# taz.de -- Aufarbeitung der Diktatur in Indonesien: Späte Hoffnung auf Gerechtigkeit
       
       > Ein Tribunal will die antikommunistisch motivierten Morde in Indonesien
       > untersuchen. Ihnen fielen Mitte der 60er-Jahre Hunderttausende zum Opfer.
       
 (IMG) Bild: Zerstörtes Gebäude der Kommunistischen Partei 1965 in Jakarta.
       
       BERLIN taz | Für die Opfer ist es ein neuer Hoffnungsschimmer: Das
       „International People’s Tribunal 1965“ (IPT 1965), dessen Aktivitäten am
       Mittwoch in Jakarta und Amsterdam erstmals öffentlich vorgestellt wurden.
       Das Tribunal ist eine zivilgesellschaftliche Initiative zur überfälligen
       Aufarbeitung der Kommunistenverfolgung in Indonesien im Jahr 1965. Seit
       2012 bereiten Opfer, Angehörige, Juristen, Wissenschaftler und Künstler aus
       Indonesien und dem Ausland das Tribunal vor. Im November 2015 – genau 50
       Jahre nach den Massenmorden, denen rund eine Million Menschen zum Opfer
       fielen – soll das Tribunal in Den Haag stattfinden.
       
       Selbst von einer teilweisen staatlichen Aufarbeitung ist Indonesien noch
       weit entfernt. Zwar gibt es viele zivilgesellschaftliche Gruppen, die sich
       auf lokaler Ebene der Aufarbeitung widmen. Doch es gibt nach wie vor keine
       staatlichen Schritte für Versöhnung und Entschädigung. Die Bildung einer
       Wahrheits- und Versöhnungskommission scheiterte 2006.
       
       Ein Bericht der Nationalen Menschenrechtskommission von 2012, der die
       Kommunistenverfolgung als schwere Menschenrechtsverletzung einstufte, das
       Militär als Hauptverantwortlichen nannte und der Generalstaatsanwaltschaft
       Ermittlungen empfahl, blieb folgenlos. Im gleichen Jahr sorgte der
       Dokumentarfilm „The Act of killing“ des US-Fimemachers Joshua Oppenheimer,
       der erstmals Täter der Kommunistenverfolgung vor die Kamera brachte, für
       internationales Aufsehen. Er zeigt, wie stark die Täter bis heute in
       höchsten Machtebenen vernetzt sind. Demnächst kommt Oppenheimers neuer Film
       „The look of silence“ ins Kino, in dem es um die Opfer von 1965 geht.
       
       Das inoffizielle Tribunal wird keine juristische Wirkung entfalten. Es soll
       die Öffentlichkeit aufmerksam machen auf eines der größten Verbrechen des
       20. Jahrhunderts, bei dem die Welt weg schaute. „Jede Aktivität, die Druck
       auf unsere Regierung macht, sich ihrer Verantwortung zu stellen, ist
       begrüßenswert“, so der Schriftsteller und Filmemacher Putu Oka Sukanta zur
       taz.
       
       ## Historisches Bewusstsein verändern
       
       Putu überlebte die Kommunistenverfolgung und saß zehn Jahre im Gefängnis.
       Solange die Regierung als Hauptverantwortliche schweige, so Putu, sei es
       schwer, konkret etwas für die Opfer zu erreichen. „Das Tribunal und seine
       internationale Wirkung bringt hoffentlich mehr Unterstützung für die
       Aufarbeitungsprozesse in Indonesien aus Ländern, die die Menschenrechte
       wichtig nehmen.“ Begleitet von Unterrichtsmaterial für Schulen, wo noch
       immer Suhartos Geschichtsschreibung dominiert, will das Tribunal das
       historische Bewusstsein verändern.
       
       Indonesien hatte bis 1965 die drittgrößte kommunistische Partei der Welt.
       Im Zuge der Machtergreifung von General Suharto hatten Militärs,
       Paramilitärs und mit ihnen verbündete zivile Gruppen ab Oktober 1965 eine
       beispiellose Hetzjagd auf alle veranstaltet, die des Linksseins verdächtig
       waren.
       
       Der Westen, dem das Liebäugeln von Suhartos Vorgänger Sukarno mit den
       Linken ein Dorn im Auge war, unterstützte den Antikommunisten Suharto mit
       Geld und Logistik. Suharto revanchierte sich, indem er das größte und
       rohstoffreichste Land Südostasiens für westliche Firmen öffnete. Anders als
       beim Vietnamkrieg oder bei den Morden der Roten Khmer in Kambodscha nahm
       die westliche Öffentlichkeit vom Blutbad in Indonesien kaum Notiz.
       
       ## Aufbrechen der Stigmatisierung
       
       Jene, die die Gewalt überlebten, verbrachten Jahre im Gefängnis. Die
       meisten „65er-Häftlinge“ kamen erst ab Ende der 70er Jahre frei. Doch auch
       danach blieben sie und ihre Familien Stigmatisierte – und sind es bis
       heute.
       
       „Das Jahr 1965 wird oft als, ’das Jahr, das niemals endete, bezeichnet“,
       erklären die Initiatoren des Tribunals auf ihrer Website
       [1][1965tribunal.org]. Sie verweisen auf Parallelen mit Südafrika und
       lateinamerikanischen Staaten, wo „im Rahmen von postautoritären
       Transformationen ähnliche Tragödien nur zum Teil aufgearbeitet werden
       konnten“.
       
       18 Dec 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://1965tribunal.org
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anett Keller
       
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