# taz.de -- Social Networking: Was Facebook über dich weiß
       
       > Max Schrems hat seine Daten von Facebook erstritten. Mittlerweile ist er
       > weltberühmt. Der taz hat er seine Online-Akte gegeben, um ein
       > Aufklärungsvideo daraus zu machen.
       
 (IMG) Bild: So kann man sich das Freundesnetz von Max Schrems vorstellen.
       
       Mal eine kleine medienpädagogische Übung: Man nehme also ein Bild,
       beispielsweise eines von der deutschen Facebook-Sprecherin Tina Kulow. Auf
       ihrer Facebook-Seite sind Fotos von ihr zu sehen, sie lächelt, eine
       Hornbrille im Gesicht. Man kann ein Foto herunterladen, das geht bei
       Facebook immer, und dann kann man es in seine eigenen Fotoalben wieder
       hochladen, um zu sehen, ob Facebook das Gesicht erkennt. Wenn man kein
       "Freund" von Tina Kulow ist, wird Facebook ihr Gesicht nicht
       identifizieren. Man löscht das Bild vom eigenen Facebook-Profil, es war ja
       nur ein Test.
       
       Ein paar Wochen später klickt man unter Kontoeinstellungen den Link "Lade
       eine Kopie deiner Facebook-Daten herunter". Man bekommt eine komprimierte
       Zip-Datei geschickt, die alle Fotos, E-Mails und Pinnwand-Einträge des
       eigenen Profils enthält. Man scrollt durch drei Jahre alte Mails. Und
       plötzlich schaut einen Tina Kulow an.
       
       Das gelöschte Bild. Da ist es. Immer noch.
       
       Und wenn man nicht schon vorher fasziniert, aber auch ein wenig
       verunsichert war, weil das so viel, viel, viel ist, was da irgendwo auf
       einem Server lagert, dann erschrickt man spätestens jetzt. Löschen geht
       also nicht. Sehr interessant.
       
       Max Schrems, Jura-Student aus Wien, hat vor einigen Monaten etwas Ähnliches
       erfahren. Er hat sich nicht mit dem Archiv zufrieden gegeben, das vor allem
       die Daten zusammenstellt, die auch auf der eigenen Facebook-Seite zu sehen
       sind. Er wollte mehr wissen über das, was im Verborgenen lagert. Er hat
       deshalb so lange um seine Daten gebeten, bis er 1.222 PDF-Seiten geschickt
       bekam, auf einer CD. Und auch er musste feststellen: Sehr persönliche
       Mails, die er hatte löschen wollen, sind da immer noch gespeichert. Wenn
       man ein Foto hochlädt, merkt sich Facebook Kameratyp - und wenn möglich
       auch den Ort der Aufnahme. Es weiß, wann man sich eingeloggt hat, oft auch
       wo. Vieles aber, was Schrems sich noch erhofft hatte, schickte Facebook
       erst gar nicht. Welche biometrischen Daten besitzt das Netzwerk von ihm?
       
       Schrems hat eine Initiative namens "Europe versus Facebook" gegründet, und
       er hat Beschwerden beim irischen Datenschutzbeauftragten eingereicht, weil
       Facebook dort seinen Europasitz hat. Seine PDF-Seiten hat Schrems
       geschwärzt auf der Seite seiner Initiative veröffentlicht.
       
       Die ungeschwärzte Version hat er der sonntaz geschickt, und wir haben mit
       Kollegen von taz.de und Entwicklern von Open Data City ein Video daraus
       gemacht.
       
       Der Clip steht seit diesem Wochenende auf taz.de. Er macht deutlich, was
       sich aus diesen Daten alles lesen lässt. Es ist ein Versuch, die
       Dimensionen des Facebook-Speichers auszuleuchten. Es zeigt, wie sich die
       Wege eines Facebook-Mitglieds detailliert verfolgen lassen, wie sich daraus
       minutiös Tagesabläufe rekonstruieren lassen, wie viel das Netzwerk über
       Mail-Inhalte weiß und wie wenig es bereit ist zu vergessen. Ein
       Aufklärungsvideo, das illustriert, was Geheimdienste oder Werbeleute dort
       alles erfahren könnten. Beiden Seiten verschließt sich Facebook nicht.
       
       Was die Politik tun kann, ist nur die eine Frage. Der irische
       Datenschutzbeauftragte hat in der vergangenen Woche ein "Audit" gestartet,
       er will sich von Facebook zeigen lassen, was es wie speichert, und so
       überprüfen, ob es europäische Standards einhält. Das Innenministerium
       erwägt Internetgesetze, preist aber auch die Selbstregulierung, die
       EU-Kommission erarbeitet Entwürfe. Als sich Facebook neulich wegen seiner
       Speichereien vor einem Ausschuss des Bundestags verantwortete, hat der
       Grüne Abgeordnete Konstantin von Notz ganz beiläufig erwähnt, auch so was
       wie ein Warnhinweis für Facebook sei ja durchaus mal bedenkenswert. Nur so
       ein Gedankenspiel. Achtung! Dieses Netzwerk speichert unter Umständen alles
       für immer!
       
       Solange die Politik um Haltung und Lösungen ringt, sollten sich die, die
       bei Facebook angemeldet sind, den Warnhinweis vielleicht selbst denken. Das
       sind immerhin mehr als zwanzig Millionen Deutsche.
       
       Es schadet nicht, wenn sie sich gelegentlich mal ein Archiv herunterladen.
       Und sehen, was da für spannende Dinge aus den vergangenen Jahren ruhen. Max
       Schrems arbeitet daran, das Bewusstsein dafür zu stärken. Mittlerweile ist
       er auch in den USA bekannt. Die Washington Post hat über ihn berichtet,
       australische Medien, seine Geschichte geht um die Welt. Auch wir wollen sie
       mit unserem Video weitererzählen.
       
       Bis zum Jahresende, hat der irische Datenschutzbeauftragte angekündigt,
       werde es Ergebnisse des "Audits" geben. Facebook verspricht, seinen Usern
       dann in diesen Archiven mehr Daten zu geben, wenn sie wollen. Um
       klarzumachen, was es alles speichert. "Es sollen eher mehr als weniger
       Informationen bereitgestellt werden", sagt ein Sprecher. CDs, wie die von
       Schrems, verschickt das Netzwerk vorerst nicht mehr. Obwohl Tausende Nutzer
       darum gebeten hatten.
       
       Die Grafiken im Detail: [1][Das 1.222 Seiten-Dossier] // [2][Die Logins von
       Max] // [3][Wann liest und verschickt Max Nachrichten] // [4][Das
       Freundes-Netzwerk] // [5][Fotos aus Wien] // [6][Schlagworte aus Max'
       Nachrichten] 
       
       Mehr spannende Geschichten aus dem Netz lesen Sie regelmäßig in der
       [7][sonntaz], am Kiosk, am [8][eKiosk] oder im [9][Wochenendabo]. Außerdem:
       [10][facebook.com/sonntaz]
       
       5 Nov 2011
       
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