# taz.de -- Zolldeal zwischen Europa und USA: EU handelt sich ein blaues Auge ein
       
       > Auf das 15-Prozent-Zollabkommen zwischen den USA und der EU gibt es
       > widerstreitende Reaktionen. Fossile Energieimporte nach Europa werden
       > heftig kritisiert.
       
 (IMG) Bild: Erdölfeld in Kalifornien. Die EU importiert fossile Energie im Wert von 60 Milliarden US-Dollar pro Jahr, bald das Vierfache?
       
       Das Zoll- und Wirtschaftsabkommen zwischen der Europäischen Union und den
       USA bevorzugt Letztere. Während europäische Unternehmen für ihre Einfuhren
       in die USA 15 Prozent Zoll zahlen sollen, gilt dies umgekehrt wohl nicht
       für US-Importe in die EU. Außerdem akzeptierte die EU, dass ihre Mitglieder
       und Firmen für Hunderte Milliarden Euro fossile Energie in den Vereinigten
       Staaten kaufen.
       
       Trotzdem sei Europa mit einem blauem Auge davongekommen, interpretierte
       EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič, der die Verhandlung geführt hatte. Der
       von US-Präsident Donald Trump ursprünglich angedrohte 30-Prozent-US-Zoll
       hätte „fast 5 Millionen europäische Arbeitsplätze bedroht“, so Šefčovič.
       Die grundsätzliche Vereinbarung, bei der viele Details noch offen sind,
       nannte er einen „Durchbruch“ für künftige „Stabilität“. Man habe die „Türen
       geöffnet für eine strategische Zusammenarbeit mit den USA“. Die grüne
       Europa-Abgeordnete Anna Cavazzini erklärte dagegen: „Trumps
       Erpressungsmethode hat gewirkt.“
       
       Widersprüchliche Reaktionen auch aus der Wirtschaft: Die Deutsche
       Industrie- und Handelskammer sah in der Einigung eine „dringend benötigte
       Atempause“ für viele Unternehmen. Der Bundesverband der Deutschen Industrie
       erklärte jedoch: „Wir rechnen mit deutlichen Wachstumseinbußen für unsere
       Industrie“. Die 15 Prozent seien etwa die vierfache Höhe des bisherigen
       Niveaus, teilte der Außenhandelsverband mit.
       
       ## 10 Milliarden Euro Schaden jährlich
       
       Nach Einschätzung von Wirtschaftsprofessor Jens Südekum (Uni Düsseldorf)
       werden die Zölle zunächst „0,1 bis 0,2 Prozent“ des jährlichen deutschen
       Wirtschaftswachstums kosten. Das klingt nicht dramatisch. Der Schaden
       betrüge dann vielleicht 10 Milliarden Euro pro Jahr im Vergleich zu einem
       Bruttoinlandsprodukt von rund 4.500 Milliarden Euro.
       
       Für deutsche Fahrzeuge, die in die USA importiert werden, soll der Zoll
       künftig 15 Prozent betragen. Augenblicklich liegt er bei 27,5 Prozent. Ein
       Regierungssprecher begrüßte die Absenkung. Dagegen betonte Hildegard
       Müller, die Präsidentin des Automobilverbands: „Der Zollsatz der USA wird
       die Unternehmen jährlich Milliarden kosten und sie inmitten der
       Transformation belasten.“ Autos aus den USA sollen dagegen zollfrei in die
       Europäische Union importiert werden können, stellte Trump klar. Auf der
       hiesigen Stahl- und Aluminiumindustrie wird weiterhin ein Abgabe von 50
       Prozent lasten. Die Bundesregierung will nachverhandeln.
       
       Laut Kommissar Šefčovič haben die beiden Seiten jedoch eine gegenseitige
       Zollfreiheit für bestimmte Produkte vereinbart. Dazu soll die Einfuhr von
       europäischen Flugzeugen in die USA gehören. Umgekehrt will die EU wohl
       Zollfreiheit unter anderem für Hochleistungschips gewähren. Šefčovič
       zufolge habe man sich auf eine „offene Liste“ von Waren ohne Abgaben
       geeinigt. Diese könne man „ausbauen“.
       
       Heikel dürfte sich der Teil des Abkommens gestalten, der den Kauf von
       US-Energie-Rohstoffen betrifft. Es geht um verflüssigtes Erdgas, Erdöl und
       Uran. Mit Letzterem wolle man neue Atomkraftwerke in Europa versorgen,
       sagte Kommissar Šefčovič. Das diene der Unabhängigkeit von Energieimporten
       aus Russland. Die Einfuhren aus den USA sollen einen Gegenwert von 750
       Milliarden Dollar (etwa 640 Milliarden Euro) innerhalb von drei Jahren
       haben.
       
       ## Wie funktioniert der Energieimport?
       
       Dies seien unrealistische Summen, rechnete der grüne EU-Parlamentarier
       Michael Bloss vor. 2024 habe die gesamte EU nur rund [1][60 Milliarden Euro
       für fossile US-Energie] ausgegeben. Mehr Verbrauch von Öl und Gas kann
       zudem die erneuerbaren Energien zurückdrängen. Offen erscheint, wie die
       EU-Kommission den Import solcher Mengen bewerkstelligen will, weil dieses
       Geschäft Privatunternehmen besorgen. Gleiches gilt für die Zusage der
       Kommission, die EU wolle 600 Milliarden Euro in den USA investieren.
       Konkrete Informationen zu dem Punkt, dass die Union in großem Stil
       Militärgerät von US-Firmen kaufen soll, gab es ebenfalls nicht.
       
       Für [2][Ökonom Südekum, der SPD-Finanzminister Lars Klingbeil berät],
       „reflektiert die Vereinbarung die realen Machtverhältnisse“. Ohne Abkommen
       stünde „die Nato zur Disposition“. Europa sei abhängiger von den USA als
       umgekehrt. Die Vereinbarung unterlaufe den „regelbasierten Welthandel“,
       bedauerte das Institut für Weltwirtschaft in Kiel. „Die EU sollte sich
       dringend auf ihre Stärken besinnen und Handelspartnerschaften mit
       gleichgesinnten Ländern fördern“, riet IfW-Forscher Julian Hinz.
       
       28 Jul 2025
       
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