# taz.de -- Streit um Brexit: Ende schlecht, alles gut
       
       > Auch Theresa Mays neueste Brexit-Einigung scheitert. Aber die
       > Premierministerin weicht von ihrem harten Kurs nicht ab.
       
 (IMG) Bild: Kühl und bestimmt: Theresa May bleibt hart
       
       War’s das? Zum zweiten Mal hat sich Theresa May für ihre Brexit-Pläne eine
       Ohrfeige geholt. [1][Die neuerliche Ablehnung ihres Brexit-Deals im
       britischen Unterhaus mit 391 zu 242 Stimmen] am Dienstagabend war zwar
       etwas knapper als die erste, die im Januar mit 432 zu 202 einen
       historischen Rekord bedeutet hatte. Aber nach wochenlangem Hin und Her so
       wenig bewegt zu haben, so kurz vor dem Brexit-Termin des 29. März, wäre für
       die meisten anderen Politiker das politische Todesurteil.
       
       Aber ihr Scheitern einzugestehen gehört nicht zum Werkzeugkasten dieser
       Politikerin. Theresa May wäre nicht Theresa May, wenn sie nicht auch jetzt
       versuchen würde, aus einer schlechten Ausgangslage das Beste zu machen.
       [2][Sie weicht nie zurück, wenn alles gegen sie spricht, sondern sie bleibt
       erst recht beharrlich.]
       
       Selten hat man Theresa May so klar erlebt wie bei ihrer wöchentlichen
       Fragestunde am Mittwoch, einen Tag nachdem ihr Brexit-Deal gestorben war.
       Wegen Heiserkeit konnte sie kaum sprechen, sie fasste sich bewusst kurz,
       aber genau damit drückte sie die brüllend vorgetragenen länglichen
       Ausführungen ihres Gegenübers Jeremy Corbyn an die Wand. „Ich habe
       vielleicht keine Stimme, aber ich verstehe die Stimme des Landes“, krächzte
       sie: Die Briten wollten die EU verlassen, und dafür stehe sie. Es fehlte
       nur der Thatcher-Satz „Es gibt keine Alternative.“
       
       Also: Jetzt erst recht? Nicht ganz. Ihr Deal ist durchgefallen. Neue
       Gespräche mit der EU gibt es nicht. In gut zwei Wochen endet die britische
       EU-Mitgliedschaft, ob mit oder ohne Deal. Am Mittwochabend sollte das
       Unterhaus darüber abstimmen, ob es einen „No-Deal“-Brexit ablehnt. Sollten
       die Parlamentarier sich für die Ablehnung aussprechen – und niemand
       erwartete am Mittwoch etwas anderes –, stimmen sie [3][am Donnerstag
       darüber ab, ob Großbritannien eine Verschiebung des Brexits bei der EU
       beantragen] soll.
       
       ## Kein Entrinnen aus der Brexit-Endlosschleife
       
       Doch schon bei der No-Deal-Abstimmung hat die Premierministerin einen Trick
       eingebaut. Der Regierungsantrag, dass sich das Parlament gegen No Deal
       aussprechen möge, enthält zugleich die Zurkenntnisnahme, dass das Fehlen
       eines Deals trotzdem zum No-Deal-Brexit führt. Heißt: Wer für diesen Antrag
       stimmt, stimmt sowohl gegen als auch für No Deal.
       
       Das ist Mays Art, die Abgeordneten daran zu erinnern, dass es ohne eine
       Zustimmung zu ihrem Vertragswerk kein Entrinnen aus der
       Brexit-Endlosschleife gibt. May lässt jetzt bewusst die Zügel schleifen, um
       die Abgeordneten mit ihren eigenen Widersprüchen zu konfrontieren. Für die
       No-Deal-Abstimmung, die erst Nein und dann Ja sagt, wurde der
       Fraktionszwang aufgehoben. Für einen Zusatzantrag, der das Ja streicht,
       galt er weiter.
       
       Es zeugt von der Unübersichtlichkeit, dass May in ihrer Antwort auf eine
       Frage Corbyns bestätigen musste, dass sie für ihren eigenen Antrag zu
       stimmen gedenke. Man weiß ja nie. Der Labour-Chef vergaß die logische
       Zusatzfrage, was sie ihrer Fraktion empfehle. Er ging auch mit keinem Wort
       auf die No-Deal-Konzeptpapiere zu den Kernbereichen Handelszölle und
       Nordirland ein, die die Regierung am Mittwochmorgen veröffentlicht hatte.
       
       Dabei enthalten diese durchaus Sprengstoff: Im Falle eines Brexits ohne
       Abkommen wird Großbritannien die Zollfreiheit für EU-Importe nicht nur
       beibehalten, sondern auch auf die meisten Nicht-EU-Importe ausdehnen –
       damit dürften europäische Exporteure Marktanteile in Großbritannien an
       Asien verlieren. Irische Exporte nach Nordirland bleiben zollfrei.
       Kontrollen an der irischen Grenze werden nicht eingeführt.
       
       ## Keine zuverlässigen Optionen
       
       Ob die Regierung damit für oder gegen einen No Deal werben will, war auf
       den ersten Blick nicht ersichtlich. Aber auch diese Bewertung gehört nicht
       zu Mays Aufgaben. Sie ist die oberste Sachbearbeiterin des Landes.
       Bewertungen überlässt sie den Parlamentariern.
       
       Die, das sagte May am Mittwoch deutlich, müssen jetzt Entscheidungen
       treffen. Aber am Donnerstagabend, wenn alle Abstimmungen vorbei sind und
       die Abgeordneten in ihre Wahlkreise reisen, wird wohl nichts klar sein,
       selbst wenn es eine Mehrheit für eine Brexit-Verschiebung geben sollte.
       Denn ein Parlament, das kein Brexit-Abkommen beschließen kann, wird sich
       ebenso wenig auf das Ziel einer Brexit-Verschiebung verständigen: Neue
       Verhandlungen mit der EU? Einen No Deal vorbereiten? Ein neues Referendum
       abhalten? Neuwahlen? Wenn es für eine dieser Optionen eine Mehrheit gäbe,
       wäre sie längst beschlossen.
       
       13 Mar 2019
       
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