sagen, dass sie das will. Die
       Regierungen überall auf der Welt müssen hören, dass die Menschen das
       wollen. Bei der großen Demonstration in New York im September war das zum
       ersten Mal sehr deutlich. Das muss weitergehen. Die nationalen
       Selbstverpflichtungen der Länder sind da gute Ansätze, weil sich etwa NGOs,
       die gegen Kohle arbeiten, darauf berufen können. Für deutsche Firmen ist
       das eine tolle Chance, wenn jetzt die Rahmenbedingungen für eine
       kohlenstoffarme Wirtschaft geschaffen werden. Aber das muss die
       Öffentlichkeit vorantreiben: NGOs, Familien, Mütter, Väter, Schüler müssen
       sagen, dass sie es wollen. Der Druck von außen ist absolut notwendig für
       den Erfolg.
       
       15 Dec 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Pötter
       
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