# taz.de -- Vor dem G7-Gipfel in Elmau: Gülle gegen Demonstranten
       
       > Seit Monaten versuchen Aktivisten Flächen für ihre Protestcamps zu
       > finden. Doch im Freistaat sind die Anti-Gipfel-Zelte politisch nicht
       > gewünscht.
       
 (IMG) Bild: Um das Schloss Elmau herum wäre eigentlich genug Platz für ein paar Protestzelte.
       
       MÜNCHEN taz | Es ist nur ein Stück Wiese mit verwelkten Grashalmen und
       einem Holzschuppen im hintersten Eck Bayerns. Doch Benjamin Ruß ist
       begeistert. In seinem Kopf reihen sich hier schon die Zelte der
       Demonstranten. Ruß organisiert die Proteste gegen den G-7-Gipfel, der am 7.
       und 8. Juni auf Schloss Elmau stattfinden soll. Im November, als er die
       Wiese begutachtete, war er noch zuversichtlich, jetzt ist Ruß wütend.
       
       Es scheint so, als würden die bayerischen Behörden alles versuchen, um
       Protestcamps unmöglich zu machen. Seit September durchstreifen die
       Aktivisten das Gelände auf der Suche nach geeigneten Äckern und Wiesen.
       Insgesamt vier öffentliche Flächen hatten sie ausfindig gemacht, doch immer
       bekamen sie eine Absage der Gemeinde. Die Schreiben ähnelten sich vom
       Wortlaut stark, sogar ein Kommafehler war gleich. Für Ruß ein klares
       Zeichen, dass den Gemeinden von höherer Stelle bedeutet wurde, keine Camps
       zuzulassen.
       
       Diese Vermutung bestätigt Helmut Dinter. Er ist parteiloser Bürgermeister
       der Gemeinde Wessobrunn und war am 2. Dezember vergangenen Jahres bei einer
       Sitzung im Landratsamt dabei. Dort sei den Bürgermeistern klargemacht
       worden, dass sie „alles tun sollten, um Camps zu verhindern“, sagt Dinter.
       
       Dazu wurde ihnen eine ganze Palette an Möglichkeiten vorgestellt. Erst mal
       an die Bauern appellieren, ihre Äcker nicht zu verpachten. Gülle auf den
       Feldern zur Zeit des Gipfels wäre auch nicht verkehrt, sei nebenbei bemerkt
       worden. Wer sich doch mit den Demonstranten verbündet, den solle man
       „öffentlich ächten“. Wenn selbst das nicht reiche, dann müsse das örtliche
       Ordnungsamt den Störern „so viel Auflagen aufs Brot schmieren, dass sie die
       Lust verlieren“, sagt Dinter.
       
       ## Abschreckende Kautionsforderung
       
       Wie das aussehen kann, konnte er aus einem Mustervertrag ersehen, den ihm
       das Innenministerium zuschickte und der der taz vorliegt. Bis zu 100.000
       Euro sollen die Demonstranten demnach als Kaution hinterlegen. Aus dem
       Landratsamt heißt es, die Begriffe „Gülle“ und „ächten“ seien nicht
       gefallen, der Vortrag habe nur der „Sensibilisierung“ der Gemeinden
       gedient.
       
       Für Dinter war es hingegen „ein indirekter Aufruf, gegen das
       Demonstrationsrecht zu verstoßen“. Der Bürgermeister schimpft: „Nur weil
       Obama kommt, müssen wir hier doch keine heile Welt vorspielen.“
       
       Allerdings ist sein Ort 70 Kilometer von Elmau entfernt und ohnehin für
       Camps ungeeignet. Außer ihm protestierte niemand. „Die halten’s Maul, weil
       sie gut Geld bekommen haben“, sagt Dinter und meint etwa die Gemeinde Krün.
       Dank großzügiger Subventionen des Freistaats hat Krün jetzt ein frisch
       gestrichenes Rathaus und einen nagelneuen Bahnhof. Auch die Gemeinden
       Mittenwald und Garmsich profitierten.
       
       Insgesamt kostet der Gipfel über 130 Millionen Euro. „Das zahlen die Bürger
       mit ihren Steuern, aber ihre Meinung sollen sie nicht sagen“, empört sich
       Dinter. Aus dem Innenministerium heißt es, natürlich werde das
       Demonstrationsrecht gewahrt – Camps würden aber nicht darunter fallen.
       Außerdem habe die Erfahrung gezeigt, dass dort „gewaltbereite Gruppen ihre
       Aktionen geplant haben“.
       
       In den Augen des Aktivisten Benjamin Ruß tragen Camps allerdings eher dazu
       bei, Chaos zu verhindern. Ändert sich nichts, würden die Protestcamper eben
       wild zelten. Ruß erwartet etwa 2.000. Viele denken sich: „Jetzt kommen wir
       erst recht.“
       
       11 Feb 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lisa Schnell
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Protestcamp
 (DIR) Bayern
 (DIR) Protest
 (DIR) G7-Gipfel in Elmau
 (DIR) G7-Gipfel
 (DIR) G7
 (DIR) Elmau
 (DIR) Demonstrationen
 (DIR) G7-Gipfel in Elmau
 (DIR) Schloss Elmau
 (DIR) Demonstrationen
 (DIR) G7-Gipfel in Elmau
 (DIR) Heiligendamm
 (DIR) Entwicklungszusammenarbeit
 (DIR) Schwerpunkt TTIP
 (DIR) G7
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) G-7-Protestcamp verboten: Der Kampf um die Wies’n
       
       Hochwassergefahr nennen die Behörden für ihr Verbot des G-7-Protestcamps
       als Begründung. Der Wiesenbesitzer hatte schon vorher Ärger.
       
 (DIR) Entwicklungspolitik und G-7-Gipfel: „Unsere Kritik kommt an“
       
       Die Bundesregierung beginnt vor dem G-7-Gipfel im Juni, auch auf NGOs zu
       hören. Bernd Bornhorst vom NGO-Dachverband Venro ist optimistisch.
       
 (DIR) Für G7-Gipfel in Bayern: Bund schließt Krawallversicherung ab
       
       Im Juni tagt die G7 auf Schloss Elmau. Das Auswärtige Amt sichert sich
       dafür mit einer Versicherungspolice zum „Ersatz von Demonstrationsschäden“
       ab.
       
 (DIR) G7-Außenministertreffen in Lübeck: Besonnen blockieren
       
       Polizei und Innenpolitiker befürchten in Lübeck Szenen wie bei den
       Blockupy-Protesten. Die G7-Gegner hingegen kündigen friedliche Blockaden
       an.
       
 (DIR) Forderung Gysis zum G7-Gipfel: Putin soll auch kommen
       
       G7-Gipfel auf Schloss Elmau: Der russische Präsident Putin muss
       draußenbleiben. Gregor Gysi hält das für einen Fehler, Frank-Walter
       Steinmeier widerspricht.
       
 (DIR) G7-Gipfel in Lübeck: Keine Zeugen, keine Notfallvorsorge
       
       Beim G7-Gipfel soll es keine Demobeobachter mit besonderer
       Bewegungsfreiheit geben. Und die Uniklinik bemängelt die schlechte
       Vorbereitung für Notfälle.
       
 (DIR) Am Schauplatz des G-7-Gipfels: Elmau in Elmau zu Elmau
       
       Auf Schloss Elmau soll im Sommer die Weltpolitik auf deutsche Hochkultur
       treffen. Hotelier Mueller-Elmau präsentiert zuvor eine Selbstbetrachtung.
       
 (DIR) G-7-Gipfel auf Schloss Elmau: „Protztal für Reiche“
       
       Schloss Elmau in Oberbayern rüstet sich für das G7-Treffen im Juni des
       Jahres. Das abgeschiedene Tal lässt sich leicht abriegeln.
       
 (DIR) Vor dem G7-Gipfel in Deutschland: Große Worte, wenig Geld
       
       Hilfsorganisationen fordern, dass die Regierung ihre Präsidentschaft beim
       G7-Gipfel nutzt. Sie soll mehr Einsatz für die ländliche Entwicklung
       zeigen.
       
 (DIR) Attac und G-7-Gipfel: Die Logistik und das liebe Geld
       
       Weil Gegner des Gipfels nicht in München protestieren möchten, fällt eine
       gemeinsame Demo mit den TTIP-Gegnern von Attac wohl aus.
       
 (DIR) G7-Treffen 2015 im bayrischen Elmau: Die Alpenfestung
       
       Im Juni 2015 werden Zehntausende Polizisten, Journalisten und Demonstranten
       das idyllische Schlosshotel Elmau in den Alpen belagern. Ein Besuch.