# taz.de -- Uno ruft zum Erhalt der Eisgiganten auf: „Gletscher sind eine Frage des Überlebens“
       
       > Die stillen Riesen schmelzen: 2024 haben das dritte Jahr in Folge alle
       > Gletscherregionen der Welt an Masse verloren.
       
 (IMG) Bild: Schmilzt und schmilzt: Gletscherrest des Nördlichen Schneeferners auf dem Zugspitzplatt
       
       Berlin taz | Sie sind stille Naturwunder und haben einen entscheidenden
       Einfluss auf das planetare Ökosystem. Sie speisen Flüsse und versorgen zwei
       Milliarden Menschen mit Trinkwasser. Dennoch sorgt der Mensch weiter für
       ihren langsamen Tod. Um auf die beunruhigend schnelle globale Eisschmelze
       aufmerksam zu machen, hat die Uno Freitag, den 21. März, zum ersten
       [1][Welt-Gletschertag] erkoren.
       
       „Der Erhalt der Gletscher ist nicht nur eine Frage der Umwelt, der
       Wirtschaft und der gesellschaftlichen Notwendigkeit: Es ist eine Frage des
       Überlebens“, sagte die Chefin der Uno-Behörde Weltwetterorganisation (WMO),
       Celeste Saulo. 2024 hätten alle 19 Gletscherregionen weltweit das dritte
       Jahr in Folge an Nettomasse verloren. „Ihr rapider Schwund ist ein
       alarmierendes Zeichen für die Klimakrise“, betonte auch Dirk Messner,
       Präsident des [2][Umweltbundesamtes] (UBA). „Wir müssen jetzt handeln,
       weltweit Emissionen senken, um unsere Gletscher für kommende Generationen
       zu erhalten.“
       
       Da sie das Sonnenlicht reflektieren, sind Gletscher wichtige
       Klimaregulatoren. Seit Beginn der Aufzeichnungen 1975 haben die Glaziare
       der Welt jedoch eine Eismasse verloren, mit der man ganz Deutschland 25
       Meter hoch bedecken könnte. Allein im vergangenen Jahr seien in den 19
       Gletscherregionen der Welt 450 Milliarden Tonnen an Eis geschmolzen, teilte
       die WMO unter Berufung auf Daten des Schweizer
       Gletscherbeobachtungsdienstes (WGMS) mit.
       
       2024 war damit das viertschlimmste Jahr für die Gletscherschmelze seit
       Beginn der Aufzeichnungen. Das bisher folgenschwerste Jahr war 2023. In
       fünf der vergangenen sechs Jahre sei zudem ein Rekordverlust an
       Gletschermasse gemessen worden, so die WMO.
       
       ## Vor allem Skandinavien und Nordasien betroffen
       
       2024 schmolzen laut WMO vor allem die Gletscher in Skandinavien und
       Nordasien, mit jeweils einem Rekordverlust an Eismasse. Gegenden wie die
       kanadische Arktik und die Region um Grönland seien weniger betroffen
       gewesen. Dennoch: Sollte das Eis weiter im aktuellen Tempo schmelzen,
       würden viele Gletscher in Kanada, den USA, Skandinavien oder Neuseeland das
       21. Jahrhundert nicht überleben, so die WMO.
       
       Mitteleuropa leidet besonders. Hier sind die Gletscher in den vergangenen
       25 Jahren um 39 Prozent geschrumpft. Fachleute gehen davon aus, dass im
       Jahr 2100 auch die Alpen eisfrei sein könnten. In Deutschland würden
       „Flüsse werden durch das absehbare Verschwinden der Alpengletscher in
       Zukunft deutlich weniger Wasser führen“, sagte Ulla Burchardt,
       Vorstandsmitglied der Deutschen Unesco-Kommission.
       
       Der eher kleine „Nördliche Schneeferner“ auf der Zugspitze schmilzt laut
       Umweltbundesamt täglich um fast eine Million Liter Wasser. In der Schweiz
       haben die Gletscher in den vergangenen 25 Jahren 38 Prozent ihres
       Eisvolumens verloren.
       
       [3][Wie Klimawandel und Gletscherschmelze zusammenspielen können, zeigt
       sich am peruanischen Landwirt Saúl Luciano Lliuya.] Er fürchtet, durch den
       Klimawandel seine Lebensgrundlage zu verlieren – und reichte deshalb im
       Herbst 2015 eine Klage gegen den Energieversorger RWE ein. Als einer der
       größten CO₂-Emittenten Europas sei der Konzern mitverantwortlich dafür,
       dass Lliuyas Haus von Gletscherschmelze infolge des Klimawandels bedroht
       werde.
       
       [4][Für die Andengletscher ist gerade nachgewiesen worden, dass sie
       inzwischen kleiner sind als jemals im gesamten Holozän, also der
       Zivilisationsgeschichte des Menschen]. Lliuya und seine Anwältin fordern
       deshalb, dass sich RWE an dem Bau eines Dammes als Schutzmaßnahme für den
       Gletschersee beteiligt. Am 14. April will das Oberlandesgericht Hamm das
       Urteil verkünden.
       
       21 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.un.org/en/observances/world-glaciers-day
 (DIR) [2] https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/weltwassertag-2025-gletscherschutz-tieflandbach
 (DIR) [3] /Klimaklage-gegen-RWE/!6076998
 (DIR) [4] https://scilogs.spektrum.de/klimalounge/andengletscher-geschrumpft-wie-nie-zuvor-im-holozaen/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kai Schöneberg
       
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