# taz.de -- Fossile Brennstoffe und Klimawandel: Klimaschutz killt Kohle
       
       > Zum Erreichen des Zwei-Grad-Ziels müssen riesige Energie-vorkommen in der
       > Erde bleiben. Die EU, die Golfstaaten und Russland wären die Verlierer.
       
 (IMG) Bild: Müssen wir schon bald auf solch idyllische Bilder verzichten?
       
       BERLIN taz | Bei einem ernsthaften globalen Klimaschutz würden viele Länder
       und Konzerne eine Menge Geld verlieren: Wenn die Erwärmung der Atmosphäre
       bis 2100 bei 2 Grad Celsius gestoppt werden soll, müssen insgesamt 88
       Prozent der weltweiten Reserven an Kohle, 52 Prozent der Gasvorkommen und
       35 Prozent der Ölvorräte im Boden bleiben.
       
       Das ist das Ergebnis einer Studie des britischen University College in
       London, die jetzt in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde. Die
       Untersuchung zeigt auch, welche Regionen am meisten betroffen wären:
       Europa, die USA, Japan und Australien würden auf ihrer Kohle sitzen
       bleiben, die Mittlere Osten auf seinem Gas und Kanada auf seinen
       Teersänden. Auch die umstrittene Ölsuche in der Arktis wäre ein
       Verlustgeschäft.
       
       Neu an der Untersuchung ist ein genauer Blick, welche Rohstoffe
       „unbrennbar“ sind, weil sie das „Kohlenstoffbudget“ der Erde überschreiten.
       Bereits vor einigen Jahren hat die Internationale Energieagentur (IEA) in
       Paris errechnet, dass etwa zwei Drittel aller fossilen Brennstoffe nicht
       verheizt werden dürfen, wenn das von allen Staaten akzeptierte 2-Grad-Ziel
       erreicht werden soll.
       
       In dem aktuellen Papier errechnen die Forscher, wo Öl, Kohle und Gas in den
       nächsten Jahrzehnten noch so billig zu fördern sind, dass diese Brennstoffe
       auch unter einem strengen Klimaregime bis 2050 auf den Markt kämen. Die
       komplexen Modelle zeigen gravierende Probleme für die Energiepolitik vieler
       Regionen: So müssten die Ölstaaten am Persischen Golf auf die Ausbeutung
       von 38 Prozent ihrer Reserven verzichten.
       
       ## CCS mit bescheidenem Einfluss
       
       In Kanada rechnen sich die umstrittenen Teersand-Projekte nicht, 75 Prozent
       der Reserven blieben damit unberührt. Die USA wiederum könnten über 90
       Prozent des heimischen Öls fördern, weil die Kosten für Produktion und
       Vertrieb gering sind. Und allein aus ökonomischen Gründen sollten „alle
       arktischen Ressourcen als unverbrennbar eingestuft werden“.
       
       Beim Gas könnten nach diesen Modellen die Golfstaaten, die Staaten der
       ehemaligen Sowjetunion und Lateinamerika rund 60 Prozent ihrer Reserven
       nicht antasten. Vor allem aber würde echter Klimaschutz einen Abschied von
       der Kohle bedeuten: Die USA und Russland könnten nur noch 10 Prozent ihrer
       Reserven ausbeuten, China und Indien nur noch 35 Prozent. Selbst die
       Einführung der umstrittenen und nicht erprobten Abtrennung und Speicherung
       des CO2 aus der Kohle (CCS) hätte darauf nur „einen relativ bescheidenen
       Einfluss“.
       
       Insgesamt sei der „Instinkt der Politiker, schnell und vollständig die
       fossilen Brennstoffe ihrer Länder auszubeuten“, nicht mit dem Klimaschutz
       zu vereinbaren, schreiben die Autoren. Auch Geld für neue Gas- und Ölfelder
       sei verschwendet, denn „Entdeckungen können nicht zu mehr Produktion
       führen“.
       
       Der Zweifel am Sinn von Investitionen breitet sich inzwischen auch in der
       Wirtschaft immer weiter aus. Erst im Dezember warnte die Investitionsbank
       Goldman Sachs, weltweit stünden Ölprojekte für mehr als eine Billion Dollar
       auf der Kippe, weil der Ölpreis unter 60 Dollar pro Fass gefallen war.
       Inzwischen liegt er bei unter 50 Dollar.
       
       8 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Pötter
       
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