# taz.de -- Streit um Inklusion eskaliert: Senator ärgert Stadtteilschule
       
       > Erich-Kästner-Schule soll pro Klasse sechs Kinder mit Förderbedarf
       > aufnehmen, obwohl andere Schulen freie Plätze hätten.
       
 (IMG) Bild: Gemeinsam lernen: Pro Schulklasse sollen es nicht mehr als vier Kinder mit Förderbedarf sein - eigentlich.
       
       HAMBURG taz | Kaum ist die Tinte unter dem Koalitionsvertrag trocken,
       eskaliert ein Streit über die Inklusion. Der Elternrat der
       Erich-Kästner-Schule ist empört, weil der fünfte Jahrgang der
       Stadtteilschule in Farmsen pro Klasse fünf bis sechs Kinder mit
       sonderpädagogischem Förderbedarf aufnehmen soll. „Das schadet unseren
       Kindern und dem Inklusionsgedanken“, sagt die Vorsitzende Stefanie Klinge.
       Denn in jeder Klasse sollen nicht mehr als vier Kinder mit Förderbedarf
       sein.
       
       Bei einer Konferenz im Februar einigten sich Schulen und Schulaufsicht im
       Bezirk Wandsbek darauf, dass die fünften Klassen im Durchschnitt 2,3 Kinder
       mit Förderbedarf in Lernen, Sprache und Emotionale Entwicklung (LSE)
       aufnehmen sollen. Die Erich-Kästner-Schule ist zudem seit Jahren erfahren
       in der Integration von Kindern mit klassischen Behinderungen. Sie plante
       ihre sechs fünften Klassen mit 138 Schülern. Darunter waren 26
       Förderkinder, davon elf LSE-Schüler und 15 klassisch Behinderte.
       
       Doch Anfang April forderte Schulsenator Ties Rabe (SPD) erneut die Daten
       aller Schüler an. Am vergangenen Freitag kam dann per Brief die Ansage,
       dass die Erik-Kästner-Schule zusätzlich sieben LSE-Kinder aufnehmen soll,
       mithin 33 Förderkinder. Sieben andere Schüler sollen abgewiesen werden.
       
       Dem Elternrat leuchtet dieser Eingriff von oben nicht ein. „Es gab doch
       eine Verteilung auf die Wandsbeker Schulen. Auch die anderen Schulleiter
       haben dem zugestimmt“, sagt Klinge. So aber schaffe der Senator ohne Not
       inklusionsfeindliche Bedingungen.
       
       „Gerade den Kindern mit speziellen Behinderungen können wir so nicht mehr
       gerecht werden“, warnt sie. Die Eltern appellieren an Bürgermeister Olaf
       Scholz (SPD), diese „rechtswidrige Entscheidung“ zurückzunehmen.
       
       Die Schulbehörde weist die Kritik zurück. Es sei darum gegangen, weniger
       LSE-Kinder von der Erich-Kästner-Schule abzuweisen, erklärt ein
       Behördensprecher. Es sei unverständlich, dass diese personell hervorragend
       ausgestattete Schule weniger förderbedürftige Kinder aufnehmen wolle als
       andere.
       
       So hätten die Schule an der Burgweide und auf der Veddel je 6,5 Kinder mit
       sonderpädagogischem Förderbedarf pro Klasse und die Stadtteilschule
       Wilhelmsburg 6. Allerdings handelt es sich hier um Schulen in einer
       Insellage, wo wegen der Schulwege von der Vierer-Regel abgewichen werden
       muss. Im Umfeld der Erich-Kästner-Schule gibt es Schulen, die LSE-Kinder
       aufnehmen könnten.
       
       Schulleiter Pit Katzer muss nun die Bescheide rausschicken. „Ich überlege,
       ob ich remonstriere“, sagt er auf taz-Nachfrage. Das ist ein Vorgang, bei
       dem ein Beamter den Vorgesetzten bittet, eine Anweisung zu überprüfen, weil
       er sie für rechtswidrig hält.
       
       15 Apr 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kaija Kutter
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Inklusion
 (DIR) Hamburg
 (DIR) Schule
 (DIR) Ties Rabe
 (DIR) Ties Rabe
 (DIR) Schule
 (DIR) Rot-Grün Hamburg
 (DIR) Katharina Fegebank
 (DIR) Inklusion
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Neue Schul-Debatte in Hamburg: „Die Schulen brauchen Freiheit“
       
       Schulleiter warnen vor einem Scheitern der Stadtteilschule. Simple
       Antworten wie Mathe-Offensiven helfen nicht, sagt deren Sprecher Thimo
       Witting
       
 (DIR) Streit um Lehrerbildung: Schulsenator spart Burnout-Prophylaxe ein
       
       Junge Lehrer werden ab 2016 nicht mehr für den Austausch mit
       Berufseinsteigern freigestellt. Schulverbände protestieren.
       
 (DIR) Pro und contra Koalitionsvertrag: Sollen die Grünen zustimmen?
       
       Am Sonntag will die Mitgliederversammlung der Grünen darüber abstimmen, ob
       sie ein Regierungsbündnis mit der SPD eingehen oder lieber nicht.
       
 (DIR) Rot-Grüner Koalitionsvertrag in Hamburg: Fünf Jahre in fünf Minuten
       
       Was ändert sich mit dem neuen Senat in spe? Die taz.nord zeigt, worauf sich
       die rot-grünen Unterhändler in den zwölf wichtigsten Politikfeldern
       geeinigt haben.
       
 (DIR) taz-Serie Inklusion (8): Helikopter-Eltern, notgedrungen
       
       Kommt ein Kind mit einer Behinderung zur Welt, verändert es den Alltag
       seiner Eltern radikal. Ihr Leben kreist um dieses eine Kind.