# taz.de -- Europäische Zentralbank kauft Anleihen: Draghi lässt sich nicht aufhalten
       
       > Gegen Kritik aus Deutschland beschließt die EZB, Anleihen für rund 1
       > Billion Euro zu erwerben. So soll die Wirtschaft angekurbelt werden.
       
 (IMG) Bild: Euros – eine Billion davon.
       
       BRÜSSEL taz | Nun ist passiert, wovor Bundesbank-Präsident Joachim Weidmann
       bis zuletzt gewarnt hat: Die Europäische Zentralbank (EZB) wirft die
       Notenpresse an. Um den drohenden Preisverfall – also eine Deflation – in
       der Eurozone zu bekämpfen, will die EZB bis September 2016 jeden Monat
       Unternehmens- und Staatsanleihen im Wert von 60 Milliarden Euro kaufen.
       
       Die vor allem in Deutschland umstrittene Aktion soll die Kauflaune erhöhen,
       neue Investitionen auslösen und den Eurokurs weiter drücken – was am Ende
       mehr Wachstum bedeuten könnte. In freudiger Erwartung schnellte der DAX am
       Donnerstag auf ein neues Rekordhoch, der Euro gab nach.
       
       Überrascht zeigten sich Börsenhändler und EZB-Experten vor allem vom Ausmaß
       der Aktion. „Da das Programm 19 Monate laufen soll, dürften mehr als 1.000
       Milliarden Euro in den Markt gepumpt werden“, sagte der Chefvolkswirt der
       Commerzbank, Jörg Krämer. Das sei mehr, als die meisten Fachleute erwartet
       hatten. Pro Einwohner wären das knapp 3.400 Euro, rechnete ein anderer
       Analyst vor. Allerdings kommt die Geldschwemme – wenn überhaupt – nur
       indirekt bei den Bürgern an. Zunächst profitieren vor allem die Banken der
       Eurozone, die ihre Anleihen zu Geld machen können. Freuen dürfen sich auch
       die Finanzminister, die für Schulden weniger Zinsen zahlen müssen.
       
       Das Programm sei mit großer Mehrheit beschlossen worden, sagte Draghi. Mit
       versteckter Staatsfinanzierung habe es nichts zu tun, erklärte er mit einem
       Seitenhieb auf seine Kritiker in der Bundesbank. Vielmehr müssten die
       Krisenländer der Eurozone sich weiter um Reformen und Wachstum bemühen.
       
       Draghi hatte seine Entscheidung seit Monaten angekündigt. Sie gilt als eine
       der letzten Optionen der Zentralbank, nachdem alle anderen Mittel der
       Geldpolitik ausgeschöpft sind. Der Leitzins liegt – zur Freude von
       Häuslebauern, zum Ärger vieler Sparer – nur noch bei 0,05 Prozent, ein
       historischer Tiefstwert.
       
       ## Ein Teufelskreis von Wirtschaftsschwäche und Austerität
       
       Zudem stellt die EZB den Banken bereits Liquidität zum Nulltarif bereit.
       Doch die Hoffnung, so die Konjunktur anzukurbeln, hat sich nicht erfüllt.
       Die Eurozone wächst nur minimal, die Verbraucherpreise sind im Dezember im
       Jahresvergleich um 0,2 Prozent gefallen – meilenweit entfernt vom
       EZB-Inflationsziel von plus 2,0 Prozent.
       
       So blieb Draghi nicht viel anderes übrig, als sich am „Quantitative Easing“
       zu versuchen, wie der Eingriff im Fachjargon heißt. Vor der EZB hatten es
       bereits die Federal Reserve in den USA und die Bank of England ausprobiert.
       Dort war man mit den Ergebnissen zufrieden; unerwünschte Risiken und
       Nebenwirkungen wurden nicht gemeldet.
       
       Bundesbank und Bundesregierung sind dennoch in Sorge: Wenn Draghi die
       Geldschleusen weit aufmacht, könnte der Spar- und Reformkurs in Euroland
       beendet werden und die Wettbewerbsfähigkeit Schaden nehmen. Allerdings hat
       genau dieser Kurs – Kritiker sprechen von Austeritätspolitik – entscheidend
       zur aktuellen Wachstumsschwäche beigetragen.
       
       ## Eurobonds durch die Hintertür?
       
       Dennoch wiederholten Kanzlerin Angela Merkel und andere deutsche Politiker
       ihre Kritik. Der Spar- und Reformkurs müsse weitergehen, sagte Merkel beim
       Weltwirtschaftsforum in Davos. „Das EZB-Programm dämpft den Reformeifer in
       Frankreich und Italien“, warnte der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber.
       
       Kritik kam auch von der AfD. Deren Chef Bernd Lucke sprach von einer
       „Verzweiflungstat“. Die EZB führe mit dem Anleiheprogramm Eurobonds durch
       die Hintertür ein. Demgegenüber äußerten sich Sozialdemokraten und Grüne
       zustimmend. „Ein weiteres Mal holt die EZB die Kohlen für untätige Staats-
       und Regierungschefs aus dem Feuer“, betonte Udo Bullmann, Vorsitzender der
       SPD-Gruppe im Europaparlament.
       
       Die Wirtschaft reagierte gemischt. Während der Unternehmensverband
       BusinessEurope Verständnis für die EZB-Entscheidung zeigte, sprach der
       deutsche Versicherungsverband von einer Zumutung. „Ich kann auf breiter
       Front keine wirklichen Deflationsgefahren erkennen, die es zu bekämpfen
       gilt“, sagte Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon.
       
       22 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
       
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