# taz.de -- Verantwortung für Lieferketten: Altmaier bremst Gesetz aus
       
       > Zulieferfabriken sollen die Menschenrechte einhalten. Doch allzu weit
       > soll die Verantwortung der Unternehmen nicht gehen, fordert das
       > Wirtschaftsministerium.
       
 (IMG) Bild: Syrische Kinder, die in einem Sweatshop in der Türkei arbeiten, zeigen ihre Hände
       
       Berlin taz | Möglichst wenige Unternehmen sollen von dem geplanten
       Lieferkettengesetz erfasst werden. Das versucht das
       Bundeswirtschaftsministerium in den Verhandlungen mit Arbeits- und
       Entwicklungsministerium durchzusetzen. Weil sich die Ressorts bisher nicht
       einigen können, wurde das Vorhaben am Mittwoch sogar von der Tagesordnung
       des Bundeskabinetts gestrichen.
       
       [1][Das Lieferkettengesetz soll festlegen,] dass hiesige Firmen für
       Arbeitsbedingungen, Menschenrechte und Ökologie in ihren ausländischen
       Zulieferfabriken mitverantwortlich sind. Nach Unfällen wie dem Einsturz der
       Fabrik Rana Plaza in Bangladesch 2013 wollen Arbeitsminister Hubertus Heil
       (SPD) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) eine solche Regulierung
       einführen. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), einige
       Unternehmensverbände und deren Unterstützter bremsen das Vorhaben
       allerdings konsequent aus.
       
       In den Verhandlungen geht es unter anderem darum, wie viele hiesige Firmen
       betroffen sein werden. Während Heil und Müller Unternehmen mit mehr als 500
       Beschäftigten einbeziehen wollen, will das Wirtschaftsministerium die
       Grenze bei 5.000 Arbeitsplätzen ziehen. Im ersten Fall wären einige tausend
       Betriebe erfasst, im zweiten nur wenige hundert.
       
       Zudem wollen Altmaiers Mitarbeiter:innen die Haftung der Firmen weitgehend
       eliminieren. In den Eckpunkten für das Gesetz aus Arbeits- und
       Entwicklungsministerium heißt es, dass hiesige Unternehmen vor Gericht auf
       Schadenersatz verklagt werden könnten, wenn sie ihren Sorgfaltspflichten
       nicht „angemessen“ nachkämen und „vorhersehbare“ Risiken ignorierten.
       Konkret: Erfährt ein deutscher Textilhändler von der Baufälligkeit der
       Fabrik eines Hauptzulieferers in Pakistan, muss er einschreiten. Tut er es
       nicht, können potenzielle Unfallopfer auf Schadenersatz klagen.
       
       ## Das geht dem Wirtschaftsministerium zu weit
       
       Dies geht dem Wirtschaftsministerium offensichtlich zu weit. „Aus Sicht der
       Wirtschaft kommt es darauf an, dass mögliche Regelungen angemessen und in
       der Praxis auch durchführbar sind“, erklärte eine Sprecherin am Mittwoch.
       Angesichts der Coronakrise und der aktuellen Rezession solle man die Firmen
       nicht zusätzlich unter Druck setzen.
       
       Ähnlich argumentiert der Verband der Maschinenbauer (VDMA). Man könne
       unmöglich für Tausende Vorprodukte genau kontrollieren, wie sie produziert
       worden seien. Eventuell müssten sie sich für Missstände vor Gericht
       verantworten, auf die sie kaum Einfluss hätten. Der liberale Freiburger
       Ökonom Lars Feld, Chef der Wirtschaftsweisen, die die Regierung beraten,
       sagte: „Das Ganze hat durchaus das Potenzial, uns über Jahre so zu
       belasten, dass die Wirtschaftsentwicklung wesentlich geschwächt wird.“
       
       Die Initiative Lieferkettengesetz, in der unter anderem kirchliche
       Hilfswerke, Gewerkschaften und Entwicklungsorganisationen mitwirken,
       unterstützt dagegen das Anliegen von Arbeits- und Entwicklungsministerium.
       Weniger als ein Fünftel „der befragten Unternehmen hält sich an Vorgaben
       der Bundesregierung zur Achtung der Menschenrechte. Im Koalitionsvertrag
       ist für diesen Fall festgehalten, dass eine gesetzliche Regelung folgt“, so
       Sprecherin Johanna Kusch.
       
       Der nächste Termin im Kabinett ist der 9. September. Ein Kompromiss könnte
       darin bestehen, Übergangsfristen einzubauen und die Haftung erst nach und
       nach einzuführen.
       
       26 Aug 2020
       
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