# taz.de -- Mehr Angriffe auf Flüchtlingheime: Erst die Stimmung, dann die Taten
       
       > Die Zahl der Angriffe auf Berliner Flüchtlingsunterkünfte hat zugenommen,
       > ganz besonders seit Beginn der von Neonazis gesteuerten
       > flüchtlingsfeindlichen Proteste. Am stärksten betroffen:
       > Marzahn-Hellersdorf
       
 (IMG) Bild: Mal wieder im Fokus: Marzahn-Hellersdorf
       
       Flüchtlingsfeindliche Demonstrationen führen zu flüchtlingsfeindlichen
       Übergriffen – diese Schlussfolgerung legen die im letzten Jahr dramatisch
       gestiegenen Fallzahlen von rechtsradikalen Angriffen auf
       Flüchtlingsunterkünfte nahe, die die Senatsverwaltung für Inneres jetzt auf
       Anfrage der Grünen-Abgeordneten Clara Herrmann veröffentlicht hat. 41 Fälle
       von Angriffen auf bestehende oder sich im Bau befindende
       Flüchtlingsunterkünfte sind laut Auskunft der Senatsverwaltung für das
       letzte Jahr registriert, bis auf fünf nicht zuordenbare Fälle handelt es
       sich dabei durchweg um Delikte der Kategorie „Politisch motivierte
       Kriminalität – rechts“. Am stärksten betroffen war der Bezirk
       Marzahn-Hellersdorf mit insgesamt 12 Delikten, danach folgen die Stadtteile
       Buch mit 8 und Köpenick mit 7 Fällen.
       
       In 19 Fällen geht es um Sachbeschädigung, in 4 um Hausfriedensbruch und in
       3 Fällen um das Verwenden von Zeichen verfassungswidriger Organisationen.
       Schwere Körperverletzung, Brandstiftung, Volksverhetzung oder die
       öffentliche Aufforderung zu Straftaten sind ebenfalls in der Liste zu
       finden. Auffällig ist die Häufung der Fälle zum Jahresende: 26 Fälle
       ereigneten sich im letzten Quartal des Jahres, 16 allein im November. Damit
       fällt die Häufung genau in den Zeitraum, in dem die rechtsextrem
       gesteuerten Proteste gegen Flüchtlingsunterkünfte in den betroffenen
       Stadtteilen auf ihrem Höhepunkt waren.
       
       Da in der Zählung politisch motivierter Kriminalität die Kategorie „gegen
       Asylunterkünfte“ erst zum Jahr 2014 eingeführt wurde, ist ein direkter
       Vergleich mit den Vorjahren nicht möglich. Die Schnittmenge
       „Ausländer-/Asylthematik“ und „gegen Sachen“ umfasst für das Jahr 2013
       allerdings laut Senatsinnenverwaltung lediglich fünf Einträge. „Wir haben
       es hier mit einer enormen Steigerung zu tun“, sagt Herrmann. „Mit diesen
       Zahlen ist belegt, was viele befürchteten: Die menschenfeindliche Stimmung
       der Proteste bildet den Nährboden für gewaltbereite Einzelpersonen, die
       sich durch diese Demonstration bestärkt fühlen.“
       
       Der erste Fall ereignete sich bereits an Neujahr 2014: Zwei Männer
       zerstören die Tür einer Asylbewerberunterkunft in Hellersdorf, indem sie
       Böller an der Tür festkleben und dann anzünden. Über das Jahr verteilt,
       folgen weitere Fälle: Im März werden Flüchtlinge auf dem Weg in ihre
       Hellersdorfer Unterkunft mit Bierflaschen beworfen. Im April versuchen zwei
       Jugendliche, die Haustür einer Unterkunft in Köpenick in Brand zu setzen.
       Im August wird eine volksverhetzende Parole auf eine Unterkunft in
       Lichterfelde geschmiert. Ab Mitte Oktober, als die Proteste gegen die
       geplanten Containerunterkünfte beginnen, gibt es alle paar Tage einen neuen
       Fall. Es werden Bauzäune an den Standorten der geplanten Unterkünfte
       umgeworfen und Sicherheitskräfte attackiert. Menschen, die sich gegen die
       rechtsextremen Aktionen einsetzen, werden bedroht oder angegriffen.
       
       „Je mehr Taten begangen werden, desto mehr sinkt offenbar die
       Hemmschwelle“, sagt Herrmann. Darum müsse man sich mit den Betroffenen
       solidarisieren, Initiativen gegen rechts stärken und den Ermittlungsdruck
       gegen Neonazis erhöhen. Denn vorbei ist die Bedrohung nicht: Am heutigen
       Montag wollen Neonazis in Marzahn erneut gegen die geplante Unterkunft
       protestieren. Auch die Flüchtlingsgegner von „Bärgida“ wollen wieder am
       Hauptbahnhof demonstrieren, eine Gegenkundgebung ist für 17.30 Uhr
       angemeldet.
       
       22 Feb 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malene Gürgen
       
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