# taz.de -- „Time“ ehrt Elon Musk: Clown des Jahres
       
       > Der Tesla-Chef ist nicht nur reichster Mensch der Welt, sondern nun auch
       > Person des Jahres. Das „Time Magazine“ hat ihn dazu gekürt. Warum?
       
 (IMG) Bild: Elon Musk: „Person of the Year“ auf dem Cover des aktuellen „Time Magazine“
       
       Alle Jahre wieder kürt das US-amerikanische Nachrichtenmagazin Time eine
       Auswahl aus Personen, Gruppen, Ideen oder Objekten, die das vergangene Jahr
       am stärkste geprägt haben. Elon Musk ist nicht nur der reichste Mensch der
       Welt, sondern nun auch „Person of the Year“.
       
       Der 50-jährige Entrepreneur, der neben Tesla auch das private
       Raumfahrtunternehmen SpaceX führt, verfügt über ein geschätztes Vermögen
       von mehr als 300 Milliarden Dollar. [1][Er sei eine Mischung aus Clown,
       Genie, Visionär, Showman und Unternehmer], sagte Time-Chefredakteur Edward
       Felsenthal. Manch eine:r mag sich fragen, wie genau Elon Musk wohl das
       Jahr geprägt hat, indem er Raketen in den Weltraum schoss. Das Time
       Magazine betont, man wähle aus, wer nach Ansicht der Redaktion die Welt
       maßgeblich verändert oder bewegt hat – zum Guten oder zum Schlechten.
       
       „Die Person des Jahres ist ein Zeichen für Einfluss, und nur wenige
       Menschen haben mehr Einfluss auf das Leben auf der Erde und möglicherweise
       auch auf das Leben außerhalb der Erde als Musk“, schreibt Felsenthal zur
       Begründung. Im zugehörigen Artikel heißt es, Musk „schießt Satelliten in
       die Umlaufbahn und macht sich die Sonne zunutze; er fährt ein von ihm
       geschaffenes Auto, das kein Benzin verbraucht und kaum einen Fahrer
       braucht. Mit einer Bewegung seines Fingers steigt der Aktienmarkt in die
       Höhe oder fällt in Ohnmacht.“
       
       Seit fast einem Jahrhundert wählt Time eine Person des Jahres aus. Blickt
       man auf die lange Liste der ehemaligen Titelträger:innen, begegnen einem
       lauter alte weiße Männer, oftmals Politiker. Das ist insofern nicht
       verwunderlich, als in einer rassistischen, sexistischen Welt nun einmal
       [2][bis zuletzt die Herren die Machtpositionen ausfüllten]. Wie
       bezeichnend, dass die Auszeichnung bis 1999 noch „Man of the Year“, also
       Mann des Jahres, hieß. Die erste Verleihung des Titels ging im Jahr 1927 an
       den ersten Alleinüberquerer des Atlantiks mit dem Flugzeug, Charles
       Lindbergh.
       
       Das Time Magazine hat wohl etwas übrig für Männer, die mit Flugkörpern
       hantieren, siehe Musk. Hitler war schon Person des Jahres, Stalin auch. So
       viel dann zur „Veränderung der Welt zum Schlechten“. Zu den wenigen Frauen,
       die geehrt wurden, gehörten unter anderem [3][Kamala Harris], Greta
       Thunberg und Angela Merkel. [4][2017 zierten Vertreter:innen der
       #MeToo-Bewegung das Time-Cover], die eine weltweite Diskussion über
       Sexismus ins Rollen gebracht hatten.
       
       Elon Musk ist Twitter-Alleinunterhalter für seine Millionen Follower und
       globaler Wirtschaftspopstar. Immer wieder geriet er zuletzt in die Kritik
       für die Arbeitsbedingungen in seinen Tesla-Fabriken.
       
       Musk ist die Arbeitsatmosphäre des Silicon Valley gewohnt, zu der nicht nur
       Tischtennisplatte und Bällebad im Büro gehören, sondern auch die
       80-Stunden-Woche. Er selbst ist Workaholic, arbeitet nach eigenen Angaben
       120 Stunden in der Woche und hat mal gesagt: „Es gibt viel einfachere Orte,
       um zu arbeiten, aber niemand hat je die Welt mit 40 Stunden pro Woche
       verändert.“ Über seinen Arbeitswahn [5][hat sogar seine Ex-Frau Claire
       Elise Boucher einen Song geschrieben].
       
       ## Geld ins All
       
       Den gleichen Aufwand erwartet der Gründer auch von seinen Mitarbeitern:
       Fließbandarbeiter:innen im Tesla-Werk San Francisco sollen 12 Stunden
       am Stück arbeiten. Musk selbst soll von einer „[6][Produktionshölle]“
       gesprochen haben, auch gewerkschaftliche Organisation lehnt er ab: Nachdem
       2019 ein US-amerikanisches Gericht entschied, dass er einen Mitarbeiter
       wieder einstellen müsse, der eine Gewerkschaft gründen wollte und deshalb
       von Musk gekündigt wurde, [7][legte der Gründer sich dieses Jahr in
       Deutschland mit der IG Metall] an.
       
       Und nicht nur das: Zum zweiten Mal in weniger als einem Monat klagte eine
       Mitarbeiterin wegen sexueller Belästigung. In beiden Klagen wird eine
       „feindliche Arbeitsumgebung“ Frauen gegenüber im Werk festgestellt.
       
       Musk als Person des Jahres zu bezeichnen, ist ähnlich weit hergeholt wie
       seine Besiedlungspläne für den Mars. Sie gelten als umstritten, werden von
       Expert:innen als Utopien abgetan. Allein der Transport von Menschen und
       Material zu dem Planeten dauere mehr als ein halbes Jahr. Und die Reise
       dorthin sei gefährlich.
       
       Was die Menschen auf diesem Planeten wohl 2021 mehr beschäftigt haben mag
       als ihren potenziellen Umzug auf den Mars, das ist eine [8][globale
       Pandemie], die auch über ein Jahr nach ihrem Ausbruch nicht besiegt ist und
       Menschenleben fordert. Im Zuge der Ebolapandemie 2014 [9][wurden
       Ärzt:innen und Pflegepersonal im Kampf gegen das Virus zu Personen des
       Jahres gewählt].
       
       Warum ehrt man nicht auch in diesem Jahr, in dieser historischen Lage,
       Menschen, die jeden Tag ihr Leben für andere riskieren?
       
       Das Time Magazin macht die Wegbereitenden von Covid-19-Impfstoffen,
       Kizzmekia Corbett, Barney Graham, Katalin Karikó und Drew Weissman,
       immerhin zu [10][„Heroes of the Year“] im Schatten Musks. Indem man sie auf
       das Held:innenpodest stellt und einrahmt, wird ihnen etwas von ihrem
       Einfluss genommen, der doch viel größer ist als der von Kryptowährungen und
       Memes es je sein sollte. Forschende retten Leben, Elon Musk schießt Geld
       ins All.
       
       Während eines Live-Interviews fragte der populäre amerikanische Podcaster
       Joe Rogan: „Wenn ich sehe, wie du all dieses Zeug machst, denke ich: Woher
       nimmt dieser Motherfucker all die Zeit, all die Energie, all die Ideen?“
       Musk antwortete: „Weil ich ein Außerirdischer bin.“ Weniger Weltraum und
       mehr irdischer Realitätsbezug würden der Auswahl der Person des Jahres
       guttun.
       
       14 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://time.com/person-of-the-year-2021-elon-musk/
 (DIR) [2] /Vergabe-der-Nobelpreise/!5804074
 (DIR) [3] /People-of-the-Year/!5737559
 (DIR) [4] /Time-Magazin-ehrt-MeToo-Frauen/!5468556
 (DIR) [5] https://jezebel.com/grimes-would-like-elon-musk-to-sail-390-4-million-miles-1848165921
 (DIR) [6] https://www.telegraph.co.uk/technology/2018/09/17/elon-musk-says-tesla-has-gone-production-delivery-logistics/
 (DIR) [7] https://www.businessinsider.de/wirtschaft/mobility/gewerkschaften-drohen-musk-tesla-elon-r2/
 (DIR) [8] /Spaetfolgen-durch-Coronavirus/!5736414
 (DIR) [9] https://time.com/time-person-of-the-year-ebola-scientists/
 (DIR) [10] https://time.com/heroes-of-the-year-2021-vaccine-scientists/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nele Sophie Karsten
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Elon Musk
 (DIR) Tesla
 (DIR) SpaceX
 (DIR) GNS
 (DIR) Taylor Swift
 (DIR) Serien-Guide
 (DIR) Grünheide
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Tesla
 (DIR) Joe Biden
 (DIR) Schwerpunkt #metoo
 (DIR) Schwerpunkt Angela Merkel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Taylor Swift ist Person of the Year: Popstar mit Macht
       
       Das Magazin „Time“ ehrt dieses Jahr Sängerin Taylor Swift. Die Begründung
       scheint übertrieben, aber immerhin nutzt Swift ihre Macht
       verantwortungsvoll.
       
 (DIR) Serie „The Dropout“ bei Disney+: Falsche Helden des Silicon Valley
       
       Die Disney+-Serie „The Dropout“ handelt vom Skandal um Tech-Unternehmerin
       Elizabeth Holmes. Sie nährt den Silicon-Valley-Mythos.
       
 (DIR) Produktionsstart bei Tesla: Viel zu schnell
       
       In Grünheide rollen die ersten Autos aus dem Werk. Möglich ist das nur,
       weil Brandenburg den Autobauer Tesla erschreckend flott durchgewinkt hat.
       
 (DIR) Elon Musk und das Klima: Progressive Kompromisse
       
       Dem Ingeniör ist nichts zu schwör. Wenn Großes auf dem Plan steht, heißt es
       handeln, auch wenn die bevorzugten Partner gerade nicht bereitstehen.
       
 (DIR) Tesla-Fabrik bei Berlin: Elon rückt die letzten Papiere raus
       
       Tesla hat die fehlenden Dokumente für die Genehmigung der Fabrik in
       Grünheide eingereicht. Die Landesregierung drückt aufs Tempo.
       
 (DIR) „People of the Year“: „Time“ kürt Harris und Biden
       
       Das US-Magazin „Time“ ernennt Joe Biden und Kamala Harris zu „People of the
       Year“. In der engeren Wahl waren auch Aktivist:innen von „Black Lives
       Matter“.
       
 (DIR) „Time“-Magazin ehrt #MeToo-Frauen: Aktivistinnen statt Trump
       
       Die Zeitschrift hat die Frauen und Männer hinter #MeToo zur „Person of the
       Year“ gewählt. Letztes Jahr sah die noch anders aus.
       
 (DIR) Angela Merkel als „Person of the Year“: Der Westen als Glaubensfrage
       
       Die Kanzlerin ist zweifellos sehr einflussreich. Dass das „Time Magazine“
       sie aufs Cover holt, ist aber noch aus anderen Gründen folgerichtig.