# taz.de -- Zwangs-OPs von Intersexuellen: EU fordert Selbstbestimmung
       
       > Intersexuellen Kindern sollen keine unumkehrbaren Operationen
       > aufgezwungen werden. Das fordert der Europarat in einem Bericht.
       
 (IMG) Bild: Auf Paraden wie dem CSD setzen sich Tausende für LGBTQI-Rechte ein
       
       STRASSBURG afp | Kindern, die bei der Geburt sowohl männliche als auch
       weibliche Geschlechtsmerkmale haben, sollten keine unumkehrbaren
       Operationen oder Hormonbehandlungen aufgezwungen werden – zu diesem Schluss
       kommt ein am Dienstag veröffentlichter Bericht des Europarats in Straßburg.
       Den Experten zufolge müssen solche Hermaphroditen vielmehr das Recht haben,
       selbst über ihr Geschlecht zu entscheiden.
       
       Die Autoren verweisen auf Schätzungen der US-Forscherin Anne
       Fausto-Sterling, nach denen rund 1,7 Prozent aller Kinder mit
       „intersexuellen Merkmalen“ geboren werden. Sie haben beispielsweise sowohl
       Eierstöcke als auch Hoden oder einen Hormonhaushalt, der es nicht erlaubt,
       sie eindeutig einem Geschlecht zuzuordnen.
       
       In Europa würden so genannte intersexuelle Kinder meist schon als Säuglinge
       operiert oder medikamentös behandelt, kritisierte der
       Menschenrechtsbeauftragte des Europarats, Nils Muiznieks. Die Eltern seien
       meist nicht nur dem Druck der Ärzte ausgesetzt, sondern auch dem der
       Behörden, etwa der Standesämter, die auf einer raschen geschlechtlichen
       Zuordnung bestünden.
       
       „Es ist höchste Zeit, den unnötigen medizinischen und chirurgischen
       Eingriffen ohne Einwilligung der Intersexuellen ein Ende zu setzen“,
       forderte Muiznieks. Den Betroffenen müsse das Recht eingeräumt werden,
       selbst über ihre Geschlechtszugehörigkeit zu entscheiden – und zwar „in
       einem Alter, in dem sie ihre Einwilligung frei und voll informiert geben
       können“. Außerdem müsse die Anerkennung des gewählten Geschlechts in
       offiziellen Unterlagen erleichtert werden.
       
       ## Psychische Störungen sind häufig
       
       Die medizinischen Definitionen, die Variationen bei den
       Geschlechtsmerkmalen als Krankheit einstufen, müssten „dringend überprüft
       werden“, verlangte der aus Lettland stammende Menschenrechtler weiter.
       
       Dem Bericht zufolge schreiben die meisten europäischen Staaten vor, dass
       das Geschlecht in den Ausweisen angegeben wird. Eine Ausnahme ist demnach
       Deutschland, wo es auf Pässen oder Personalausweisen keinen solchen Hinweis
       gibt. Außerdem setzen die meisten Staaten eine Frist für die Registrierung
       des Geschlechts von Neugeborenen. In Belgien etwa muss dies bereits
       innerhalb einer Woche nach der Geburt geschehen, in Frankreich im Regelfall
       innerhalb von drei Monaten.
       
       Dem Bericht zufolge leiden intersexuell geborene Menschen, die als
       Kleinkinder operiert oder hormonell behandelt wurden, häufig unter
       psychischen Störungen. Die Autoren verweisen unter anderem auf eine erhöhte
       Selbstmordrate. Der 1949 gegründete Europarat mit Sitz in Straßburg, dem
       derzeit 47 Staaten angehören, setzt sich vor allem für Demokratie,
       Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit ein.
       
       12 May 2015
       
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