# taz.de -- Protest gegen Wahlrechtsreform: Tag der Gewalt in Kinshasa
       
       > Die Unruhen wegen der Wahlrechtsreform weiten sich in der Hauptstadt des
       > Kongo aus. Oppositionelle werden verhaftet. Die Opferzahlen sind
       > umstritten.
       
 (IMG) Bild: 19. Januar 2015: Zu allem bereite Polizisten konfrontieren Passanten in Goma
       
       BERLIN taz | Nach den gewaltsamen Protesten gegen eine Wahlrechtsreform in
       der Demokratischen Republik Kongo am Montag hat sich die Lage am Dienstag
       weiter verschärft. Erneut gingen in der Hauptstadt Kinshasa zahlreiche
       jugendliche Demonstranten auf die Straße und wurden von den
       Sicherheitskräften mit Schüssen auseinandergetrieben. Augenzeugen
       berichteten von Unruhen mit Toten in mehreren Stadtteilen, darunter
       mindestens zwei Polizisten.
       
       Die mehrspurig ausgebaute Hauptstraße aus dem Stadtzentrum Richtung
       Flughafen, die an einigen der unruhigsten Slumviertel der
       Zehn-Millionen-Metropole vorbeiführt, war unpassierbar, weil sich
       Trauerzüge mit getöteten Demonstranten formierten. Der Kinshasa-Flug von
       „Air France“ machte am frühen Nachmittag auf halbem Weg kehrt und flog nach
       Paris zurück.
       
       Verlässliche Informationen gab es kaum, da die Regierung in der Nacht zum
       Dienstag das mobile Internet und den SMS-Verkehr lahmgelegt hatte.
       Gegenüber dem französischen Rundfunksender RFI bestätigten die sechs in der
       Demokratischen Republik Kongo tätigen Telefongesellschaften, sie seien von
       der Regierung angewiesen worden, ab Mitternacht diese Dienste für alle ihre
       Kunden auf unbestimmte Zeit abzuschalten.
       
       Nach Berichten oppositioneller Kongolesen, denen auf anderen Wegen eine
       Kommunikation mit der Außenwelt gelang, wurde am frühen Dienstagmorgen der
       prominente Oppositionspolitiker Jean-Claude Muyambo aus der Südprovinz
       Katanga in seinem Haus in Kinshasa festgenommen, angeblich auch der derzeit
       aktivste Oppositionsführer Vital Kamerhe sowie andere Oppositionelle. Im
       Gegenzug griffen Demonstranten im Laufe des Tages öffentliche Gebäude in
       Kinshasa an. Es kam zu Plünderungen.
       
       Hintergrund der Unruhen ist, dass das Parlament am vergangenen Samstag auf
       Antrag der Regierung das Wahlgesetz änderte und unter anderem eine
       Volkszählung vor den nächsten Wahlen Ende 2016 beschloss. Die Opposition
       geht davon aus, dass damit die Wahlen um mehrere Jahre verschoben werden
       müssen, weil eine Volkszählung im riesigen Kongo sehr lange dauert. Das
       geänderte Wahlgesetz ging am Dienstag ins Oberhaus des Parlaments, den
       Senat, und stieß dort offensichtlich auf mehr Widerstand.
       
       Die Proteste am Montag hatten nach Regierungsangaben vier Tote gefordert,
       darunter zwei Polizisten. Die Opposition sprach von 14 bis 20 Toten und
       warf der Regierung vor, Leichen zu verstecken. Journalisten wurden daran
       gehindert, Leichenhallen aufzusuchen, um die Angaben zu verifizieren.
       
       20 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kongo
 (DIR) Wahlrecht
 (DIR) Kinshasa
 (DIR) Protest
 (DIR) Joseph Kabila
 (DIR) Goma
 (DIR) Kinshasa
 (DIR) Katholische Kirche
 (DIR) Joseph Kabila
 (DIR) Kongo
 (DIR) Schwerpunkt Pressefreiheit
 (DIR) Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Mysteriöses Massengrab im Kongo: Faule Ausrede für „faulende Leichen“
       
       Ein Massengrab mit 425 Toten in Kinshasa erregt die Öffentlichkeit. Handelt
       es sich um Opfer der Proteste vom Januar?
       
 (DIR) Vereitelte Konferenz im Kongo: Polizei sprengt Demokratie-Treffen
       
       Aktivisten aus verschiedenen Ländern trafen sich in Kinshasa zum Austausch.
       Kongos Regierung sah darin staatsfeindliche Umtriebe.
       
 (DIR) Wahlrechtsreform im Kongo: Erfolg für die Protestbewegung
       
       Nach vier Tagen Unruhen schreibt das Parlament fest, dass die nächsten
       Wahlen nicht verschoben werden dürfen. Ein Sieg für die Protestierenden.
       
 (DIR) Proteste im Kongo: Steine, Tränengas, Schüsse
       
       Wegen einer Wahlrechtsreform kommt es zu Unruhen. Kongos Parlament vertagt
       die Entscheidung und verlängert die Krise.
       
 (DIR) Proteste im Kongo: „Hört auf, euer Volk zu töten“
       
       Die mächtige katholische Kirche unterstützt jetzt die Proteste gegen
       Kabilas Wahlrechtsreform. Die Gewalt in Kinshasa dauert an.
       
 (DIR) Proteste im Kongo: Revolte zum Schutz der Wahlen
       
       Proteste gegen eine Wahlverschiebung arten in Kinshasa und Goma in Gewalt
       aus. Die Opposition wünscht sich einen Volksaufstand wie in Burkina Faso.
       
 (DIR) Machtkampf im Kongo: Moise und der „dritte Elfmeter“
       
       Moise Katumbi führt die reichste Provinz und den erfolgreichsten
       Fußballclub. Jetzt bricht Katangas Gouverneur mit Präsident Kabila.
       
 (DIR) Journalist im Ostkongo ermordet: Gefährliches Berichtsgebiet
       
       Der Journalist Robert Shamwami Shalubuto wurde in einer Bar in Goma gezielt
       erschossen. Das Mordmotiv ist noch unklar.
       
 (DIR) Sacharow-Preis für Kongolesen: Der Preis der Ehre
       
       Das EU-Parlament zeichnet den Gynäkologen Denis Mukwege aus. An den
       Zuständen im Kongo, gegen die er ankämpft, ist die EU beteiligt.